• 04. September 2016 · 15:22 Uhr

Formel 1 Monza 2016: Hamilton patzt, Rosberg staubt ab

Nico Rosberg profitiert beim Grand Prix von Italien von einem Fehler von Lewis Hamilton am Start - Überholmanöver des Tages von Daniel Ricciardo

(Motorsport-Total.com) - Die Formel-1-Weltmeisterschaft 2016 bleibt spannend: Nico Rosberg hat den Grand Prix von Italien in Monza gewonnen und seinen Rückstand auf Lewis Hamilton damit auf zwei WM-Punkte verkürzt. Das heimische Ferrari-Team hatte gegen die dominanten Mercedes-Silberpfeile keine Chance, brachte vor den Augen von Konzernchef Sergio Marchionne aber immerhin ein vielumjubeltes Podium durch Sebastian Vettel ins Ziel.

Allzu spannend war die Geschwindigkeitsjagd im wie immer stimmungsgeladenen Parco di Monza allerdings nicht. "Der Start hat alles entschieden", stellt Sieger Rosberg nüchtern fest. Denn während er selbst normal wegkam, drehten bei Hamilton beim Hochschalten in den zweiten Gang die Antriebsräder durch. Der überlegene Polesetter (halbe Sekunde schneller als Rosberg) fiel auf den sechsten Platz zurück - und nahm den Fehler auf seine Kappe.

"Das hat er versemmelt", hält Mercedes-Sportchef Toto Wolff fest, vermeidet aber Schuldzuweisungen: "Mal machst du den Fehler, mal der andere. Aber wir zeigen nicht mit dem Finger drauf, sondern versuchen, das Problem zu lösen." Experte Marc Surer analysiert: "Das war extrem. Er fuhr rechtzeitig los, aber dann ging nichts mehr. Ich denke, dass er in den zweiten Gang schaltete und dann durchdrehende Räder bekam."

Hamilton versuchte ausgangs der ersten Kurve noch, sich zumindest vor Daniel Ricciardo zu behaupten, schnupfte den PS-unterlegenen Red Bull aber erst in der zweiten Runde. Eine wesentlich härtere Nuss war dann Valtteri Bottas im mit Mercedes-Power ausgestatteten Williams. An dem ging Hamilton erst in der elften Runde vorbei, mit einem bereits in der Parabolica vorbereiteten, sehr smarten Überholmanöver vor der ersten Schikane.

Von da an war der Doppelsieg in trockenen Tüchern, denn das Problem Ferrari erledigte sich durch die Strategie von selbst. Hamilton klagte zwischendurch über abbauende Reifen, konnte letztendlich aber - auf Soft gestartet - mit einem Stopp durchfahren. Zwischendurch sah es so aus, als würde er sogar auf Rosberg aufholen, doch nach dem Manöver gegen Bottas hatte er 10,8 Sekunden Rückstand. Daraus wurden bis zur Ziellinie 15,1 - auch wegen eines Ausritts in Runde 41.

Im Ferrari-internen Kampf um Platz drei wurde es nur einmal kurz spannend - weniger weil Vettel schlecht gefahren wäre, sondern vielmehr wegen der beiden Boxencrews: Während die des Deutschen einmal 3,9 und einmal 3,5 Sekunden brauchte, um Reifen zu wechseln, stand Kimi Räikkönen zweimal 2,4 Sekunden. Nach dem ersten Stopp wurde es tatsächlich ziemlich knapp, nach dem zweiten eher nicht mehr.

"Das war das Optimum", sagt Vettel. "Ich bin sehr zufrieden, aber wir haben heute trotzdem ordentlich einen auf die Mütze bekommen. Das war zu erwarten, aber man hofft trotzdem immer." Auch Surer sieht Ferrari trotz des großen Abstands zu Mercedes im Aufwärtstrend: "Sie haben sich wieder ein bisschen gefangen, auch schon in Spa. Davor hatten sie den Boden völlig verloren, aber jetzt funktioniert das Auto einigermaßen."

Fast schon dramatisch war in einem ansonsten wenig aufregenden Grand Prix der Kampf um Platz fünf zwischen Bottas und Ricciardo. Letzterer hatte nach seinem zweiten Boxenstopp 4,1 Sekunden Rückstand auf den Williams, aber auch die weicheren und um fünf Runden frischeren Reifen. Obwohl der Red Bull auf den Geraden viel langsamer ist, reichte es in der 47. von 53 Runden dank eines Überraschungsangriffs vor der ersten Schikane.

"Den Angriff hat Bottas nicht erwartet", analysiert Surer und ergänzt: "Da hat er aufgepasst. Das hätte nämlich auch ins Auge gehen können." Bottas selbst sieht die Attacke locker: "Ich habe alle Knöpfe gedrückt, die ich hatte, und habe so spät wie möglich gebremst. Aber er hatte halt die frischeren Reifen." Und Ricciardo jubelt: "Ich dachte nur: Warum nicht? Sonst hätte ich mich geärgert. Und ich wusste, dass Valtteri fair ist und keinen Blödsinn macht."

Letztendlich belegte Red Bull die Positionen fünf und sieben (Max Verstappen lag nach verpatztem Start zwischenzeitlich auf P12) und gewann das Duell gegen Williams (P6 und P9). "Platz fünf und sechs wäre das Maximum gewesen", meint Teamchef Christian Horner. Und Bottas begründet die Niederlage: "Das Problem war, dass wir nicht so schnell waren wie erhofft. Dadurch musste ich mehr pushen, und dadurch bauten die Reifen schneller ab."

Ebenfalls in die Punkte fuhren die Force-India-Piloten Sergio Perez (8.), der im Finish noch von Verstappen in den Notausgang geschickt wurde, und Nico Hülkenberg (10.). "Wir dachten, wir würden hier konkurrenzfähiger sein", gibt der Deutsche zu. Das Haas-Team ging nach dem starken Qualifying von Esteban Gutierrez leer aus. Und auch das zweite Ferrari-Kundenteam, Sauber, war von WM-Punkten meilenweit entfernt.

Genau wie McLaren, auch wenn Fernando Alonso auf den letzten Drücker die schnellste Runde drehte - wohlgemerkt mit frischen Supersofts, die er sich abgeholt hatte, um wenigstens noch ein bisschen Spaß zu haben. Kurz zuvor hatte er nämlich die Aufforderung des Teams, er möge Gutierrez angreifen, weil dessen Reifen abzubauen beginnen, noch mit einem sarkastischen Lachen quittiert. Da wurden Erinnerungen an den legendären "GP2-Engine"-Funkspruch laut...

Pascal Wehrlein (Manor) ließ zunächst mit einem weiteren seiner Superstarts aufhorchen, fiel dann aber rasch wieder vom elften auf den 13. Platz zurück und schied etwas später mit einem technischen Problem aus. Insgesamt sahen 18 Autos die Zielflagge. Jolyon Palmer (Renault) und Felipe Nasr (Sauber) kegelten sich in der zweiten Runde gegenseitig aus dem Rennen. Nasr kassierte dafür von den FIA-Kommissaren eine Zehn-Sekunden-Strafe und zwei Strafpunkte.

Einen weiteren rabenschwarzen Sonntag erlebte Daniil Kwjat: Zuerst kassierte der Toro-Rosso-Fahrer eine Strafe wegen Pit-Lane-Speeding, dann schied er aus - und nach der Zieldurchfahrt machten Gerüchte die Runde, dass er schon in Singapur durch GP2-Youngster Pierre Gasly abgelöst werden könnte. Gegenüber 'Motorsport-Total.com' gibt Helmut Marko aber Entwarnung: "Gasly fährt garantiert nicht in Singapur."

Da ging es Sieger Rosberg schon viel besser: "Heute ist ein besonderer Tag für mich", strahlt er nach seinem ersten Monza-Sieg. "Ich liebe die italienische Kultur, viele meiner Freunde sind Italiener, ich fühle mich sehr wohl in diesem Land. Und die Tifosi sind ein Wahnsinn. Hat sich toll angefühlt da draußen auf dem Podium! Der Start hat's gemacht, der ist mir echt gut gelungen. Nachdem ich in Hockenheim Schwierigkeiten hatte, habe ich da echt Fortschritte gemacht."

In beiden WM-Wertungen haben damit auch rechnerisch nur noch Mercedes, Red Bull und Ferrari Chancen auf den Titel - wobei diese bei Red Bull und Ferrari wirklich nur rechnerischer Natur sind. Im Kampf um Platz vier ist Williams in Monza wieder an Force India vorbeigegangen. Weiter geht's in zwei Wochen mit dem berühmten Nachtrennen in Singapur. Dort kann Mercedes übrigens noch nicht Weltmeister werden...

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