Mercedes' Strategie-Ass: Ein Stopp weniger als die anderen?
Die Formel-1-Teams rechnen damit, dass eine Einstoppstrategie in Monza ziemlich eng werden könnte - Mercedes könnte mit seiner Taktik einen Vorteil haben
(Motorsport-Total.com) - Die große Frage vor dem Großen Preis von Italien 2016 lautet: Können die Teams eine funktionierende Einstoppstrategie auf die Beine stellen? Im Vorjahr war der einmalige Wechsel die siegreiche und auch bevorzugte Strategie im Rennen, doch die Vorzeichen haben sich in diesem Jahr geändert. Zum einen sind die Geschwindigkeiten der Boliden höher, zum anderen setzen die meisten auf andere Reifenmischungen.
Bis auf Mercedes startet die Top 10 nämlich auf den Supersoft-Reifen, die im Vorjahr nicht mitgebracht wurden. Dadurch steht den Fahrern eine wahre Mammutaufgabe bevor. Theoretisch wäre es laut Pirelli möglich, 20 Runden auf Supersofts zu verbringen und die restlichen 33 Umläufe auf den Softs - das ist allerdings die maximal angesetzte Lebensdauer des Reifenherstellers bei beiden Mischungen.
Die Piloten müssten die Stints also bis zum Ende ausreizen, und man darf nicht vergessen, dass der erste Satz bereits im Qualifying benutzt wurde. "Ich denke, dass es möglich ist, ich bin aber nicht davon überzeugt, dass es der schnellste Weg ist", meint Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo. Auch Pirelli-Manager Mario Isola hält diese Strategie für sehr aggressiv, vor allem wenn es morgen warm werden sollte, was den thermisch bedingten Abbau an den Hinterreifen noch einmal erhöhen dürfte.
Kein Spaß auf Mediums
Allerdings glaubt der Italiener auch, dass die Teams dennoch möglichst auf einen Stopp setzen wollen, weil man in der Boxengasse mehr Zeit als auf anderen Strecken verliert. Eine Möglichkeit wäre daher noch der Wechsel auf die härteste Mischung des Wochenendes, Medium. Diese sollte problemlos halten, ist aber in Sachen Performance deutlich langsamer als der Soft - Pirelli kalkulierte vor dem Wochenende 1,0 bis 1,2 Sekunden Differenz pro Runde ein.
"Der Medium-Reifen bietet einfach keinen Grip", kann sich Jenson Button diese Strategie nicht vorstellen. "Man rutscht nur herum, und es macht keinen Spaß, so zu fahren." Daniel Ricciardo glaubt hingegen schon, dass es eine Möglichkeit darstellt: "Wenn man die Mediums ausreizt, dann kann es funktionieren, allerdings ist man dann angreifbar für Zweistopper", so der Australier und stützt damit die Meinung von Pirelli.
Der Reifenhersteller hat ausgerechnet, dass zwei Stints auf Supersoft zu je 17 Runden sowie ein 19-Runden-Stint auf Soft die schnellste Strategie ist. Das sieht auch Mercedes-Aufsichtsratsvorsitz Niki Lauda so: "Wenn du bei Temperaturen wie heute damit fährst, musst du morgen zwei Stopps machen", meint er und sieht sein Mercedes-Team dabei im Vorteil. Lewis Hamilton und Nico Rosberg sind als einzige Piloten in den Top 10 mit Soft-Reifen durch Q2 gekommen und könnten davon profitieren.
Reifendruck angepasst
Zwar könnten sie am Start gegen die supersoftbereiften Ferrari dahinter verlieren, allerdings könnten sie sich einen Boxenstopp sparen, weil sie mit Soft und Medium nicht auf Probleme stoßen würden. "Wenn du wie bei Mercedes mit Soft fährst, kannst du überlegen - wenn die Reifen halten - nur einen Stopp zu machen. Das ist ein Riesenvorteil für das Rennen. Vettel muss sicher früher reinkommen als Mercedes", urteilt Lauda.
Fotostrecke: FIA-Fast-Facts: Italien
Neben dem britischen ist der italienische Grand Prix die einzige Station des Rennkalenders, die seit 1950 ununterbrochen Bestandteil der Formel-1-Weltmeisterschaft ist. Fotostrecke
Doch am Ende kommt es ohnehin wieder auf die Umstände im Rennen an. Wenn das Safety-Car auf die Strecke kommt oder Reifenwechsel wie in Spa-Francorchamps zuletzt durch eine rote Flagge keine Zeit kosten, dann sind alle vorher überlegten Strategien dahin. "Es kommt darauf an, was in den ersten Runden passiert", zuckt auch Ferraris Kimi Räikkönen mit den Schultern.
Ein weiterer Faktor ist der Reifendruck. Pirelli hatte diesen nach diversen Reifenschäden 2015 für diese Saison angehoben und nur im Bedarfsfall gesenkt. Weil auch die Kräfte in diesem Jahr höher sind, entschied man sich für Monza für 23,5 psi an den Vorder- und 21,5 psi an den Hinterreifen. Vor dem Qualifying ist man allerdings auf 23 respektive 20,5 psi heruntergegangen. "Über eine Runde gesehen macht das nicht den großen Unterschied. Morgen im Rennen wird es mit Sicherheit einen Einfluss haben", glaubt Lewis Hamilton. Welchen, das bleibt abzuwarten.