• 28. August 2016 · 19:25 Uhr

Ferrari vs. Verstappen: Streit um Schuldfrage beim Start-Crash

Für Kimi Räikkönen, Sebastian Vettel und Max Verstappen war die Chance auf ein Spa-Podium schon in Kurve 1 Geschichte - Ferrari und Red Bull in Schuldfrage uneins

(Motorsport-Total.com) - Eines steht nach dem Großen Preis von Belgien 2016 zweifelsohne fest: Kimi Räikkönen (Ferrari) und Max Verstappen (Red Bull) werden so schnell keine Freunde mehr. Ihre Startkollision in Kurve 1 auf dem Circuit de Spa-Francorchamps war nur einer von mehreren Aufregern, angesichts derer der Mercedes-Sieg von Nico Rosberg vor Daniel Ricciardo und Lewis Hamilton beinahe zur Nebensache geriet.

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Drei Autos in Kurve 1 von Spa: Räikkönen, Verstappen und Vettel kollidieren Zoom Download

Rückblick: Sowohl Kimi Räikkönen als auch Teamkollege Sebastian Vettel kommen am Start in Spa gut weg und steuern auf Position zwei und drei die erste Kurve an. Weniger gut gestartet ist Verstappen, der allerdings die Lücke sieht und sich innen durch La Source an Räikkönen vorbeidrängt. Weil aber auch Vettel von außen einlenkt, bleibt zu wenig Platz. Räikkönen steckt im Sandwich fest, es kommt zur Berührung.

Alle drei müssen zum unplanmäßigen Stopp an die Box und kämpfen sich für den Rest des Rennens durch das Feld, mit der Vergabe der Podiumsplätze haben sie aber nichts mehr zu tun. Vettel und Räikkönen holen als Sechster und Neunter zumindest noch WM-Punkte. Verstappen geht als Elfter leer aus (alle Ergebnisse hier).

Vettel über Startunfall in Spa: Sie waren im toten Winkel

"Natürlich war es kein guter Tag", resümiert er. "Alles ist in der ersten Kurve passiert. Der Frontflügel war kaputt, das Auto hat nicht mehr gut funktioniert. Es war ein ganz schwieriges Rennen." Die Schuld für die Startkollision sieht er nicht bei sich: "Ja, mein Start war nicht so gut. Aber danach war ich immer noch in der Innenseite. Kimi hat mir keinen Platz gegeben und am Ende auch Sebastian nicht. Und dann sind wir alle zusammengekommen."


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Die Ferrari-Konkurrenz sieht das selbstredend etwas anders, insbesondere Vettel. "Ich hatte einen sehr guten Start, lag auf Position zwei mit einer halben Autolänge Vorsprung. Ich habe den Weg diktiert", erklärt er. "Aber ganz offensichtlich konnte ich Kimi schwer sehen, er war im toten Winkel, von Max ganz zu schweigen. Ich denke nicht, dass das, was Max da versucht hat, funktionieren konnte."

Er habe Räikkönen innen blockiert und beide Ferraris daran gehindert, die Kurve normal zu nehmen, analysiert Vettel weiter. Infolgedessen sei es zur Kollision gekommen. "Im Nachhinein würde ich nach innen natürlich mehr Platz lassen. Aber wie gesagt, man fährt in die Kurve und versucht Rennen zu fahren. Ich habe Kimi Platz gelassen, aber eben nicht für drei Autos", rechtfertigt sich der Deutsche.

Lauda: Vettel und Verstappen schuld am Start-Crash

Die Hauptschuld für die Berührung sieht er bei Verstappen: "Die Autos in Front haben Priorität. Das muss er verstehen. So konnte er die Kurve unter keinen Umständen nehmen, ohne jemanden zu berühren", kritisiert Vettel den 18-Jährigen. Doch auch der Ferrari-Pilot muss Kritik einstecken. Denn eine Wiederholung des Starts offenbart, dass er und Räikkönen sich schon vor der Kollision mit Verstappen berührt haben.

So sieht es auch Formel-1-Experte Niki Lauda: "Verstappen macht ein unanständiges Manöver. Er hatte einen schlechten Start, er schiebt den Kimi raus - aber Sebastian hat auch nicht genug Platz gelassen. Die beiden Ferraris wären kollidiert, auch wenn Verstappen nicht dagewesen wäre. Auf der anderen Seite hat der Verstappen dort ebenso wenig verloren wie der Vettel. Die beiden haben diesen Unfall verursacht."

Doch Red-Bull-Teamchef Christian Horner verteidigt seinen Schützling: "Der Start hatte mit Max nichts zu tun. Er wollte auf der Innenlinie durch, hatte alles unter Kontrolle. Das Problem war, dass Sebastian von außen ganz knapp reingestochen ist und da kein Platz mehr war. Und der arme Kimi war mittendrin. Er war im Grunde wie die Wurst im Sandwich."

Häufige Spurwechsel bringen Räikkönen zur Weißglut

Der leidtragende Finne wusste zunächst gar nicht, wie ihm geschieht. "Ich steckte zwischen zwei Autos fest und wusste nicht wohin. Es kam zur Berührung mit Sebastian und auf der anderen Seite auch mit Max. Aber ich muss es mir noch einmal genau ansehen", hält sich Räikkönen mit voreiligen Schlüssen zurück, betont aber zugleich, dass er Verstappen genug Platz gelassen habe.

Viel mehr als der Start verärgerte den Ferrari-Piloten dann auch eine andere Begegnung mit Verstappen auf der Strecke: Beim Kampf um Position 14 im ersten Renndrittel drängte der Youngster den Finnen zunächst von der Strecke und blockierte ihn anschließend so unfair, dass Räikkönen am Funk drauflos schimpfte: "Er will mich nur von der Strecke drängen. Das ist einfach lächerlich!"

Tatsächlich wechselte Verstappen immer dann seine Linie, wenn Räikkönen zum Überholen ansetzte. Wegen derartiger abrupter Spurwechsel stand der Niederländer schon mehrfach in der Kritik. Formel-1-Kommentator Christian Danner ging mit ihm in Spa folglich hart ins Gericht und schimpfte unter anderem: "Der Junge gehört für ein Rennen gesperrt!"

Doch die Rennkommissare sprachen keine Strafe aus, was besonders Räikkönen sauer aufstieß: "Wenn ich bei Vollgas bremsen muss, weil er sich direkt vor mich stellt, ist das aus meiner Sicht nicht okay. Aber die FIA scheint da anderer Meinung zu sein. Ich habe nichts gegen enge Rennen und harte Zweikämpfe, aber so etwas kann zu schweren Unfällen führen", prangert der 36-Jährige an.

Verstappen hingegen ist sich einmal mehr keiner Schuld bewusst und gibt sich uneinsichtig. "Das ist lächerlich! Aber wenn sich jemand beschwert, ist das immer gutes Fernsehen", kommentiert er zynisch und erklärt sich: "Insbesondere nach Kurve 1, wenn sie so etwas mit mir machen, werde ich ihnen meine Position dann nicht so einfach überlassen." Natürlich sei er mit Wut im Bauch gefahren, dabei aber nicht zu aggressiv gewesen.

"Das ist eine große Lüge. Ich verteidige lediglich meine Position."Max Verstappen
"Ich denke, das ist eine große Lüge. Ich verteidige lediglich meine Position. Wenn das jemand nicht mag, ist es sein Problem", stellt das Red-Bull-Talent klar und sieht sich auch deshalb im Recht, weil die Stewards ihm keine Strafe aufbrummten. Ähnlich argumentiert Teamchef Horner: "Das war ein spätes Rüberziehen. Sicherlich am Limit, aber ich denke, es war okay. Wenn es ein Problem gewesen wäre, hätten die Stewards interveniert."

Vettel sicher: Ferrari ohne Startunfall in Spa auf dem Podium

Viel gebracht hat Verstappen seine übermotivierte Fahrweise vor fast heimischer Kulisse allerdings nicht. Auch im späteren Zweikampf mit Vettel um Position acht zog er trotz einigen Widerstands den Kürzeren. "Er ist mit einem echt krummen Auto mit Mühe und Not ins Ziel gekommen", erklärt sein Förderer Helmut Marko und holt gegen Ferrari aus.

"Komischerweise scheint ein blaues Auto vorn mit einem Verstappen drin ein rotes Tuch für einen Ferrari zu sein. Ich hoffe, es beruhigt sich wieder. Es waren zu viele Zwischenfälle zwischen Verstappen und den Ferraris", urteil Marko über den Großen Preis von Belgien und verteidigt nimmt der 18-Jährigen in Schutz: "Der Max muss sich seine Position erkämpfen. Das tut er. Dass es diesmal so schlecht ausgegangen ist, war nicht seine Schuld. Er lernt."

Dass Verstappen dazu lernt, hofft auch Vettel, der sich nicht nur über das Startchaos mit ihm ärgert. "Danach haben wir alle versucht, wieder nach vorne zu kommen und unsere Position zu behaupten. Im Endeffekt habe ich viel Zeit verloren, um an ihm vorbeizukommen", lässt er seinen Zweikampf mit dem Red Bull Revue passieren. "Die Runde drauf fährt er eh an die Box. Aus seiner Sicht kostet ihm das auch mehr Zeit als alles andere."

So habe er unglücklich im Verkehr festgesteckt und am Ende zu viel Rückstand gehabt, um noch weiter vorn zu landen, sagt Vettel weiter. Dabei wäre unter normalen Umständen sowohl für ihn als auch Teamkollege Räikkönen ein Podium möglich gewesen, ist er sich sicher: "Der Speed war sehr gut. Im Rennen hätten wir auf Platz zwei und drei fahren können. Aber hätte, wenn und aber zählt nicht."

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