Spielberg: Warum wurde Lewis Hamilton ausgepfiffen?
Wie sich Niki Lauda die Pfiffe gegen Lewis Hamilton erklärt, wieso der dennoch die Liebe der Fans spürt und wieso sich der Streckensprecher keiner Schuld bewusst ist
(Motorsport-Total.com) - Gellende Pfiffe für Lewis Hamilton bei der Siegerehrung: Nach der Stallkollision in Spielberg wunderten sich viele, warum der britische Mercedes-Piloten von den Zuschauern gnadenlos ausgepfiffen und ausgebuht wurde. Der dreimalige Weltmeister musste zwar für seine harten Aktionen gegen Nico Rosberg schon viel Kritik einstecken, der Zwischenfall auf dem Red-Bull-Ring wird aber auch medial nur in wenigen Fällen als Schuld Hamiltons gesehen.
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Lewis Hamilton wurde vom Publikum in Österreich ausgebuht und ausgepfiffen Zoom Download
"Die haben gepfiffen, weil sie geglaubt haben, Lewis habe Schuld am Unfall", kommentierte der Mercedes-Aufsichtsratsvorsitzende Niki Lauda gegenüber 'RTL' die aufgeheizte Stimmung. "Die Pfiffe waren falsch und sollten nicht sein, sage ich mal ganz ehrlich. Schuld ist nicht Lewis, sondern der andere, wegen seiner Bremsen. Das wissen die Leute ja nicht." Eine offensichtliche Fehleinschätzung des Österreichers unmittelbar nach dem Rennen, denn Rosberg hat längst klargestellt, dass er das Auto vor der Berührung in der zweiten Kurve trotz der Bremsprobleme stets unter Kontrolle hatte.
Eine andere Theorie: Die britischen Kollegen vom 'Telegraph' behaupten, dass die Rennstreckenkommentatoren Hamilton die Schuld für die Kollision gaben und so die Reaktion auf den Rängen auslösten. "Das höre ich jetzt zum ersten Mal", ist sich der erfahrene Kommentator Walter Zipser, der die Fans gemeinsam mit seinem britischen Kollegen Bob Constanduros durch das Wochenende führte, im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' keiner Schuld bewusst. "Wir haben das sicher nicht gewertet."
Streckenkommentator von Pfeifkonzert "überrascht"
Die Pfiffe und Buhrufe empfand der Österreicher als sehr negativ: "Ich war selber überrascht, als die plötzlich zum pfeifen angefangen haben, denn das muss wirklich nicht sein." Seine Erklärung: "Da waren vielleicht auch ein Haufen deutscher Fans da draußen und eher wenige britische Fans." Generell gilt Zipser, der auch für den Red-Bull-Sender 'ServusTV' kommentiert, als fachlich versierter Mann.
Generell sei er ein Österreich-Fan: "Es ist eines der schönsten Länder, in dem ich jemals war. Diese Kulisse! Ich hatte dieses Wochenende hier ein Motorrad, bin durch das Tal gefahren und habe gesehen, wie natürlich hier alles ist. Wenn man so ein Gefühl für ein Land hat und dann so eine Reaktion erhält, ist das nicht großartig."
Hamilton: "Habe nur meine Fans gehört"
Bei der Siegerehrung habe er dies aber nicht an sich herangelassen, sondern sich nur auf seine eigenen Fans konzentriert. "Mich interessieren nur meine eigenen Team-LH-Fans - und die konnte ich auf der Tribünen ausmachen. Ich habe nur sie gehört. Sie füllen mich aus, Rennen für Rennen - mit ihren Nachrichten, mit ihren Briefen. Sie warten vor meinem Hotel oder an den Toren. Ich weiß, dass ich von ihnen sehr viel Liebe erfahre."
Möglicherweise war auch die persönliche Achterbahnfahrt von WM-Leader Rosberg am Spielberg-Wochenende ein Faktor. Der Wiesbadener, der sich dieses Jahr bislang erfolgreich gegen den Nimbus des Nummer-2-Piloten stemmt, startete perfekt in das Spielberg-Wochenende, wurde dann aber wegen eines unglücklichen Radaufhängungsbruchs im dritten Freien Training in der Startaufstellung auf Platz sechs zurückversetzt. Weil das Team Hamiltons Strategie von ein auf zwei Stopps änderte, lag Rosberg im Rennen aber plötzlich in Führung und verteidigte diese bis zur letzten Runde.
Auch seine Reaktion auf die Schlussattacke Hamiltons war überraschend hart, nachdem er bislang im Zweikampf gegen den Briten meist kleinbei gab und den kürzeren gezogen hatte. Damit könnte Rosberg die Sympathien der Zuschauer auf seine Seite gezogen haben. Auf die Pfiffe der Zuschauer gegen Hamilton angesprochen, will sich Rosberg nicht konkret äußern. "Da belasse ich ihnen die Entscheidung."