• 19. Juni 2016 · 20:28 Uhr

Force India: Jubel bei Perez, Frust bei Hülkenberg

Während der Drittplatzierte Sergio Perez ein "perfektes Rennen" zeigt, pfeift Nico Hülkenberg als Neunter aus dem letzten Loch - Mexikaner hat die Nase klar vorn

(Motorsport-Total.com) - Zweites Podium in den vergangenen drei Rennen für das Force-India-Team: Wie schon in Monaco präsentierte sich Sergio Perez auch auf dem neuen Stadtkurs in Baku "on fire" und schnappte sich in Platz drei. In der vorletzten Runde kassierte der Mexikaner Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen mit einem beherzten Manöver. Das wäre gar nicht nötig gewesen, denn aufgrund einer Fünf-Sekunden-Strafe für den Finnen, die am Ende auf dessen Gesamtzeit addiert wurde, wäre Perez ohnehin vorn gewesen. "So fühlt es sich einfach noch besser an", jubelt "Checo", während sein Teamkollege Nico Hülkenberg als Neunter einmal mehr hinter den Erwartungen blieb.

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Sergio Perez bescherte dem Force-India-Team erneut strahlende Gesichter Zoom Download

Schon nach dem Samstags-Qualifying hatte es völlig unterschiedliche Gefühlslagen bei den beiden Force-India-Piloten gegeben. Während Hülkenberg nach einem Dreher und einem Missverständnis mit seinem Renningenieur den Sprung ins Q3 verpasste, setzte Perez den VJM09 sensationell auf Position zwei - zehn Plätze vor seinem deutschen Teamkollegen. Es war eines der besten Qualifyings in der Karriere des 26-Jährigen. Einziger Haken: Den Platz in der ersten Reihe durfte Perez nicht behalten, weil nach einem selbstverschuldeten Crash im dritten Freien Training das Getriebe an seinem Auto gewechselt werden musste, und er deshalb fünf Positionen strafversetzt wurde.

"Ich glaube, dieses Wochenende hat mich um fünf Jahre älter gemacht", schildert Perez auf 'Sky Sports F1' seine emotionale Achterbahnfahrt. "Wir wussten, dass wir die Pace haben, aber wir mussten ein perfektes Rennen abliefern, um auf das Podium zu kommen. Nach so einem schwierigen Wochenende so etwas zu schaffen, ist ein unglaubliches Gefühl." Während sein Teamkollege Hülkenberg noch immer auf das erste Podium seiner Formel-1-Karriere wartet, bescherte der Mexikaner dem Force-India-Team schon zum vierten Mal einen dritten Platz im Rennen.

Perez: Guter Start, richtige Entscheidungen

Den Grundstein für den sensationellen Erfolg legte der WM-Achte bereits beim Start. Von Startposition sieben überholte er in den ersten zwei Kurven Toro-Rosso-Pilot Daniil Kwjat und Williams-Mann Felipe Massa und kämpfte sich bis auf Rang fünf vor. "Ich bin gut wegekommen, und habe gesehen, dass sich Felipe etwas verbremst. Leider wurde ich dann eingeklemmt. Es gab nur einen Moment, wo ich eine Lücke sah und da ist mir ein gutes Manöver auf der Innenseite geglückt. Das war sehr wichtig und entscheidend, hier zwei Plätze gutzumachen", erklärt Perez seine Anfangsrunde.


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Hinter Nico Rosberg, den Ferraris von Sebastian Vettel und Räikkönen und Red-Bull-Star Daniel Ricciardo konnte Perez so von Beginn an ein ordentliches Tempo auf den Supersoft-Pirellis gehen. Als sich Ricciardo als erster der Topgruppe zum Reifenwechsel verabschiedete, gewann er einen weiteren Platz, nach Räikkönens Stopp nach acht Runden war er schon Dritter. Doch für ein perfektes Rennen mussten Perez und seine Truppe noch die richtigen Entscheidungen treffen: "In den ersten Runden hatte ich ein Problem mit dem Graining der Reifen. Es wäre einfach gewesen, früh zu stoppen - speziell, weil das Kimi und ein paar andere hinter uns auch gemacht haben", schildert er.

Dennoch verfiel man beim Force-India-Team nicht in Panik und entschied sich, länger draußen zu bleiben. "Die Reifen wurden wieder besser und das war ein Schlüssel zu meinem Rennergebnis", so Perez. Erst nach 16 Runden holte sich der Mexikaner frische Soft-Reifen und kam als Achter noch vor Mercedes-Weltmeister Lewis Hamilton, der eine Runde früher wechselte, zurück auf die Strecke. Auch auf den Softs konnte der Force-India-Star weiterhin ein beeindruckendes Tempo gehen, ohne Probleme schnappte er sich auf der Strecke wiederum Massa und überholte in Runde 22 Ricciardos Red Bull.

Manöver gegen Räikkönen: "Sah kein Risiko"

Noch vor der Rennhälfte fand er sich auf Platz vier wieder und machte sich an die Arbeit, den Rückstand auf Räikkönen zu verkürzen. Gesagt, getan: In der Schlussphase war Perez in Schlagdistanz zum Finnen und bekam warnende Worte von Force-India-Rennleiter Otmar Szafnauer aufs Ohr: "Wir müssen ihn nicht überholen, bleib einfach direkt hinter ihm, dann haben wir das Podium." Doch der entfesselte Mexikaner entschied sich, noch vor Beginn der letzten Runde kurzen Prozess mit dem Ferrari-Fahrer zu machen.

"Ich wusste natürlich um seine Strafe. Aber ich habe die Möglichkeit gesehen und fand, dass es kein großes Risiko ist. Also habe ich ein sauberes und sicheres Manöver gemacht und mir das Podium auf der Strecke geholt", strahlt Checo. "Ich bin so glücklich, dass dieses schwierige Wochenende so ausgegangen ist. Es ist erst das achte Rennen und wir haben schon zwei Podestplatzierungen. Es ist ein unglaubliches Jahr für uns bisher", so der Mexikaner abschließend.

Während Perez also auf Wolke Sieben schwebt und einen echten Lauf hat, verlief die Baku-Premiere für seinen Teamkollegen Nico Hülkenberg einmal mehr deprimierend. Als Neunter musste er sich am Ende mit zwei mageren Pünktchen zufrieden geben. Viel zu wenig für die Performance, die seit dem großen Barcelona-Update im Force-India-Renner steckt. Wieder einmal war es eine Mischung aus Pech und eigenen Fehlern, die dem Deutschen die Chancen auf ein besseres Ergebnis zunichtemachten.

Hülkenberg: "Qualifying hat mich das Wochenende gekostet"

Im Samstags-Qualifying leistete er sich in Q2 in seinem ersten Run einen folgenschweren Dreher in Kurve 16. Beim zweiten Versuch kam er in seiner ersten fliegenden Runde in den Verkehr, einen zweiten Anlauf brach er nach einem mageren ersten Sektor und einem Missverständnis mit seinem Renningenieur ab. "Im Nachhinein ist mein Qualifying natürlich ein ziemlich bitterer Moment, der mich das Wochenende gekostet hat", muss "Hulk" nach dem Rennen im Interview mit 'Sky' zugeben.

Denn inmitten des Feldes passierte beim Rennstart von Position zwölf wieder einmal das, was Hülkenberg schon mehrfach in dieser Saison zum Verhängnis wurde: In Kurve eins touchierte ihn Haas-Fahrer Esteban Gutierrez und warf ihn bis auf Platz 14 zurück. Im 'ORF' schildert er: "Beim Start bin ich eigentlich gut weggekommen, aber ausgangs der ersten Kurve wurde ich getroffen und habe mich fast gedreht. Ich habe dann direkt wieder ein paar Positionen verloren und musste erst durch den Verkehr durch."

Bis zur 13. Runde schaffte er es - auch durch frühe Boxenstopps der Konkurrenz - immerhin bis auf Position sieben. Doch im Verkehr konnte Hülkenberg seine Reifen nicht schonen und kam nie richtig auf Geschwindigkeit: "Selbst auf den Soft-Reifen, auf denen ich gestartet bin, kam die Pace nicht richtig zum Tragen. Wir dachten eigentlich, dass die Pace kommt, wenn ich erst mal durch den Verkehr durch bin. Aber irgendwie hat sich das Auto heute schwierig angefühlt, das Heck war sehr nervös", erklärt er nach dem Rennen.

Bereits in Runde 20 entschieden sich der Deutsche und seine Crew demnach zum Wechsel auf die superweichen Pirellis, mit denen er die lange Distanz von 31 Runden zu bewältigen hatte. "Wir hatten die klare Intention, die Einstopp-Strategie zu machen. 31 Runden auf den Supersofts sind natürlich ein Risiko. Aber andererseits ging auf den Soft auch nicht mehr viel, ich stand also voll dahinter und habe den Jungs gesagt, wir müssen wechseln. Das ging eine Zeitlang gut, ich konnte Ricciardo lange hinter mir halten. Aber am Ende habe ich dann aus dem letzten Loch gepfiffen und war froh, das Auto überhaupt gerade auf der Strecke zu halten", gibt er enttäuscht zu.

Perez' Leistungen lassen Force India von Mehr träumen

Kurz vor Ende hatte Hülkenberg auf den "rasierten" Pirellis keine Chance mehr, die Red-Bull-Piloten zu halten. In Runde 49 zog Ricciardo vorbei, einen Umlauf später auch Verstappen - trotz des gegenüber der Mercedes-Power unterlegenen Renault-Antriebs. So blieb am Ende nur Rang neun für den Deutschen, der sich immerhin trösten konnte: "Wir haben viel Potenzial. Guckt euch das Rennen heute und das Qualifying gestern an. Wenn wir mal sauber durchkommen, ist dieses Jahr noch viel möglich."

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Nico Hülkenberg blieb einmal mehr nichts anders übrig, als seinen Kollegen zu feiern Zoom Download

Zunächst wird es für "Hulk" aber darum gehen, sich endlich mal wieder gegenüber Perez durchsetzen zu können. "Er macht das gut, Glückwunsch an die Jungs und an ihn. Er hat das ganze Wochenende über einen super Job gemacht und hat sich das verdient geholt", muss er eingestehen.

Auch Force-India-Co-Teamchef Robert Fernley lobt den Mexikaner in höchsten Tönen: "Sein Ergebnis ist ein weiterer großer Boost für uns. Es zeigt, dass das Team in der Spur ist." Tatsächlich: Auch die jüngste technische Neuerung - der Wasserkühler für das ERS wurde vergrößert - funktionierte in Baku tadellos (in unserer Fotostrecke erklären wir genau, warum der VJM09 so stark war). In dieser Form ist von Force India jedenfalls noch Einiges zu erwarten...

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