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Baku wie Sotschi: Pirelli rechnet mit Einstoppstrategie
Reifenhersteller Pirelli gibt zu, für die Grand-Prix-Premiere in Baku die vorsichtigere Reifenwahl getroffen zu haben, will aber noch am Reifendruck drehen
(Motorsport-Total.com) - Ein neues Land, eine neue Strecke und neue Bedingungen - nicht nur die Teams gehen jungfräulich in das Rennwochenende zum Grand Prix von Europa in Aserbaidschan. Eine große Unbekannte war der spektakuläre Straßenkurs in Baku auch für Reifenhersteller Pirelli. Die Italiener standen vor einem ähnlichen Problem wie bei der Rennpremiere in Russland 2014: Der kurzfristig verlegte Asphalt und die ungewöhnliche Kombination aus langen Geraden und langsamen Kurve machten Berechnungen schwierig. Deswegen könnte am Sonntag ein zweites Sotschi drohen.
"Mit den Daten, die wir bis jetzt gesammelt haben, wirkt es, als wäre der Ultrasoft hier möglich gewesen", räumt Pirelli-Rennleiter Mario Isola nach den ersten Trainingseinheiten ein. "Es wurden wie erwartet hauptsächlich der Soft- und Supersoft-Reifen gefahren. Es gab nicht viele repräsentative Longruns, aber von Abbau und Abnutzung her würde ich sagen, dass es ein Einstopp-Rennen wird, weil der Abbau recht gering ist."
Strategie-Liebhaber dürften enttäuscht sein. Aber ein Blick auf die Bedingungen, die beim Trainingsauftakt am Freitag herrschten, gibt einen Eindruck davon, wie schwierig die Reifenwahl war, die von mehreren Faktoren abhängt. Eine davon sind die Temperaturen, die durch die relative starke Bewölkung und den auffrischenden Wind zum ersten und zweiten Freien Training geringer waren als erwartet.
Der Asphalt, der teilweise über Kopfsteinpflaster gezogen wurde, konnte von Pirelli gar nicht bemessen werden, weil er gerade erst verlegt wurde. Mit den Simulator-Daten der Teams konnte der Reifenhersteller ebenfalls wenig anfangen, weil diese mit "Normal-Asphalt" testeten. Klar, dass man da mit der Vorauswahl der Medium-, Soft- und Supersoft-Mischungen auf Nummer sichergehen wollte.
"Ich bin persönlich immer ein Fan der weicheren Mischung, einfach weil es dir mehr Grip gibt - vor allem auf einer Runde im Qualifying", ist auch Nico Hülkenberg enttäuscht, dass der neue Ultrasoftreifen nicht zum dritten Einsatz in Folge kommt. Kollege Valtteri Bottas gibt allerdings zu bedenken: "Es gibt dir natürlich mehr Grip, aber sie nutzen sich auch schnell ab und es wäre überhaupt nicht einzuschätzen gewesen, ob sie hier Sinn machen würde. Ich bezweifle es ein wenig, wegen der Streckentemperatur."
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Mittlerweile findet bereits der 23. Europa-Grand-Prix statt. Er wurde bereits in Brands Hatch (1983, 1985), Donington (1993), Jerez (1994, 1997), auf dem Nürburgring (1984, 1995, 1996 und von 1999 bis 2007) sowie in Valencia (2008 bis 2012) ausgetragen. Fotostrecke
Auch Sebastian Vettel wäre das Wochenende gerne weicher angegangen: "Das Problem war, das die beiden vergangenen Grands Prix kühler als erwartet waren. In Monaco war es nass und nur knapp 20 Grad und in Kanada war es auch kühl. Ich glaube, der Reifen funktioniert besser wenn es heiß ist. Das sollte es hier sein, aber wir sind hier zum ersten Mal und es ist nicht bekannt, wie der Reifen hier belastet wird. Da kann man die Wahl verstehen."
Weitere Faktoren, die das Vorhersagen des Reifenverhaltens erschweren, sind die langen Geraden, auf denen die Fahrer viel Zeit ihrer Runde verbringen und die ganz andere Kräfte auf die Reifen ausüben als ein kurvenreicher Kurs. Außerdem entwickelt sich die äußerst "grüne" Strecke über das Wochenende ständig weiter.
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Schlauer kann auch Pirelli erst nach den ersten Live-Erfahrungen werden. Spätestens drei Stunden nach dem zweiten Freien Training müssen die Teams dem Reifenhersteller ihre Daten zur Verfügung stellen. Dann können sich die Italiener ein erstes Bild machen und auch schon kurzfristige Anpassungen vornehmen. So musste auch der von den Fahrern stets als zu hoch beschimpfte Reifendruck im vorneherein vorsichtshalber vorne wie hinten auf 22 psi festgelegt werden. Isola erklärt aber, dass dies schon morgen runter, oder sogar noch weiter hoch geregelt werden könnte.
Mit den mitgebrachten Reifenmischungen müssen die Teams aber in diesem Jahr leben. Und ab Samstag soll es außerdem heißer werden. Pirelli hält daher den Softreifen für die geeignete Wahl für einen langen Stint im Rennen. Der baue sich nicht so schnell ab wie die Supersoft-Variante und komme schneller auf Temperatur. Der Medium-Reifen könnte hingegen wieder zu schnell überhitzen. Die Unterschiede, die ebenfalls noch schwer einzuschätzen sind, liegen zwischen den beiden weicheren Mischungen bei knapp über einer Sekunde. Zum Medium könnte ein Unterschied von bis zu zwei Sekunden pro Runde entstehen.