Valtteri Bottas und Williams: Prügelknaben auf dem Podium
Die Strategie auf den Punkt getroffen und die Boxenstopps tadellos: Alles was bei Williams zuletzt nicht funktionierte, war in Kanada erste Sahne
(Motorsport-Total.com) - Mancher Zuschauer staunte nicht schlecht, als Valtteri Bottas beim Kanada-Grand-Prix am Sonntag auf Platz drei auftauchte und den Bronzerang ins Ziel trug. Das erste Podium für die Williams seit November 2015 hatte sich zuvor nicht abgezeichnet, war jedoch einem taktischen Geniestreich geschuldet - nachdem Chefingenieur Rob Smedley und sein Team zuletzt so oft danebengegriffen hatten. "Die Strategie war großartig. Es war eines meiner besten Rennen", schwärmt Bottas.
Der Finne war neben Rennsieger Lewis Hamilton der einzige Pilot, der nur einen Reifenwechsel absolvierte - er kam sogar schon in Runde 23 und damit einen Umlauf früher an die Box. "Es war unser Plan A", erklärt Bottas, dass die Taktik von Anfang an so geplant gewesen wäre. Er fügt an: "Die Mechaniker haben mal wieder einen fabelhaften Job gemacht." Das Lob für die Crew kommt nicht zufällig, auch die Boxenmannschaft leistete sich in der Vergangenheit zu viele Schnitzer.
Seelenbalsam war die kleine Wiederauferstehung auch für Smedley, der seinen Piloten schon auf eine heiße Schlussphase einstellte. "Die Reifen sahen noch sehr gut aus. Es gab überhaupt kein Problem", sagt der Ex-Ferrari-Mann über die Soft-Pneus, die einige Konkurrenten deutlich früher im Stich ließen. Doch Williams war gewarnt: "Nico Rosberg sah sehr schnell aus und wir hätten erwartet, dass er schneller an Max Verstappen vorbeikommt." Zu dem Duell kam es aber nicht.
Fotostrecke: GP Kanada, Highlights 2016
Die Formel-1-WM 2016 ist wieder spannend: Lewis Hamilton kommt mit dem zweiten Saisonsieg bis auf neun Punkte an Nico Rosberg heran. Ferrari ist dank Turbo-Update wieder voll konkurrenzfähig. Und Valtteri Bottas steht in Montreal zum zweiten Mal hintereinander auf dem Podium. Fotostrecke
Es war nicht nur wegen der Strategie ein erfolgreiches Rennen für Williams: "Ich habe gemerkt, dass ich Druck auf Kimi (Räikkönen; Anm. d. Red.) und auf die Red Bull ausüben kann. Es ist toll, wieder das Tempo zu haben, um um eine vordere Position zu kämpfen", sagt Bottas. Die Strecke in Kanada kommt dem FW38 mit ihren langen Geraden und langsamen, aerodynamisch weniger anspruchsvollen Kurven entgegen. Auch dem Fahrer liegt das Layout: "In Montreal lief immer gut."
Anders dürfte das Felipe Massa sehen, der nach 37 Runden die Segel streichen musste. "Es gab ein Problem mit dem Kühlwasser-System innerhalb des Antriebsstrangs. Dadurch ist der Wasserdruck gestiegen und auch die Temperaturen", erklärt Smedley. Alle Sensoren schlugen Alarm, die Gefahr eines kapitalen Motorschadens bestand. Massa sollte auf der Geraden früher vom Gas gehen, um den Antrieb zu entlasten, doch das brachte nichts. Der V6-Hybrid überhitzte eifrig weiter.
Weil alle Komponenten im Auto noch relativ frisch waren, entschloss sich Williams dazu, lieber abzustellen als einen großflächigen Schaden zu riskieren. "Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt ein gutes Rennen", meint Massa, der sich auf Kurs zu WM-Zählern wähnte. "Obwohl wir nicht mit allen Teilen des Autos zufrieden waren, hätten wir im Rennen punkten können." Die nächste Chance kommt bestimmt, meint Bottas, der vor Selbstvertrauen strotzt: "Es hängt auch immer von der Strecke ab. Aber es gibt keinen Grund, warum wir nicht wieder auf dem Podium fahren sollten."