"Typisch!" So reagiert Ricciardo auf Vettels Funkbeschwerde
31 Runden führt Daniel Ricciardo beim Großen Preis von Spanien an, am Ende kämpft er gegen Sebastian Vettel um Rang drei - und kassiert Kritik am Funk
(Motorsport-Total.com) - Die Enttäuschung war Daniel Ricciardo nach dem Großen Preis von Spanien deutlich anzusehen: Während sein neuer Teamkollege und frischgebackener jüngster Formel-1-Sieger Max Verstappen auf dem Podium feierte, musste sich der Australier im Red Bull einmal mehr mit dem undankbaren vierten Platz zufrieden geben. Und das obwohl es infolge des Doppelausfalls bei Mercedes lange nach einem Sieg von Ricciardo ausgesehen hatte: "Es ist frustrierend. Ich denke, wir haben den Sieg heute weggeworfen."
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Daniel Ricciardo und Sebastian Vettel kamen sich in Spanien gefährlich nah Zoom Download
Die Schuld gab der Red-Bull-Pilot vor allem der Strategie. In Führung liegend war Ricciardo in Runde zwölf als Erster der Spitzengruppe an die Box gekommen, um von Soft- auf Medium-Reifen zu wechseln. Verstappen und Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen folgten einen Umlauf später, Vettel wechselte in Runde 15. Bereits in der 28. Runde stoppte Ricciardo ein zweites Mal - eine klare Dreistoppstrategie, auf die auch Vettel setzte, der kurz darauf an die Box kam. Ihre Teamkollegen blieben hingegen länger draußen und sollten damit das bessere Ende für sich behalten.
Denn weil die Reifen auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya weniger stark abbauten als angenommen, konnten Verstappen und Räikkönen ihren letzten Stint auf der härteren Mischung über mehr als 30 Runden sicher ins Ziel fahren. Ricciardo und Vettel fielen durch ihren dritten Stopp hinter sie zurück. Mit einem taktischen Kniff gelang es dem Deutschen jedoch, zumindest Rang drei zu erobern: Nur acht Runden nach seinem zweiten Stopp kam er erneut rein, um von Soft zurück auf Medium zu wechseln - und Ricciardo so durch einen Undercut zu schlagen.
Ricciardo: Dreistoppstrategie war die falsche Wahl
"Zu diesem Zeitpunkt hatten wir uns schon einer Dreistoppstrategie verschrieben", erklärt Vettel. "Es ging also darum, wer den Mut hat, zuerst an die Box zu gehen, um seinen letzten Stint etwas zu strecken." Seine Ferrari-Crew antizipierte die überlegene Zweistoppstrategie damit zwar zu spät, aber immerhin besser als Red-Bull-Konkurrent Ricciardo. Der kam nach seinem letzten Reifenwechsel in Runde 43 ganze sieben Sekunden hinter Vettel zurück auf die Strecke. Zwar konnte er den Abstand auf seinem frischeren Satz schnell verkürzen, vorbei kam er allerdings nicht.
"Wir dachten, dass zu der Zeit alle stoppen würden", erklärt Ricciardo den Strategiefehler seines Teams und ergänzt: "Ich verstehe es nicht. Normalerweise bekommt derjenige in Führung die bessere Strategie, doch das hat heute nicht funktioniert." Auch auf Vettels Undercut habe man nicht richtig reagiert, gibt der Australier zu: "Wir haben einfach zu spät gestoppt." Zwar versuchte Ricciardo, den Fehler im Zweikampf mit Vettel wieder wettzumachen. Doch der Circuit de Barcelona-Catalunya ist eine Strecke, auf der sich nur schwer überholen lässt.
Entsprechend haarig wurde es zwischen Ricciardo und Vettel - zumindest nach Meinung des Deutschen. "Im Ernst, fahren wir Rennen oder spielen wir Ping-Pong?", wütete er am Boxenfunk, nachdem der Red Bull ihn in Runde 59 hart attackiert hatte. "Mir war klar, dass Dani früher oder später rankommen würde. Mit den härteren Reifen waren die Red Bull etwas stärker", analysiert Vettel und erklärt das aus seiner Sicht zu optimistische Manöver von Ricciardo: "Im Kurvenausgang war er einmal nah dran. Ich musste die Innenbahn freilassen, aber er war zu spät."
Vettel vs. Ricciardo: Streit um aggressives Manöver
Hätte er nicht mitgespielt, wäre es zum Crash gekommen, ist sich Vettel sicher und rechtfertigt seinen Funkausraster: "Im ersten Moment regt man sich darüber auf. Weil wie gesagt: Wenn man nicht mitspielt, sind beide draußen. Im Nachhinein ging alles gut, aber ich denke, es war grenzwertig", so der Heppenheimer, der ehrlich zugibt, dass er im Kampf um das Podium ähnlich gehandelt hätte. Ricciardo quittierte Vettels Kritik am Funk indes mit einem Augenzwinkern: "Offensichtlich hat er sich darüber beschwert, dass ich zu aggressiv war. Typisch!"
"Anders als 99 Prozent der Fahrer habe ich wenigstens versucht, zu überholen", sagt der Red-Bull-Pilot weiter. "Ich habe es einige Mal probiert, doch es hat nicht funktioniert. Aber ich war einfach nicht zufrieden mit Rang vier." Als den Australier kurz vor Schluss dann ein Reifenschaden hinten links ereilte, war jede Hoffnung, Vettel doch noch zu knacken, endgültig dahin. Mit einem Reparaturstopp rettete Ricciardo den vierten Platz. Bereits in China hatte ein Platten ihn zurückgeworfen, doch an eine Pechsträhne glaubt der 26-Jährige trotzdem nicht.
"Es waren einfach miese Umstände, die nicht passiert wären, hätten wir die richtige Strategie gehabt", resümiert Ricciardo enttäuscht. "Ich kann seine Frustration verstehen", sagt Red-Bull-Teamchef Christian Horner und sucht nach Erklärungen für die verpatzte Strategie: "Du siehst das Rennen und weißt nicht, ob der Zweistopp am Ende so komfortabel ist. Wir sind deshalb lieber auf drei Stopps gegangen, um am Schluss die besseren Reifen zu haben. Leider hat Dani dann einen Plattfuß gekriegt kurz vor Schluss, sonst hätte er an Sebastian vielleicht noch vorbei gekonnt."
Ferrari auf Medium-Reifen nicht schnell genug
Der war wiederum froh, wenigstens Ricciardo kassiert zu haben - auch wenn mehr drin gewesen wäre. "Wir haben beide Autos auf unterschiedliche Strategien gesetzt. In meinem Fall hat es gereicht, um Dani zu überholen. Aber ich glaube, die Zweistopp war im Endeffekt die schnellere Variante, ins Ziel zu kommen", gibt Vettel seinem Konkurrenten bei der Strategie Recht. In Sachen Speed sieht er eine Verbesserung im Vergleich zum Samstag: So sei Ferrari auf Soft rund eine halbe Sekunde schneller gewesen als Red Bull, schätzt Vettel.
Der 28-Jährige zieht daher ein insgesamt positives Fazit: "Alles in allem war es ein gutes Rennen, ein gutes Resultat fürs Team. Ich glaube, man hat gesehen, dass wir schneller waren und uns eher schwer getan haben, vorbeizukommen." Performance-Probleme auf den härteren Reifen und der Strategieumschwung, "den wir so vielleicht nicht erwartet hätten", machten einen Sieg jedoch unmöglich: "Am Ende war der Unterschied nach dem letzten Boxenstopp nicht groß genug, um auf frischeren Reifen ranzufahren und noch zwei Autos zu überholen", räumt Vettel ein.