Tränen und Champagner: Verstappens emotionaler Rekordsieg
Max Verstappen vollbringt in Barcelona Historisches und krönt sich zum jüngsten Grand-Prix-Sieger aller Zeiten - Red Bull jubelt und bei Vater Jos fließen die Tränen
(Motorsport-Total.com) - Es ist eine dieser Geschichten, die sich eigentlich niemand ausdenken kann: Max Verstappen gewinnt sein allererstes Rennen für Red Bull und krönt sich mit gerade einmal 18 Jahren zum jüngsten Grand-Prix-Sieger aller Zeiten. Das alleine wäre eigentlich schon eine Sensation, doch die Story hat so viele weitere kleine Randaspekte, die wohl selbst dem bestbezahlten Hollywood-Autor so nicht einfallen würden. Würde es sich um einen Film handeln, würde der Preis für die beste Nebenrolle jedenfalls definitiv an Helmut Marko gehen.
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Max Verstappen erlebte den emotionalsten Tag seiner noch jungen Karriere Zoom Download
Red Bulls Motorsportberater durfte nach dem Großen Preis von Spanien mit aufs Podium, um den Pokal für den siegreichen Konstrukteur entgegenzunehmen - und das kommt nicht von ungefähr. Marko war es, der Verstappen in der vergangenen Saison, im Alter von gerade einmal 17 Jahren, bei Toro Rosso unterbrachte und ihn damit zum jüngsten Formel-1-Fahrer aller Zeiten machte.
Marko war es auch, der Verstappen in der vergangenen Wochen ins Red-Bull-Cockpit beförderte. Der Österreicher musste für seine Entscheidung, Daniil Kwjat mitten in der Saison zu Toro Rosso zu degradieren, vor dem Rennen in Barcelona eine Menge Kritik einstecken. Als Verstappen am Sonntagnachmittag als Erster über die Ziellinie fuhr, dürfte Marko das breiteste Grinsen in ganz Spanien gehabt haben.
Verstappen wie ein alter Hase
Doch der Reihe nach: Verstappen, der von Rang vier ins bisher wichtigste Rennen seiner Karriere startete, profitierte gleich in der ersten Runde von der Kollision zwischen den beiden Mercedes-Piloten. Ohne eigenes Zutun war der Niederländer damit bereits Zweiter hinter seinem Teamkollegen Daniel Ricciardo. Entscheidend für seinen späteren Triumph war anschließend die Strategie.
Red Bull teilte die Strategie auf und setzte Verstappen auf zwei Stopps, während Ricciardo dreimal zum Service kam - aus Sicht des Australiers ein fataler Fehler. Während Ricciardo anschließend hinter Sebastian Vettel feststeckte, der ebenfalls auf einer Dreistoppstrategie unterwegs war, führte Verstappen das Rennen an. Sein einziger Gegner war in der Schlussphase Kimi Räikkönen - ebenfalls ein Zweistopper.
"Wir haben alles gegeben, und ich war schnell. Aber ich konnte in der letzten Kurve nie nah genug an ihm dranbleiben. Ich verlor Abtrieb hinter ihm. Ich habe es immer wieder versucht, aber es hat heute nicht gereicht", so der "Iceman", der in der Schlussphase stets innerhalb des DRS-Fensters war, aber einfach nicht vorbei kam. "Ich war nicht nervös, ich habe mich einfach konzentriert, um keine Fehler zu machen", berichtet der abgezockte Verstappen.
Chefs und Familie im Tausch der Gefühle
Im Stille eines Champions absolvierte Verstappen die kompletten 66 Runden ohne einen einzigen Fehler. "Er hat am ganzen Wochenende keinen einzigen Fehler gemacht", bemerkt Teamchef Christian Horner und lobt die "unglaubliche Leistung" seines neuen Fahrers. Zumal auch Horner weiß: "Sie (Ferrari; Anm. d. Red.) hatten auf freier Strecke vielleicht ein schnelleres Auto." Das half Räikkönen und Co. allerdings wenig.
"Nach dem gestrigen Tag wären wir mit den Plätzen zwei und drei zufrieden gewiesen. Aber heute ist es eine Enttäuschung, weil es so eng war", ärgert sich der Finne und Verstappen selbst erklärt: "Es fühlt sich großartig an, ich kann es nicht glauben. Es war ein großartiges Rennen. Ich muss mich beim Team dafür bedanken, dass sie mir so ein tolles Auto gegeben haben. Gleich im ersten Rennen zu gewinnen ist ein großartiges Gefühl."
Ein weiterer großer Gewinner des Tages: Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz, der ebenfalls an der Strecke anwesend war und sich nach dem Rennen wie ein kleiner Junge über den ersten Red-Bull-Sieg seit Spa 2014 freute. Kurios: Auch damals kollidierten Rosberg und Hamilton und machten so den Weg für Ricciardo frei. Trotzdem hat der Verstappen-Sieg in Spanien noch einmal eine ganz andere Dimension, was auch die Freudentränen bei Papa Jos nach dem Rennen belegen.
Einziger "Fehler" erst im Ziel...
"Mein Vater hat mich bereits in einem sehr jungen Alter unterstützt", erinnert der 18-Jährige, der an diesem historischen 15. Mai 2016 gleich mehrere Bestmarken aufstellte. So ist Max Verstappen nun auch der erste Niederländer, der ein Formel-1-Rennen gewinnen konnte. Bisher bester Holländer war ausgerechnet Papa Jos, der für Benetton 1994 in Ungarn und Spa als jeweils Dritter auf das Podium fuhr (in unserer Datenbank nachlesen).
Fotostrecke: Der Mercedes-Crash in Barcelona
Katastrophe für Mercedes in Barcelona: Nur vier Kurven dauert es, bis die beiden führenden Silberpfeile im Kies stehen. Es ist die erste verheerende Kollision zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton seit Spa 2014. Fotostrecke
Ein weiteres Kuriosum: Als der mittlerweile 36-jährige Räikkönen im Jahr 2001 für Sauber erstmals an einem Formel-1-Rennen teilnahm, war Verstappen gerade einmal drei Jahre alt. "Kimi ist sogar noch gegen meinen Vater gefahren! Das ist schon ziemlich lustig", lacht der 18-Jährige, der außerdem verrät: "In der Auslaufrunde habe ich etwas zu viel gefeiert und einen Krampf bekommen."
Diese kleine Unachtsamkeit dürfte allerdings durchaus zu verschmerzen sein. Der Niederländer konnte bereits wenige Minuten später auf dem Podium schon wieder feiern - Und es ist davon auszugehen, dass bei Red Bull am Sonntagabend noch deutlich mehr Alkohol fließen wird als auf dem Podest. Doch wo es strahlende Sieger gibt, da gibt es logischerweise auch Verlierer.
Neben Räikkönen ist das an diesem denkwürdigen Sonntag vor allem Daniil Kwjat. Während Verstappen in "seinem" Auto zum Sieg fuhr, musste sich der geschasste Russe mit Rang zehn begnügen und wurde sogar von Verstappen überrundet - die absolute Höchststrafe. Irgendwie passt es sogar ins Bild, dass Kwjat am Ende noch die schnellste Rennrunde fuhr. Mit Frust im Bauch fuhr er eine Sekunde schneller als anderen Piloten. Gebracht hat es ihm nichts.