• 15. Mai 2016 · 19:54 Uhr

Falsches Setting: Die Hintergründe zum Mercedes-Crash

Nico Rosberg verlor unmittelbar vor dem Crash mit Lewis Hamilton an Leistung, weil er im falschen Modus unterwegs war - Hätte der Unfall verhindert werden können?

(Motorsport-Total.com) - Für Mercedes war das Formel-1-Rennen in Barcelona eine Katastrophe, denn schon in der ersten Runde räumten sich Nico Rosberg und Lewis Hamilton gegenseitig ab. Hamilton wurde beim Angriff bei der Anfahrt auf Kurve 4 von Rosberg aufs Gras gedrängt, verlor die Kontrolle über seinen Boliden und riss seinen Teamkollegen mit ins Aus. Das konnte man schon am Live-Bildschirm sehen, doch wie konnte es überhaupt zu der Szene kommen?

Aus Sicht des Briten kam er mit einem ziemlichen Geschwindigkeitsüberschuss auf Rosberg zu, der allem Anschein nach plötzlich langsamer unterwegs war. Das TV-Replay der Onboard-Kameras zeigt: Als Rosberg durch die erste Kurvenkombination fuhr, drückte er einen Knopf am Lenkrad. Ein rotes LCD leuchtete in der Mitte auf und plötzlich fehlte ihm Schwung, wodurch Hamilton so schnell aufschließen konnte und den Angriff wagte.

Teamchef Toto Wolff erklärt, dass der Deutsche auf den ersten Metern mit einem falschen Motorensetting unterwegs war - ein teurer Fehler. "Nico hatte das falsche Setting. Darum verlor er nach Kurve 3 Leistung. Er hatte nicht so viel Energie wie Lewis", verrät der Österreicher und ergänzt: "Das erklärt, warum alles so schnell ging. Es gab eine große Diskrepanz beim Speed."

Unterschiedliche Meinungen

Hamilton wollte die Gelegenheit nutzen und setzte in der Anfahrt auf Kurve 4 zum Überholmanöver an. Obwohl Rosberg die Tür zumachte, wollte sich der Weltmeister innen an seinem Teamkollegen vorbeiquetschen - die Konsequenz ist bekannt. Die Rennleitung sprach anschließend zwar beide Piloten frei, doch Niki Lauda war unmittelbar nach dem Unfall gar nicht gut auf Hamilton zu sprechen.

Für Wolff waren es in erster Linie "unglückliche Umstände", bedingt durch Rosbergs falsches Setting. "Es war ein Setting, bei dem man weniger Energie zur Verfügung hat als gewöhnlich", verrät Wolff, der aber keine Details nennen möchte. Übrigens durfte das Team Rosberg nicht auf die falsche Einstellung hinweisen. Die aktuellen Funkregeln verbieten das. In der vergangenen Saison "hätten wir es gedurft, aber die Frage ist, ob wir es ihm in Kurve 1, 2 oder 3 gesagt hätten." In der Regel wollen Piloten nicht in einer Kurve angefunkt werden.

Während Lauda Hamiltons Manöver in Anfahrt auf Kurve 4 als überstürzt kritisiert, zeigt Wolff Verständnis: "Wenn du in Barcelona ein gleichwertiges Auto überholen willst, dann ist Runde eins vermutlich die beste Möglichkeit. Er hatte am Ausgang von Kurve 3 viel mehr Speed. Deshalb hat er diese Entscheidung getroffen." Der Österreicher erklärt: "Die Fahrer müssen im Bruchteil einer Sekunde entscheiden - und das Ende vom Lied war, dass Lewis Nico getroffen hat."

Rosberg von Hamilton "überrascht"

Und was sagen die Protagonisten selbst? "Ich hatte einen guten Start, war wirklich erfreut über die erste Kurve und wollte das Rennen für mich entscheiden. In Kurve 3 habe ich etwas Motorkraft verloren. Lewis wollte innen vorbeiziehen, da habe ich die Tür zugemacht, um deutlich zu machen, dass da nicht genügend Platz ist, um vorbeiziehen", berichtet Rosberg und ergänzt: "Lewis kommt von hinten näher und ich mache, wie jeder andere Rennfahrer auch, die Tür zu. So macht man das, um die Position zu verteidigen."


Mercedes Backstage in Barcelona

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"Ich war konzentriert mit dem Kampf gehen Lewis. Ich habe gesehen, dass er im letzten Moment doch noch versucht hat, diese Innenseite zu nehmen, was mich sehr überrascht hat. Aber da war alles eh schon zu spät", erklärt der Deutsche, der Hamilton damit allerdings nicht die Schuld zuschieben möchte. "Nein, das habe ich nicht gesagt", stellt Rosberg klar und erklärt: "Ich fahre nicht nur für mich selbst, ich fahre für alle. Wir sind ein Team."

"Ich weiß, wie alle im Werk hart arbeiten. Da ist so etwas das Schlimmste, was passieren kann", weiß der Deutsche, der die WM trotz seines Ausfalls weiterhin anführt. Hamilton ergänzt: "Mein Start bis Kurve 1 war nicht so toll. In Kurve 3 war ich dann viel schneller als Nico, weil er den falschen Antriebsmodus eingestellt hatte. Er wurde langsamer, ich nicht. Ich holte auf und er positionierte das Auto so, dass noch eine Autobreite rechts neben der Ideallinie Platz war."

Hamilton erkannte Rosbergs Problem

"So schnell, wie ich aufholte, musste ich entscheiden: Ziehe ich nach links oder nach rechts? Die Innenlinie ist immer die, die man bevorzugt, und da war noch so viel Platz. Als ich dort war, war ein Teil meines Flügels und meines Reifens daneben und noch innerhalb der weißen Linie. Dann wurde es plötzlich knapp. Ich habe getan, was ich tun konnte, indem ich auf den Grünstreifen gefahren bin."


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"Ich war nicht überrascht. Ich konnte das Licht (Rücklicht; Anm. d. Red.) sehen, das das Verlangsamen anzeigt", berichtet Hamilton und ergänzt: "Dann ist es ausgegangen. Ich habe keine Mutmaßungen darüber angestellt, was passiert. Ich sah es aber natürlich. Ich war in der Kurve schneller, er hatte nicht die Power - obwohl er danach sogar umgeschaltet hat. Wenn man das tut, passiert aber nicht binnen 100 Metern etwas. Es hat also erst keine Wirkung gehabt."

"Das ist das, was ich getan habe. Daraus kann man etwas ableiten. So bin ich gefahren, das habe ich getan. Die Tür war nicht zu und ich bin nicht deshalb absichtlich über den Grünstreifen gefahren. Ich sah eine Lücke und habe es versucht - das machen Rennfahrer", rechtfertigt sich der Brite und antwortet auf die Frage, ob es ein normaler Rennunfall war: "Ich habe gar kein Gefühl. Ich bin nur enttäuscht für das Team."

Widersprüchliche Aussagen

Unklar ist währenddessen noch, welchen Modus Rosberg verwendete - und ab wann. Denn beim Start kam der Deutsche schließlich besser weg als sein Teamkollege und konnte ihn sogar überholen. "Man darf uns nicht sagen, was wir tun müssen. Vor dem Rennen gehen wir das Prozedere durch", erklärt Hamilton und verrät: "Nico war (in der Startaufstellung; Anm. d. Red.) im gleichen Modus."

"Im 'Launchmode' waren wir beide. Als wir in Kurve 3 waren, hat er ihn weggeschaltet - genau wie ich. Aber ich ging in den Rennmodus und er in einen anderen", so Hamilton. Das würde erklären, warum Rosberg plötzlich langsamer wurde. Allerdings widerspricht Hamilton damit Wolff, der behauptet, dass Rosberg schon beim Start in einem falschen Modus unterwegs gewesen sei.

Unklar bleibt außerdem, ob es auch ohne Rosbergs Leistungsverlust zu dem Unfall gekommen wäre. Lediglich in einem Punkt scheinen sich alle Beteiligten einig zu sein: Solche Vorfälle dürfen in Zukunft nicht mehr passieren. In der WM ist Hamilton nach seinem ersten Ausfall des Jahres hinter Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen auf Rang drei zurückgefallen. In der Konstrukteurs-Wertung ist der Vorsprung auf die Scuderia auf 48 Punkte geschrumpft.

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