• 01. Mai 2016 · 18:39 Uhr

Kwjat im Kreuzfeuer: Mit einer Aktion vier Rennen zerstört

Daniil Kwjat muss für seinen Startcrash viel Kritik einstecken: Während Niki Lauda von "umbringen" spricht, schüttelt auch Teamkollege Daniel Ricciardo den Kopf

(Motorsport-Total.com) - Wurde Daniil Kwjat für sein optimistisches Manöver gegen Sebastian Vettel in der ersten Kurve in China noch gefeiert, so muss der junge Russe für den Start bei seinem Heimrennen in Sotschi viel Schelte einstecken. Der Red-Bull-Pilot torpedierte den Ferrari bei der Anfahrt auf Kurve 2 und gab ihm eine Kurve später mit einem zweiten Schubser den Rest. Vettel regte sich - diesmal zurecht - auf, und Kwjat musste beim Betrachten der Bilder später seine Schuld einsehen.

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Kwjat, Vettel, Ricciardo, Perez: In den Startcrash wurden vier Fahrer verwickelt Zoom Download

"Das ganze Chaos wurde von mir ausgelöst", gibt Kwjat gegenüber 'Sky Sports F1' zu. Neben ihm und Vettel war auch das Rennen von Teamkollege Daniel Ricciardo und von Sergio Perez dadurch beeinträchtigt. "Manchmal passieren solche Dinge, aber bei mir ist es vermutlich die chaotischste erste Runde meiner Karriere. Normalerweise lerne ich daraus, und beim nächsten Mal sollte es wieder in Ordnung sein", so der Russe weiter. "Ich entschuldige mich bei allen Beteiligten. Wir werden daraus lernen."

Kwjat hatte in der ersten Kurve die Räder blockiert und sei deswegen auf Vettel aufgefahren, wie er sagt. "Der erste Kontakt ist daraus entstanden, beim zweiten war ich einfach hinter ihm und konnte nicht sehen, was vor mir passiert ist", versucht sich der Red-Bull-Pilot in weiteren Erklärungen. "Er ist einfach stark langsamer geworden und ich hatte keine Zeit zu reagieren."

Die Rennleitung sah ebenfalls die Schuld bei Kwjat und drückte ihm eine Stop-and-Go-Strafe von zehn Sekunden auf, die er an der Box absitzen musste. Zudem bekam der Russe drei Strafpunkte auf seine Lizenz gedrückt. Die Strafe war hart, aber für viele noch nicht hart genug: "Normalerweise hätte man ihm eine Strafe für das nächste Rennen geben müssen. Jetzt konnte er von hinten eh nichts mehr ausrichten, und er hat das Rennen von Sebastian ruiniert", merkt Ex-Pilot Timo Glock gegenüber 'RTL' an.

Lauda: "Wäre ich Vettel, ich würde ihn umbringen"

Auch die Laune von Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene konnte die Sanktion gegen Kwjat nicht heben: "Er hat ihn zweimal erwischt. Einmal kann man noch akzeptieren, zweimal nicht. Er wurde bestraft, aber es ist trotzdem nicht akzeptabel", ist der Italiener sauer. Sebastian Vettel nützte diese Strafe nämlich überhaupt nichts. Stattdessen gab es für den Heppenheimer wieder einmal null Punkte.

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Vettel und Kwjat haben nach China erneut Redebedarf Zoom Download

Selbst die Konkurrenz hat Mitleid mit dem Pech des Deutschen. "Wenn ich Vettel wäre, ich würde ihn umbringen", nimmt Mercedes' Aufsichtsratsvorsitzender Niki Lauda gegenüber 'Sky' kein Blatt vor den Mund. Der Österreicher hat überhaupt kein Verständnis für die Fahrweise von Kwjat: "Fürchterlich. Er kann nicht vor lauter Blödheit da überall drauf fahren. Vettel macht alles richtig und Kwjat knallt ihm einfach voll hinten drauf. Blöder und ärgerlicher kann man das nicht machen", schüttelt er den Kopf.

Kwjat selbst hat schon damit gerechnet, dass solche Aussagen nach seinem Fauxpas auf ihn einprasseln werden: "Es ist einfach, mich jetzt zu attackieren, und ich denke, dass viele das auch tun werden, aber das ist für mich okay", sagt er. Zumindest gab es Rückendeckung von seinem Teamchef Christian Horner, der betont, dass es eigentlich gar nicht die Art seines Schützlings sei: "Dany war zuvor noch nie in so einen Zwischenfall involviert. Ich bin sicher, dass er daraus lernen wird", stellt er sich vor den Russen.

Red Bull durch Kollision doppelt bestraft

Dabei hätte der Brite durchaus Grund, sauer zu sein, denn mit der Aktion war das Rennen für das komplette Red-Bull-Team gelaufen. Beim ersten Schubser gegen Vettel erwischte Kwjat nämlich auch indirekt Teamkollege Daniel Ricciardo, der ebenfalls in der ersten Runde an die Box kommen musste, um den Schaden an seinem Auto zu reparieren. "Leider wurde unser Rennen in der ersten Kurve komplett zerstört", hadert Horner. "Dany hat einfach seinen Bremspunkt komplett falsch eingeschätzt, und er hat auch Daniel dabei getroffen. Beide Frontflügel waren weg und die Autos stark beschädigt. Dadurch haben wir keine Punkte geholt - und auch Sebastians Rennen war hinüber."


Fotostrecke: Der Vettel/Kwjat-Crash in Sotschi

Übrigens: Teamkollege Daniel Ricciardo erzählte man am Funk, dass es die Schuld von Vettel gewesen sei, der in ihn hineingefahren war. Doch an der Story hatte der Australier seine Zweifel: "Ich habe Seb in mich fahren sehen, aber ich wusste, dass es nicht seine Schuld war, weil es nicht natürlich war, wie er mich getroffen hatte." Während der Safety-Car-Phase sah er dann eine Wiederholung des Vorfalls auf einem Bildschirm, "und es sah nach Dany aus. Es ist frustrierend", seufzt Ricciardo, der auf Rang elf einlief.

Was seinen Teamkollegen bei der Attacke geritten habe, kann er absolut nicht nachvollziehen: "Ich war in der Mitte, Seb war inne, Perez war außen. Wir drei haben die Kurve 1 ziemlich blockiert, ich weiß also nicht wo Daniil hinwollte", äußert er sein Unverständnis. "Ich weiß nicht, was er vorhatte. Es gab keinen Raum." Teamchef Horner glaubt, dass Kwjat beim Heimspiel zu schnell zu viel wollte, doch das ist für Lauda keine Ausrede: "Ich weiß nicht, was in den gefahren ist - in Russland vielleicht hochmotiviert, aber so kann man nicht Autorennen fahren."

Kwjat möchte sich bei Vettel entschuldigen

Das weiß Kwjat auch selbst und möchte sich noch persönlich bei Vettel entschuldigen. Der Heppenheimer war zuvor schon während des Rennens zu seinem Ex-Teamchef Horner gegangen, "um Hallo zu sagen", wie der Brite meint. "Aber ich konnte nicht mehr tun, als mich entschuldigen." Zuvor war Vettel schon sichtlich sauer aus seinem Auto gestiegen, hatte über Funk mehrfach geflucht und sich mächtig über Kwjat aufgeregt.

"Er war ganz und gar nicht glücklich. Er ist ausgerastet! Aber das ist natürlich verständlich", meint sein Teamchef Maurizio Arrivabene. "Es war das zweite Mal, dass er ausgeschieden ist, ohne selbst etwas dafür zu können. Er ist ein viermaliger Weltmeister und er möchte noch mehr gewinnen, das liegt in seinem Charakter. Daher ist das nachvollziehbar. Wir haben anschließend darüber gesprochen, und da war er dann schon etwas ruhiger. Aber ruhig bedeutet natürlich nicht glücklich..."

Doch irgendwas ändern kann er am Ausgang des Großen Preises von Russland nicht mehr. Durch das zweite Aus im vierten Rennen geht Vettel bereits mit einer Hypothek von 77 Punkten auf WM-Spitzenreiter Nico Rosberg in den fünften Saisonlauf. "Das musst du abhaken und dich schon wieder auf das nächste Rennen vorbereiten. Es bringt sonst alles nichts", meint Timo Glock. Das dürfte auch für die anderen Beteiligten gelten, denn mit einem Schlag (oder eher zwei) hat Kwjat gleich vier Rennen versaut.

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