Ricciardo: Mit Aero-Frisur an Ferrari vorbei in Startreihe eins
Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo gelingt mit Startplatz zwei die Überraschung im Qualifying zum Grand Prix von China - Im Rennen ist er nun auf Podiumkurs
(Motorsport-Total.com) - Vor dem Rennwochenende in Schanghai schämte sich Daniel Ricciardo in den sozialen Medien noch für den misslungen Haarschnitt, dem ihn ein Freund verpasste. Jetzt könnte die Frisur zu seinem Glücksbringer werden. Denn dem Red Bull-Piloten gelang es im Qualifying zum Grand Prix von China sich vor beide Ferraris auf Startplatz zwei zu schieben. Von dort aus soll ihm am Sonntag auch eine Podiumsplatzierung gelingen. Teamkollege Daniil Kwjat geht als Sechster ins Rennen.
© xpbimages.com
Daniel Ricciardo konnte Ferrari zeigen, wo der Red-Bull-Pilot die Locken hat Zoom Download
"Ein guter Tag", sagt Ricciardo und zeigt sein gewohnt breites Lächeln. "Das hätte ich vielleicht von einem Qualifying unter nassen Bedingungen erwartet. Aber das ich es im Trockenen geschafft habe, ist super. Jetzt müssen wir sehen, was wir morgen schaffen können."
Der erwartete Regen hatte nur das Training am Samstagmorgen beeinträchtigt. Das Qualifying konnte bereits wieder auf Slick-Reifen angegangen werden, wurde allerdings sowohl früh in Q1, wie auch spät in Q2 unterbrochen. Mit dem frühen Ausscheiden von Weltmeister Lewis Hamilton wurde eine Auslosung der Top 3 zwischen dessen Teamkollegen Nico Rosberg und dem Ferrari-Duo erwartet. Q3 versprach sogar lange eine Pole-Position für Kimi Räikkönen. Doch die Roten patzen auf ihren letzten Runden - Ricciardo nicht.
"Zu Beginn des Qualifyings hatte ich nicht das Gefühl, dass wir gut gestartet sind", erklärt der Australier. "Q1 wurde schon unterbrochen, aber auch von der Balance her schien es nicht, als könnten wir den Kampf um die vorderen Startreihen aufnehmen. In Q3 haben wir mehr Speed gefunden. Der Supersoft ist schwierig zu managen, der baut zum Ende der Runde sehr ab. Das haben wir immer besser verstanden und mit ein paar Einstellungen in Reifendruck und Frontflügel haben wir am Ende ein gutes Paket zusammenbekommen. Platz zwei ist ziemlich beeindruckend. Das haben wir nicht erwartet."
Die Uhr stoppte für Ricciardo am Ende bei 1:35.917 Minuten. Damit war er 0,515 Sekunden langsamer als Rosberg und nur knapp fünf Hundertstelsekunden schneller als Räikkönen. "Wo in aller Welt kam das her", wundert sich selbst sein Teamchef Christian Horner. "Ich bin ehrlich gesagt recht geschockt. Hier in die erste Startreihe zu kommen, ist eine beeindruckende Leistung. Er wurde einfach immer schneller und schneller. Der Wind wurde zum Ende des Qualifyings stärker und das machte es eigentlich schwieriger. Aber er hat es einfach gerockt."
Nicht ganz so rund lief es für Kwjat. Er landete mit einer Zeit von 1:36.399 Minuten auf Startplatz sechs und kam nur auf 0, 105 Sekunden an den Williams von Valtteri Bottas ran. "Ich bin ehrlich gesagt recht zufrieden, das ist schon okay so", meint der Russe jedoch. "Wir konnten wenigstens einen Rhythmus finden. Meine letzte Runde bin ich auf angefahrenen Supersofts gefahren, das hat eine Rolle gespielt. Und die Bedingungen hier können alles durcheinander würfeln. Deswegen ist es alles im allem nicht so schlecht."
Verpokerte Kwjat Startreihe zwei?
"Ich habe in Kurve 12 einen kleinen Fehler gemacht, sonst wäre es vielleicht Platz vier geworden", so Kwjat weiter. "Ich weiß nicht, wo wir mit einem frischen Satz Reifen gelandet wären, das hätte auf jeden Fall noch ein paar Zehntelsekunden gebracht. Wir haben da nun einmal gepokert und es hat sich nicht ganz ausgezahlt. Vier Zehntel weniger haben Daniel auf Rang zwei gebracht - die machen in der Startaufstellung also schon einen großen Unterschied."
Dass Red Bull aber überhaupt mit Williams konkurriert und nun sogar Ferrari herausfordern kann, wurde vor der Saison kaum erwartet - schon gar nicht auf einer Strecke, die dem RB12 mit als 'TAG Heuer' bezeichneten Renault-Motor eigentlich nicht entgegen kommen dürfte. "Die Saison hat gerade erst begonnen", mahnt Ricciardo, "aber wir haben unsere Erwartungen schon übertroffen und das Maximum aus unserem Auto herausholen können. Ich habe hier schon einmal in der ersten Reihe gestanden, aber das war unter nassen Bedingungen. Da sind wir immer etwas stärker. Das im Trockenen zu schaffen ist auch ein Zeugnis davon, was wir seit Ende 2015 erreicht haben."
Hinter dem Rennen steht erneut das große Reifen-Fragezeichen. "Rosberg hat sich natürlich für eine andere Reifenstrategie entscheiden", so Horner über den Polesetter, der auf weichen Reifen in Q3 rutschte und damit als einziger der Top 10 einen längeren ersten Stint fahren kann. "Aber wir sind wenigstens von Beginn an vorne dabei. Wir wissen, wo unsere Schwächen liegen, aber wir sehen die Startampeln zum ersten Mal in langer Zeit wieder aus der ersten Startreihe, da werden wir alles geben."
Auch in der Rennsimulation konnte Red Bull am Freitag unmittelbar hinter Mercedes und Ferrari landen. Die schwer vorherzusehenden Bedingungen bereiten dem Team dennoch Kopfzerbrechen. "Im Vergleich zu gestern hat sich die Balance sehr verändert", so Ricciardo. "Es wird als darauf ankommen, ob die Bedingungen morgen so bleiben wie heute, oder wieder wie Freitag sein werden. Das wird wahrscheinlich ausschlaggebend dafür sein, wo wir morgen landen - wie die Streckentemperaturen ausfallen werden und wie sehr die Vorderreifen abbauen. Hoffentlich wird es uns entgegen kommen."
Dann will sich Ricciardo nicht nur vor der direkten Konkurrenz von Williams platzieren. "Das muss unser Mindestziel sein", so der Australier. "Ich würde gerne mit Ferrari ums Podium kämpfen. Wenn man aus der ersten Reihe startet ist es schwierig, nicht mit dem Podium zu rechnen - das ist auf jeden Fall das Ziel. Realistisch betrachtet müsste Ferrari die bessere Renn-Pace haben, das haben sie in den ersten beiden Rennen gezeigt. Aber wir konnten uns ja schon heute vor sie setzten - wer sagt, dass uns das nicht auch morgen gelingen kann?"
Vielleicht helfen ihm auch dabei die abrasierten Seiten seiner schnittigen Frisur. "Nico (Rosberg; Anm. d. Red.) hat auch bereits gemeint, er müsste das vielleicht auch mal ausprobieren. Es ist sehr aerodynamisch auf der Geraden", scherzt Ricciardo. Und Horner legt noch einen drauf: "Wir haben schon den Witz gemacht, dass wenn er das Rennen gewinnen sollte, er die Frisur das ganze Jahr über tragen muss. Dafür wird ihn seine Mutter allerdings umbringen."