Melbourne keine Eintagsfliege: Haas kann's auch ohne Glück
Mit dem fünften Rang in Bahrain hat das Haas-Team bewiesen, dass man aus eigener Kraft punktefähig ist: Grosjean jubelt erneut, doch Gutierrez wieder ausgebremst
(Motorsport-Total.com) - Nach dem Traumdebüt von Melbourne hatten viele den sechsten Platz von Romain Grosjean als spektakulären, aber auch als glücklichen Treffer gesehen, doch in Bahrain hat das Haas-Team mit Rang fünf bewiesen, dass der starke Auftakt in der Formel 1 keine Eintagsfliege gewesen ist: "Rang sechs in Australien kam glücklich zustande, aber Rang fünf heute in einem relativ normalen Rennen ist verrückt", jubelt Grosjean über den zweiten Erfolg im zweiten Saisonrennen.
Schon in der Qualifikation hatte sich angedeutet, dass Haas auch in Sachir auf Punktejagd gehen könnte, doch das Rennen übertraf die Erwartungen der Amerikaner sogar noch einmal. Mit einem guten Start bissen sich Grosjean und Teamkollege Esteban Gutierrez im vorderen Feld fest, und mit einer aggressiven Reifenstrategie (dreimal Supersoft, einmal Soft) konnte sich Grosjean auch im weiteren Verlauf gut in Szene setzen.
"Es hat Spaß gemacht, Williams, Toro Rosso und Red Bull überholen zu können und ein paar gute Kämpfe zu haben", lacht der Franzose, der seinen Wechsel von Lotus zu Haas wohl kaum bereuen dürfte. Haas hat in Bahrain das maximal mögliche Ergebnis geholt und musste sich nur den beiden Mercedes, Kimi Räikkönens Ferrari und dem Red Bull von Daniel Ricciardo geschlagen geben. Dementsprechend groß war der Jubel am Funk nach der Zieldurchfahrt.
Team: "Position fünf, Romain. Großartiger Job! Großartiger Job!"
Grosjean: "Unglaublich, Leute! Das ist der amerikanische Traum! Das ist unglaublich! Was für ein toller Job von euch allen! Wir können uns noch um einige Plätze verbessern, aber was für ein Job! Ich liebe euch! Wunderbar!"
Team: "Grandiose Fahrt! Ein amerikanischer Traum, wohl wahr. Du hast einige überholt. Ein brillanter Job, das ganze Rennen über!"
Grosjean: "Ich liebe dieses Auto, ich liebe dieses Auto!"
Team: "Das Überholen war fantastisch. Wir haben es genossen."
Grosjean: "Ich habe Bremsen dieses Jahr, das hilft!"
Supersoft-Strategie geht auf
Die Stimmung beim Neueinsteiger scheint hervorragend zu sein. Wohl kaum einer hätte für möglich gehalten, dass Haas das Feld so aufmischen würde, doch die Realität beweist das. Und war Rang sechs in Melbourne noch einem glücklichen Strategieumstand geschuldet, so war das heutige Rennen vom amerikanischen Team perfekt kalkuliert: "Wir hatten eine sehr aggressive Reifenstrategie, aber wir wussten, dass der Supersoft für uns der beste Reifen war", erklärt Grosjean.
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Schon in der Qualifikation sei die Strategie genau darauf ausgelegt gewesen, weswegen der Franzose mit Rang neun perfekt zufrieden war. "Wir wollten wirklich drei Sätze Supersofts für das Rennen haben, und darauf basierte die Strategie", sagt er. "Ich hatte ein gutes Gefühl damit und ich mag das Management mit dem Abbau." Im Rennen überholte der ehemalige GP2-Meister dann Konkurrent um Konkurrent und fuhr so aus eigener Kraft auf Rang fünf. "Im Rennen wäre Vettel sicherlich vor uns gelandet, aber damit wären es zwei Mercedes, zwei Ferrari und ein Red Bull gewesen - mehr nicht", sagt er stolz.
18 Punkte hat Haas damit schon gesammelt und liegt damit deutlich über den eigenen Erwartungen, was auch Teamchef Günther Steiner freut: "Ich habe immer gesagt, dass wir nicht Letzter werden wollen - und ich glaube auch nicht, dass wir Letzter werden", kann er lachend verkünden. Doch dass es wohl nicht immer so weitergehen wird, das ist auch dem Team bewusst: "Wir müssen realistisch bleiben. Es wird auch Tage geben, die ein wenig härter sind", sagt Grosjean.
Gutierrez von den Bremsen besiegt
Das muss man auch bei Haas schon erfahren, denn Esteban Gutierrez blieb erneut ohne Punkte. Der Mexikaner fuhr auf Augenhöhe mit seinem Teamkollegen, als er plötzlich seinen Boliden in der Garage parken musste: Eine Bremsscheibe war kaputtgegangen. "Ich kann nicht viel dazu sagen", seufzt Gutierrez. "Wir hatten einen fantastischen Start und haben viele Positionen gutgemacht. Danach habe ich Reifen und Benzin gemanagt und alles lief gut, aber leider hatten wir das Problem, weswegen wir nicht weitermachen konnten."
Warum die Bremsscheibe ihren Dienst versagt hat, gilt es laut ihm noch zu untersuchen, doch Fakt ist, dass er damit erneut im Schatten seines erfolgreichen Teamkollegen steht. Von Neid will er allerdings nichts wissen: "Ich betrachte es eher danach, was ich getan habe", sagt er und sieht das Positive: "Es ist natürlich sehr gut zu wissen, dass das Team einen guten Job leistet. Ich war knapp hinter meinem Teamkollegen, von daher war die Ausgangslage eigentlich ziemlich gut. Ich werde weiterkämpfen, davon hält mich nichts ab. Ich habe heute bewiesen, dass die Pace da ist."
In zwei Wochen in China kann das amerikanische Team das nächste Kapitel im Traumtagebuch schreiben. Grosjean muss sich manchmal schon selbst kneifen, um das Erreichte zu realisieren. Der Auftakt ist aus Teamsicht definitiv mehr als geglückt, doch das soll noch nicht das Ende sein, wie Grosjean meint: "Es steckt viel Potenzial im Auto, das wir noch freischalten müssen, und das Setup ist noch ziemlich roh", macht er eine Kampfansage an die Konkurrenz. Die dürfte nun endgültig gewarnt sein.