• 16. November 2015 · 08:27 Uhr

Hamilton und Co. frustriert: Überholen in Brasilien unmöglich?

Lewis Hamilton erklärt, dass er in Interlagos am Sonntag nie eine Chance gehabt habe, an Nico Rosberg vorbeizugehen - Keine echten Überholmanöver an der Spitze

(Motorsport-Total.com) - Der Große Preis von Brasilien 2015 wird den Zuschauern nicht gerade als Spektakel in Erinnerung bleiben. An der Spitze kam es lediglich durch Boxenstopps zu vereinzelten Positionsverschiebungen, auf echte Überholmanöver warteten die Fans allerdings während der gesamten 71 Runden vergeblich (zum Rennbericht). Auch weiter hinten im Feld erfolgten die meisten Überholmanöver mit Hilfe von DRS vor Kurve 1. Daher stellt sich die Frage: Kann man in Interlagos einfach nicht überholen?

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Nico Rosberg hatte Lewis Hamilton während der gesamten 71 Runden im Griff Zoom Download

"Ich liebe diese Strecke, es ist so ein großartiger Kurs. Aber leider ist das Überholen hier sehr schwierig", berichtet Lewis Hamilton und erklärt: "Wenn du bis auf eine Sekunde herankommst, dann verlierst du Abtrieb und es gibt keine Möglichkeit, noch näher heranzukommen. Außerdem ist die DRS-Zone vielleicht zu kurz. Wenn sie den Unterschied machen soll, dann ist sie eigentlich nicht lang genug."

Der neue Weltmeister ist frustriert. Nachdem er bereits beim vergangenen Rennen in Mexiko keinen Weg an Nico Rosberg vorbei fand, ereilte ihn in Brasilien das gleiche Schicksal. "Ich denke, dass es für die Fans wahrscheinlich nicht so aufregend ist", erklärt der Brite, der den Großen Preis der USA in Austin als "das letzte anständige Rennen" bezeichnet. Dort gab es bei schwierigen Bedingungen mehrere Überholmanöver und am Ende siegte Hamilton vor Rosberg.

"In manchen Rennen kannst du (dem Auto vor dir; Anm. d. Red.) folgen, wodurch es gutes Racing gibt", hält der Mercedes-Pilot daher fest, der allerdings trotzdem der Meinung ist, dass sich in dieser Hinsicht etwas ändern müsse. "Letztendlich ist es egal, was wir dazu sagen", erklärt er allerdings. Die Fahrer könnten in dieser Frage nicht viel ändern, solche Entscheidungen müssten von den Formel-1-Bossen getroffen werden.

Rosberg: "War einfach schneller!"

Nico Rosberg hat derweil eine ganz einfache Erklärung dafür, warum sein Teamkollege ihn am Sonntag nicht überholen konnte. "Vorne hatte ich heute eine bessere Pace als Lewis. Natürlich kommt er dann nicht an mir vorbei, denn am Ende des Rennens lag ich sechs Sekunden vor ihm", erklärt der Deutsche und ergänzt: "Ich weiß nicht, wie es dahinter aussah, aber natürlich ist das Überholen in der Formel 1 schwierig."


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"Darum wurde das DRS eingeführt und dadurch haben wir wirklich einen großen Fortschritt erzielt", so Rosberg, der seinem Teamkollegen allerdings in der Hinsicht zustimmt, dass man sich in diesem Punkt noch weiter verbessern kann. "Ich denke, dass es auf dem Papier eine der einfachsten Strecken zum Überholen ist", erklärt Sebastian Vettel derweil und widerspricht Hamilton damit komplett.

"Ich liebe diese Strecke, es ist so ein großartiger Kurs. Aber leider ist das Überholen hier sehr schwierig."Lewis Hamilton
Trotzdem ist auch der Deutsche der Meinung, dass die Autos mehr mechanischen Grip brauchen, um anderen Boliden besser folgen zu können. "Ich denke, dass wir bessere Reifen brauchen, mit denen wir schneller fahren können", sagt Vettel weiter und erklärt: "Fahrer wollen schneller sein. Ich denke also, dass die Lösung sehr einfach ist. Leider ist der Sport sehr politisch und es gibt Interessen von unterschiedlichen Personen."

Überholen nur mit DRS möglich?

Um in dieser Hinsicht Fortschritte zu machen, müssten sich zunächst einmal die Teams einigen. Vettel weiter: "Leider sitzen die Leute, die im wahrsten Sinne dafür bezahlen, auf den Tribünen. Wir wären gerne schneller und ich denke, dass sie das doch wollen, damit es aufregender ist. Allerdings gab es vor zehn oder 20 Jahren auch nicht viel mehr Überholmanöver in den Rennen. Der momentane Zustand ist also kein Desaster."

Tatsächlich sahen die Fans auf der Start- und Zielgeraden durchaus einige (DRS unterstützte) Überholmanöver. Doch selbst dort war es nicht für alle einfach. Daniil Kwjat berichtet: "Ich fuhr die ganze Zeit hinter Hülkenberg und es war ziemlich schwierig, eine Stelle zum Überholen zu finden. Wir hingen hinter ihm fest und versuchten zu attackieren, aber auf der Geraden kontrollierten sie uns."

"Überholen ist in Kurve 1 möglich, aber danach wird es schwierig."Daniel Ricciardo
"Es war also nicht einfach. Ich kam mehrfach ins DRS-Fenster, aber das hat nicht wirklich geholfen", so der Red-Bull-Pilot, der dem Mercedes-Antrieb im Heck des Force India mit seinem Renault-Motor einfach nicht gewachsen war. "Überholen ist in Kurve 1 möglich, aber danach wird es schwierig. Für uns ist es natürlich ohnehin schwierig", weiß auch Daniel Ricciardo, der am Sonntag von ganz weit hinten starten musste.

Verstappen macht's vor

Und so wurde Max Verstappen wieder einmal zum heimlichen Helden des Rennens. Der gerade einmal 18-jährige Toro-Rosso-Pilot bewies den "alten Hasen", dass Überholen in Interlagos durchaus möglich ist. In Runde 33 lieferte er sich im Senna-S einen harten Kampf mit Force-India-Pilot Sergio Perez, den er am Ende für sich entscheiden konnte. "Ich habe einfach den richtigen Moment abgewartet", berichtet der Rookie.

"Auf den Geraden hatte ich keine Chance. Dann habe ich bemerkt, das Checo mit seinen Reifen Probleme bekam und habe meine ein bisschen mehr gepusht. Damit nutzt man sie natürlich ein wenig mehr ab, aber ich hatte einen guten Ausgang aus der letzten Kurve, konnte beim anbremsen dann nah rankommen und habe es dann außen versucht", schildert Verstappen das Manöver, für das er anschließend von vielen Experten gefeiert wurde.

"Er geht immer viel kontrolliertes Risiko ein und überholt in den Kurven, nicht auf den Geraden, wie andere Fahrer."Franz Tost über Max Verstappen
"Ich muss sagen, dass Max' Überholmanöver mal wieder einzigartig waren", jubelt auch sein Teamchef Franz Tost und erklärt: "Er geht immer viel kontrolliertes Risiko ein und überholt in den Kurven, nicht auf den Geraden, wie andere Fahrer." Verstappens Mut wurde auch dieses Mal wieder mit zwei WM-Punkten belohnt. Gerade auf Strecken wie Interlagos zahlt sich so ein "kontrolliertes Risiko" eben aus.
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