Geteiltes Echo in Mexiko: Schleichfahrt in der Geisterbahn
Während der Stadionbereich und die Fans für Gänsehaut sorgen, vermissen einige Piloten die schnellen Passagen, die sie an Suzuka oder Silverstone so lieben
(Motorsport-Total.com) - Die neuen Grand-Prix-Kurse im Kalender fanden bei den Formel-1-Fahrern in der Vergangenheit nicht immer Anklang: Der gigantische Parkplatz in Valencias Yachthafen oder die zuschauerfreie Einöde des indischen Noida waren solche Negativbeispiele. Geht es um das umgebaute Autodromo Hermanos Rodriguez in Mexiko-Stadt, sind die Meinungen nach dem ersten Trainingstag gespalten: Der spektakuläre Stadionbereich gefällt allen Piloten, der fehlende "Flow" in vermeintlich schnellen Kurven nicht.
Nico Rosberg erinnert die Strecke an eine Kartbahn aus Jugendtagen - wegen ihrer "sehr engen Kurven". Was der Mercedes-Star immerhin "in Ordnung" findet, schmeckt Max Verstappen nicht. Der 18-Jährige, der noch vor rund 24 Monaten hauptberuflich im Kart saß, beklagt: "Generell ist die Strecke sehr langsam, was wirklich schade ist. Es ist noch nicht so herausfordernd." Besserung könnte in Sicht sein, sobald mehr Gummi auf dem Asphalt liegt und das Gripniveau wie erwartet steigt.
Durch den Parcours gekitzelt fühlt sich Nico Hülkenberg aber allemal. "Die Herausforderung ist groß. Fehler sind schnell gemacht", sagt der Deutsche. Sein Teamboss Vijay Mallya hat mehr ein Auge auf das Geschehen abseits des Asphalts geworfen, wenn er von den mexikanischen Fans und mittelamerikanischer Kulinarik schwärmt: "Ich muss vor den Organisatoren meinen Hut ziehen wegen des fantastischen Jobs, den sie hier abliefern. Ich liebe Mexiko. Das Land hat sehr viele Gemeinsamkeiten mit Indien - die Leidenschaft, die Freundlichkeit der Leute und ihre Vorliebe für Gewürze."
Mindestens das Prädikat "scharf" hat die Stimmung in dem 30.000 Zuschauer fassenden "Stadion" verdient, indem am Freitag besonders Lokalmatador Sergio Perez frenetisch beklatscht wurde - auch wenn die Aktiven unter dem Helm wenig mitbekamen. "Ich habe nur auf der Aufwärmrunde darauf geachtet. Es ist ein tolles Gefühl, da durchzufahren, wenn die Menschen jubeln", so Nico Rosberg. "Die zwei Stadien sind gigantisch. Es erinnert an das Motodrom in Hockenheim, obwohl es noch enger ist."
Fotostrecke: Neue Formel-1-Strecken seit 2000
24.09.2000: Grand Prix der USA in Indianapolis. Das erste Premierenrennen der Formel 1 nach der Jahrtausendwende ist eigentlich keines. Einen Großen Preis der USA hatten schon mehrere Rennstrecken ausgerichtet, und zwischen 1950 und 1960 zählte das Indianapolis 500 zur Formel 1. Doch 2000 gingen die Piloten erstmals auf der 4,129 Kilometer langen Strecke an den Start, die das berühmte Oval mit einem Straßenkurs verbindet. Fotostrecke
Ferrari-Star Sebastian Vettel vergleicht das "tolle Gefühl" mit einer XXL-Version des Marina-Bay-Street-Circuit in Singapur. Auch Daniel Ricciardo (Red Bull) findet den Abschnitt "ziemlich cool" und beschreibt die Einfahrt als Blick "auf eine Wand voll mit Zuschauern". Überhaupt geben die Mexikaner mit ihrer Begeisterung ein Bild ab, das besonders in den neuen Formel-1-Ländern häufig vermisst wird. "Es war toll zu sehen, dass schon am Freitag so viele Zuschauer hier sind", schwärmt Vettel unisono mit Weltmeister Lewis Hamilton.
Dennoch bedeutet Mexiko-Stadt auf 2.285 Metern über Normalnull eine besondere Belastung für Mensch und Maschine. "Hier ist dünne Luft, weil wir so hoch sind, dadurch ist das ganze Auto ein bisschen heiß. Wenn das Auto steht, steigen die Temperaturen", erklärt Rosberg, der am Volant auch körperlich mehr zu leisten hat. "Ein bisschen spüre ich es schon, aber es geht. Der Puls geht ein bisschen höher als normal, das ist klar", so der amtierende Vizeweltmeister weiter.