Der Bottas-Abflug erklärt: Zauberwort Strömungsabriss
Wieso der Williams-Pilot unverschuldet die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor und sich die Truppe kaum Hoffnungen auf den Grand-Prix-Sieg macht
(Motorsport-Total.com) - Dass Williams an diesem Wochenende als Titelverteidiger in den Mexiko-Grand-Prix geht, ist den wenigsten im Fahrerlager bewusst: Vor 23 Jahren war es Nigel Mansell, der 1992 das bis dato letzte Rennen auf dem Autodromo Hermanos Rodriguez für sich und die Truppe aus Grove entschied. Das Freie Training am Freitag hatte für Williams wenig von dem Glanz dieser Tage, denn Valtteri Bottas (7.) und Felipe Massa (10.) kamen zeitenmäßig nicht an die Spitze heran - dafür sorgte der Finne für einen Knall.
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Valtteri Bottas kam wie durch ein Wunder nur mit einer lädierten Nase davon Zoom Download
Zu Beginn der zweiten Session verlor Bottas mit scheinbar blockierender Hinterachse am harten Bremspunkt nach der langen Start- und Zielgeraden die Kontrolle über sein Auto - obwohl er gut positioniert und komplett auf der Asphaltfläche verzögerte. Glück im Unglück, dass nur ein Frontflügel zu Bruch ging. Wie im Anschluss bekannt wurde, heißt das Zauberwort der Szene "Rear Wing Stall". Das Phänomen war wohl schon für den Abflug des Carlos Sainz in Sotschi verantwortlich.
Bottas war im Cockpit völlig perplex als der FW37 plötzlich tat, was er wollte. "Es kam urplötzlich beim Bremsen. Es hat mich sehr überrascht. Ich wusste erst nicht, ob die Bremsen versagt hatten", wundert er sich. Denn ereignet sich ein solcher Strömungsabriss, fühlt es sich für den Piloten an, als sei das DRS noch geöffnet. Verantwortlich ist ein Anstellwinkel eines Teils - in diesem Fall der Heckflügel -, der über einem für das jeweilige Profil charakteristischen Wert liegt. Die Luft staut sich.
Sobald der Luftstrom etwa durch eine Beschädigung ununterbrochen wird, erhöht sich schlagartig der Luftwiderstand massiv, doch der Wagen produziert im Umkehrschluss auch keinen Abtrieb mehr. Der Flügel bekommt plötzlich die Wirkung eines Bremsfallschirms, was für den Piloten unkontrollierbar ist. Für die Theorie spricht, dass die Sache mit einem Ersatzteil erledigt war: "Wir haben den Heckflügel getauscht und von da an lief alles gut", sagt Bottas. Entwarnung im Williams-Lager also.
Geht es nicht gerade um den Unfall, bezeichnen die Piloten und Chefingenieur Rob Smedley den Auftakt als zufriedenstellend und vernünftig - obwohl sie noch im Vorfeld die Befürchtung geäußert hatten, dass die Höhenlage auf 2.285 Metern über Normalnull mit dem dadurch fälligen Monaco-Abtriebspaket altbekannte Probleme wieder akut machen könnte.
Teamchefin Claire Williams macht sich dennoch keine Hoffnungen, an den Mansell-Triumph anzuknüpfen. "Ich war 14 Jahre als das Rennen stattfand und kann mich erinnern - aber sicher habe ich es gesehen", überlegt die Tochter des Teamgründers Frank, die weiß, dass andere Mannschaften die Spitze okkupiert haben: "Es geht für uns um Konsolidierung. Wir arbeiten mit der Hälfte von dem Geld, das die großen Teams zur Verfügung haben", so Williams.