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Vettel kritisiert Pirelli: "Dann knalle ich mit 300 in die Wand!"
Sebastian Vettel schießt nach seinem Reifenplatzer gegen Pirelli - Bereits am Freitag erwischte es Nico Rosberg - Paul Hembery sieht allerdings keine Verbindung
(Motorsport-Total.com) - Deutliche Worte von Sebastian Vettel: Nachdem der Deutsche in Spa eine Runde vor Rennende einen kapitalen Reifenplatzer erlebte (zum Rennbericht), schießt der viermalige Champion massiv gegen Hersteller Pirelli. "Wenn es 200 Meter früher passiert, dann knalle ich mit 300 in die Wand", wettert Vettel bei 'RTL'. Auf der Kemmel-Straight war der rechte Hinterreifen an seinem Ferrari geplatzt - nur wenige Meter nach der berühmten Eau Rouge.
"Es ist heftig. Er hat riesiges Glück gehabt", erklärt auch Nico Rosberg, der am Freitag selbst nach einem Reifenplatzer - ebenfalls hinten rechts - in die Reifenstapel gekracht war. "Wir haben beide an diesem Wochenende sehr großes Glück gehabt. So etwas darf nicht passieren, dass die Reifen ohne Vorwarnung einfach platzen. Es bringt nichts, nun irgendjemandem die Schuld zu geben", so der Mercedes-Pilot.
Vettel sieht das ganz anders. Er nimmt Pirelli in die Pflicht: "Ich glaube, das muss mal gesagt werden: Die Qualität der Reifen ist miserabel! Das kann nicht sein! Es geht jetzt schon Jahre so und ich weiß nicht, worauf wir warten." Dem Deutschen ist sein Ärger über die Situation anzumerken. "Ich muss jetzt aufpassen, was ich sage...", erklärt Vettel, der hinter den Kulissen wohl noch deutlich klarere Worte finden wird. "Es gab zweimal das Problem am Wochenende - beide Male unangekündigt", ärgert er sich.
Pirelli wehrt sich
Pirelli ist seit der Saison 2011 alleiniger Reifenausrüster der Formel 1. Seitdem stehen die Italiener immer wieder in der Kritik. Negativer Höhepunkt: 2013 in Silverstone kommt es zu mehreren kapitalen Reifenschäden, viele Fahrer fürchten um ihre Sicherheit. Zuletzt war es allerdings recht ruhig geworden, die Pneus schienen seit der Saison 2014 kaum noch für Probleme zu sorgen - bis zu diesem Wochenende.
Bei Pirelli selbst möchte man sich den Schwarzen Peter allerdings nicht zuschieben lassen. "Es war ein Zwei- oder Dreistopprennen und kein Einstopprennen", wehrt sich Motorsportdirektor Paul Hembery bei 'Sky'. Fakt ist: Vettel war der einzige Pilot im Feld, der das Rennen mit nur einem Stopp beenden wollte. Alle anderen Piloten steuerten die Box mindestens zweimal an (zu den Reifenstrategien).
"Sie haben es versucht, aber dieses Risiko hat sich nicht ausgezahlt", erklärt Hembery. "Der Reifen war einfach am Ende, deshalb haben alle anderen zwei oder drei Stopps gemacht. Manchmal funktionieren diese Sachen und dann sind sie genial und alles ist fantastisch. In diesem Fall sind sie aber leider etwas zu weit gegangen", lautet sein Urteil.
Ferrari zu aggressiv?
Vettel will das allerdings nicht hinnehmen. "Die Aussage von Pirelli war, dass der Reifen 40 Runden hält. Wir hatten - ich weiß es nicht - knapp 30 drauf. So etwas darf nicht passieren", verteidigt der Deutsche die Entscheidung seines Teams. Tatsächlich platzte sein Reifen bereits nach 28 Runden. Hembery bestätigt zwar die Aussage, dass der Medium-Reifen eigentlich 40 Runden halten sollte, trotzdem zeigt er sich "überrascht".
Fotostrecke: Fahrer über Spa: Lieblingskurs mit Seele
Lewis Hamilton (Mercedes): "Spa ist eine großartige Strecke, um in die zweite Saisonhälfte zu starten. Es ist einer der richtig tollen Old-School-Kurse mit einer reichhaltigen Geschichte. Die Strecke besitzt hauptsächlich mittelschnelle bis schnelle Kurven. Man muss das Gaspedal also für einen Großteil der Runde durchtreten und das macht wahnsinnig viel Spaß." Fotostrecke
"Bei Rennbedingungen kann sich das allerdings ändern. Es ist keine präzise Angabe", erklärt er jedoch und ergänzt, dass er den Teams vor dem Rennen ausdrücklich mindestens zwei Stopps empfohlen habe. Die Strecke in Spa sei "die aggressivste im ganzen Kalender", weshalb Ferraris Entscheidung schlicht und ergreifend zu riskant gewesen sei.
Keine Vorwarnung
"Die können ja nicht innerhalb von zwei Wochen mal eben neue Reifen bauen. Man muss das Problem verstehen und ein paar Sicherheitsvorkehrungen einbauen. Ich weiß nicht. Vielleicht kann man bei allen Autos die Heckkameras einschalten, sodass man es genau sieht. Oft gibt es vorher Signale, so wie bei mir. Eine halbe Runde vorher hatte man es schon sehen können", erinnert der Deutsche.
Bei Vettel war die Sachlage allerdings anders - sagt zumindest der Ferrari-Pilot selbst. Laut ihm gab es nämlich überhaupt keine Anzeichen dafür, dass der Reifen bereits am Ende seiner Lebensdauer angekommen war. "Wenn ein Reifen durch ist, dann sollte er Grip verlieren. Er rutscht dann herum, aber er sollte nicht platzen", wundert sich auch 'Sky'-Experte Marc Surer, der Vettels Ärger nachvollziehen kann.
Pirellis Hembery sieht allerdings keine Verbindung zwischen den Vorfällen bei Rosberg und Vettel. Während der Reifen am Ferrari schlicht und ergreifend das Ende seiner Lebensdauer erreicht habe, habe es sich bei Rosberg um eine "externe" Beschädigung gehandelt. Vettel glaubt jedoch nicht an diese Theorie und erklärt: "Ich glaube, Nico ist kein Idiot. Der weiß, wo er langfährt."
Vettel fordert Konsequenzen
"Wenn er sagt, dass er nirgendwo draufgefahren ist, dann muss man ihm das glauben. Bei mir war es genauso. Ich war nicht neben der Strecke, gar nichts! Und dann knallt völlig unangekündigt der Reifen in die Luft." Auch Lewis Hamilton erklärt: "Beide hatten das Glück, dass es an Stellen passiert ist, wo es glimpflich ausgegangen ist. So etwas sollte natürlich nicht passieren, denn als Fahrer musst du dich jederzeit voll auf das Material verlassen können."
"Man wird bestimmt daraus lernen können. In den vergangenen eineinhalb Jahren waren die Pneus eigentlich immer ziemlich gut", erinnert Hamilton. Vettel ist in seiner Wortwahl hingegen deutlich klarer und fordert: "Wir müssen schauen, dass wir daraus etwas lernen. Demnächst knallt einer in die Wand und dann stehen alle da und sagen: 'Oh, hätten wir...'"