Podium verschenkt: Red Bull in Belgien überraschend stark
Genau wie Daniil Kwjat hätte in Spa-Francorchamps auch Daniel Ricciardo im Finish auftrumpfen können - Helmut Marko stichelt weiterhin gegen Renault
(Motorsport-Total.com) - Red-Bull-Junior Daniil Kwjat hat nach seinem ersten Formel-1-Podium in Ungarn beim Grand Prix von Belgien erneut ein gutes Ergebnis erzielt und in Spa-Francorchamps den vierten Platz belegt. "Am Start war er ein bisschen zu viel in Rangeleien verwickelt. Aber nach dem ersten Boxenstopp ist er ein sensationelles Rennen gefahren", gibt's seltenes Lob von Motorsportkonsulent Helmut Marko.
Kwjat sammelte in den letzten beiden Rennen 30 Punkte - mehr als in den neun vorherigen Rennen zusammen (27). Der Russe gewann gleich am Start drei Positionen, musste aber später via Boxenfunk beruhigt werden, als er während der virtuellen Safety-Car-Phase nicht zum Reifenwechsel reingeholt wurde. Die Strategie ging hervorragend auf: Während die direkten Konkurrenten am Ende mit abgefahrenen Reifen zu kämpfen hatten, konnte Kwjat voll attackieren. "Das war eine sehr gute Entscheidung des Teams", lobt er.
"Wir haben unsere Strategie gut umgesetzt, sodass ich am Ende gute Überholmanöver zeigen konnte. So viel Adrenalin habe ich schon lange nicht mehr gespürt. Die Überholmanöver haben wirklich Spaß gemacht", freut sich der Russe. Kwjat hatte im Kampf gegen Sergio Perez und Felipe Massa nicht nur um sieben beziehungsweise sechs Runden frischere, sondern auch weichere Reifen. So konnte er beide überholen und dank des späten Vettel-Ausfalls Platz vier abstauben.
Das Manöver gegen Massa sei "unglaublich" gewesen: "Ich hatte heute jede Menge Adrenalin", sagt Kwjat, der sich trotzdem weiterhin mehr Renault-Power wünschen würde: "Wir sind einen Kompromiss eingegangen, um mit den Mercedes-Autos fighten zu können. Abgesehen von Mercedes selbst haben wir die meisten überholt. Da hat das Team gute Arbeit geleistet. Ich musste aber den Kurvenausgang immer gut erwischen, um an den anderen dranbleiben zu können, weil die so schnell waren."
Das Leistungsmanko lässt sich nicht wegdiskutieren, auch wenn Red Bull mit den jüngsten Updates den Rückstand zur Spitze verkürzt hat. Kam Kwjats Podium in Ungarn noch einigermaßen erwartet, so hatte auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke in Spa-Francorchamps kaum jemand damit gerechnet, dass der RB11 für die ersten drei Startreihen gut genug sein würde. Doch über weite Strecken des Wochenendes war er zweite oder dritte Kraft - auf Augenhöhe mit Ferrari.
Marko stellt aber gegenüber 'Motorsport-Total.com' klar: "Die Performance unserer Autos war so stark, nicht die Renault-Performance." Und zwar insbesondere mit dem eigentlich für Monza vorgesehenen Heckflügel, durch den der Topspeed auf den langen Volllaststücken im ersten und dritten Sektor trotz PS-Defizit vertretbar war. Dass die Zeiten im kurvenreichen zweiten Sektor trotzdem konkurrenzfähig waren, war der Schlüssel zum guten Abschneiden.
"Sobald wir den Monza-Flügel drauf hatten, war das Auto konkurrenzfähig, besonders im zweiten Sektor", analysiert Teamchef Christian Horner. "Dort waren wir das ganze Wochenende das zweitschnellste Auto. Wenn man bedenkt, dass uns dort Anpressdruck gefehlt hat, weil wir einen kleineren Flügel als unsere Gegner gefahren sind, dann beweist das, dass unser Chassis nicht so schlecht sein kann."
Zumal Daniel Ricciardo noch besser im Rennen lag als Kwjat. Als der Australier in der 20. Runde kurz vor Start und Ziel ausrollte, lag er an fünfter Stelle und trachtete gerade danach, Romain Grosjean anzugreifen, der später auf dem Podium landete. Teamkollege Kwjat fuhr zu diesem Zeitpunkt fast zehn Sekunden hinter ihm an siebter Stelle. "Daniel war auf der gleichen Strategie, lag aber weiter vorne. Ich glaube, er hätte um das Podium gekämpft", sagt Horner.
Marko spricht das noch deutlicher aus: "Klar ärgert's dich, wenn du ein Podium wegschmeißt." Und auch Ricciardo glaubt, dass einiges möglich gewesen wäre, denn: "Mit den harten Reifen hatte ich keine gute Balance. Wir hofften aber, mit den weichen Reifen einen guten letzten Stint fahren zu können." Genau wie Kwjat hätte Ricciardo spät auf weiche Reifen wechseln sollen - und hätte damit gegen Sebastian Vettel und Grosjean im Finish die spitzeren Waffen gehabt.
Die Ausfallursache ist übrigens noch nicht hundertprozentig geklärt: "Es sieht so aus, als hänge es mit der Energierückgewinnung zusammen", vermutet Horner das nächste Versagen auf Renault-Seite. Ricciardo selbst erklärt: "Ich hatte vor der Schikane plötzlich keinen Vortrieb mehr. Alles schaltete sich ab, inklusive der Anzeige am Lenkrad-Display. Sieht nach der Elektrik aus, aber wir warten erst die genaue Untersuchung ab."