• 23. August 2015 · 15:33 Uhr

Formel 1 Spa 2015: Hamilton siegt, Vettel tobt nach Ausfall

Sebastian Vettel tobt nach Reifenschaden in der vorletzten Runde beim Grand Prix von Belgien - Lewis Hamilton gewinnt vor Nico Rosberg und Überraschungsmann

(Motorsport-Total.com) - Lewis Hamilton sicherte sich den Sieg beim Grand Prix von Belgien (Formel 1 2015 live im Ticker). Der Mercedes-Fahrer lieferte im Rennen in Spa-Francorchamps eine ähnlich starke Leistung ab wie im Qualifying und feierte den 80. Podestplatz seiner Karriere. Damit zieht er in der ewigen Bestenliste mit seinem Vorbild Ayrton Senna gleich.

Für Hamilton gab es an einem ungewöhnlich unspektakulären Nachmittag in den Ardennen nur zwei Gefahrenpotenziale: erstens die erste Runde, in der er seine Führung vor Les Combes nur mit Mühe gegen Sergio Perez (Force India) verteidigen konnte, und zweitens der Regenschauer, der wenige Minuten vor Rennende 40 Kilometer von Spa-Francorchamps entfernt war. Aber am Ende setzte er sich sicher durch, zwei Sekunden vor Teamkollege Nico Rosberg und 37,9 vor Romain Grosjean (Lotus).

Der Druck, den Rosberg auf seinen WM-Rivalen (nach elf von 19 Rennen 28 Punkte Rückstand) ausüben konnte, war überschaubar. Aus der ersten Runde kam er nur als Fünfter zurück: "Ich habe den Start völlig versemmelt. Sehr ärgerlich." Und vielleicht eine Konsequenz des neuen Reglements am Start, das heute zum ersten Mal galt. Als Rosberg dann endlich Zweiter war und auf Hamilton Jagd machen konnte, hatte er schon bis zu 8,6 Sekunden Rückstand.

Daraus wurden nach dem ersten Boxenstopp nur noch gut drei, nach der virtuellen Safety-Car-Phase wegen des Ausfalls von Daniel Ricciardo (Red Bull, an fünfter Stelle liegend) sogar zwei. "Wie kann es sein, dass mir Nico da eine Sekunde abgenommen hat?", beschwerte sich Hamilton nach der Gelbphase. Aber das Mercedes-Team nahm Rosberg in Schutz: "Da war alles in Ordnung." Und Hamilton konnte sich in den nächsten Runden ohnehin wieder etwas absetzen.

"Jede Runde war wie im Qualifying", schildert Rosberg. "Ich habe wirklich alles gegeben, um Lewis zu jagen, aber er hatte immer eine Antwort parat. So kam ich nur sehr langsam an ihn ran." Und als der Abstand nach dem zweiten Boxenstopp von knapp sechs auf zwei Sekunden schrumpfte, hätte Hamilton zur Not jederzeit zulegen können: "Ich hatte alles unter Kontrolle", meint der Brite und lobt Mercedes: "Das Auto war fantastisch."

Der dritte Platz wäre eigentlich für Sebastian Vettel (Ferrari) reserviert gewesen, der als einziger Fahrer im Feld auf eine Einstoppstrategie setzte. Sein Medium-Reifensatz hatte schon 28 Runden drauf, als der Pneu rechts hinten ausgangs Eau Rouge bei mehr als 300 km/h kaputt ging. "Kann sein, dass der Reifen einfach durchgefahren war und zu heiß wurde. Dann platzt er halt", analysiert Formel-1-Experte Marc Surer und erinnert an den Rosberg-Reifenschaden am Freitag.

Vettel (der am Funk zwischendurch angeregt hatte, zumindest über einen zweiten Boxenstopp nachzudenken, was vom Team abgelehnt wurde) war in den ersten TV-Interviews fuchsteufelswild: "So etwas darf auf keinen Fall passieren. Wenn das ein paar Meter vorher passiert wäre, würde ich jetzt nicht hier stehen, sondern irgendwo in der Eau Rouge hängen. Man muss das mal so deutlich sagen: Die Qualität der Reifen ist miserabel, und das schon seit Jahren."

Laut Vettel hatten die Pirelli-Ingenieure für bis zu 40 Runden Entwarnung gegeben. Sein Satz Mediums überstand nur 28. Der Reifenhersteller verteidigt sich und schiebt den "Schwarzen Peter" Ferrari zu: "Es war ein Zwei- oder Drei-, aber kein Einstopprennen." Wie dem auch sei: Nutznießer war Grosjean, der zum Zeitpunkt des Vettel-Ausfalls in der vorletzten Runde schon im Windschatten des Ferrari fuhr, aber Schwierigkeiten mit dem Überholen hatte.

Bei Lotus brachen nach dem ersten Podium seit 2013 alle Dämme: "Ich kann noch gar nicht glauben, dass wir auf dem Podium stehen", jubelt Grosjean, der in Spa-Francorchamps vor drei Jahren eine seiner schwärzesten Stunden erlebt hatte, als er nach einer Startkarambolage für das darauffolgende Rennen in Monza gesperrt wurde. "Ich erinnere mich noch gut an 2012. Heute hier zu stehen, ist etwas ganz Besonderes. Für uns fühlt es sich an wie ein Sieg."

Daniil Kwjat (Red Bull) schnupfte in der Schlussphase noch Sergio Perez (Force India) und Felipe Massa (Williams) und wurde guter Vierter; Kimi Räikkönen (Ferrari) kam als Achter ins Ziel, weil Max Verstappen (Toro Rosso) bei einem Überholversuch vor Les Combes in der letzten Runde zu stürmisch war und die Linie nicht halten konnte. Hinter Verstappen holten Valtteri Bottas (Williams) und Marcus Ericsson (Sauber) die restlichen WM-Punkte.

Bei Bottas' patzte die Williams-Boxencrew, die ihm statt eines homogenen Soft-Reifensatzes rechts hinten einen Medium aufzog. Das ahndete die Rennleitung mit einer Durchfahrtsstrafe. 16 Autos kamen ins Ziel, vier nicht: Nico Hülkenberg (Force India) verursachte mit technischen Problemen einen Startabbruch, Carlos Sainz (Toro Rosso) kam nach der Einführungsrunde an die Box und gab später auf, und Pastor Maldonado (Lotus) und Ricciardo schieden ebenfalls aus.

In der Weltmeisterschaft hat Hamilton nun schon 67 Punkte Vorsprung auf den drittplatzierten Vettel - Mercedes ist der Titel dementsprechend kaum noch zu nehmen. Das gilt auch für die Konstrukteurswertung, wo es im Duell mit Ferrari 426:242 steht. Die erste Entscheidung 2015 ist in Spa-Francorchamps übrigens schon gefallen: Die noch punktelosen Manor-Marussia-Fahrer Roberto Merhi und Will Stevens können nun auch rechnerisch nicht mehr Weltmeister werden.

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