Schwerer Unfall: Ferrari rätselt über Räikkönen-Abflug
Noch ist nicht ganz geklärt, wieso Kimi Räikkönen mit durchdrehenden Rädern auf der Gerade in Spielberg abflog, doch Diskussionen um Kuppeln gehen schon los
(Motorsport-Total.com) - Es war die Schrecksekunde des Großen Preises von Österreich in der Formel 1: Schon in der ersten Runde am Red-Bull-Ring waren Kimi Räikkönen (Ferrari) und Fernando Alonso (McLaren) in einen haarsträubenden Unfall verwickelt, bei dem der Spanier plötzlich über seinen Kontrahenten stieg und zwischen Räikkönen-Cockpit und Leitplanke in der Luft hing. Glücklicherweise ist beiden Piloten bei diesem Vorfall nichts passiert, kurze Checks im Medical-Center brachten Entwarnung.
Es sah zunächst danach aus, als hätte Alonso den etwas schlechter aus der Kurve 2 kommenden Finnen angeschoben und ihn in einen Dreher geschickt. Aufschlussreiche Bilder konnte die Weltregie während des Rennens aber nicht liefern, deswegen waren Experten und Verantwortliche erst auf dem Holzweg bei der Analyse: "Beim ersten Betrachten der Bilder habe ich gedacht, dass Fernando Kimi berührt hat, aber das stimmt nicht", erklärt Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene.
Erst bei Interviews im Anschluss klärten die Fahrer auf: Es gab keine Berührung zwischen den beiden Piloten. Kimi Räikkönen bog mit durchdrehenden Rädern auf der Geraden von selbst ab und nahm den unschuldigen Alonso mit ins Aus. "Ich hatte durchdrehende Räder, und plötzlich ist das Auto nach links abgebogen. Es ist ein ziemlich seltsamer Ort dafür", versuchte sich der "Iceman" in ersten Erklärungsversuchen.
Ferrari glaubt nicht an Defekt
Warum Räikkönen allerdings durchdrehende Räder bekam, gilt es noch zu klären. Bei Ferrari glaubt man nicht an einen Technikdefekt, muss dafür allerdings vorerst auf die Aussagen der Piloten zählen: "Leider gab es keine Onboard-Aufnahmen von Fernando, von daher müssen wir Kimi vertrauen. Er sagte, dass die Räder durchdrehten, und das war's", zuckt Arrivabene mit den Schultern. Auch dass es das gleiche Problem wie beim Dreher nach der Haarnadel in Kanada war, schließt er vorerst aus: "Nein, das glaube ich nicht. Es war auf der Geraden."
Doch ungeachtet der Ursache hätte der Unfall dennoch viel schlimmer ausgehen können. Alonso schlug laut eigener Aussage mit 34 g in die Begrenzung, die Unterseite seines Autos schrammte haarscharf am Kopf von Kimi Räikkönen vorbei. Doch passiert ist beiden Piloten glücklicherweise nichts, auch weil man nach einem Unfall zwischen David Coulthard und Alex Wurz in Melbourne 2007 die Sicherheit verschärfte und die Cockpitwände an der Seite nach oben zog.
"Man saß früher viel weiter oben, und der Kopf hat mehr herausgeschaut. Heute schaut nur noch der Oberteil des Helmes heraus", erklärt Experte Marc Surer bei 'Sky' und dankt der Sicherheit: "Die Seitenwände des Cockpits sind verstärkt. Es gibt Vorschriften, und deswegen sitzt das Auto seitlich auf, aber es gibt nichts nach." Und auch Pendant Niki Lauda sagt bei 'RTL': "Sie hatten Riesenglück, aber da sieht man, wie gut die Autos gebaut sind. Gott sei Dank ist er mit dem Auto eben nicht in Richtung Kimis Kopf gekommen."
Diskussionen um die Sicherheit
Es dürften erneut Diskussionen über die Sicherheit der Piloten aufkommen, wie nach dem Rennen klar wurde. Geschlossene Cockpits sind nach wie vor ein Gedankenspiel: "Wir wissen, dass das immer noch ein Sorgenbereich ist", erklärt Rennsieger Nico Rosberg. "Man untersucht ständig und versucht, die Sicherheit Schritt für Schritt zu verbessern. Wir müssen sehen, was wir deswegen in Zukunft unternehmen können."
Auch Felipe Massa schlägt in die gleiche Kerbe, schließlich ist er in dieser Hinsicht ein gebrandmarktes Kind: "Wir müssen immer schauen, wo es etwas zu verbessern gibt", so der Brasilianer, nach dessen Unfall in Ungarn 2009 beispielsweise Helme und Visiere verstärkt wurden. Ob es aber komplett geschlossene Cockpits braucht, da ist er sich auch nicht ganz sicher. "Trotzdem müssen wir einige Dinge verbessern", fordert er.
Und der "Iceman"? Der bleibt seiner Linie mal wieder treu und sieht das Ganze nicht so eng. Er glaubt nicht, dass die Formel 1 zu gefährlich ist: "Rennsport war schon immer so, und Dinge können eben schiefgehen", winkt er ab. Bei den Rennkommissaren mussten Räikkönen und Alonso aber doch noch vorsprechen, eine Strafe gibt es allerdings nicht: "Sie wollten nur wissen, was passiert ist", so Räikkönen.