• 08. Juni 2015 · 02:42 Uhr

Ferrari in Montreal: Mit Schubsen und Drehen zum Teilerfolg

Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen erleben einen ereignisreichen Kanada-Grand-Prix und beenden das Rennen "nur" auf den Plätzen vier und fünf

(Motorsport-Total.com) - Beim siebten Rennen der Formel-1-Saison 2015 dürfte es in der Ferrari-Garage in Montreal am Sonntagnachmittag kaum eine Minute zum Durchatmen gegeben haben. Während Sebastian Vettel das Feld von hinten aufräumen musste und nach zahlreichen Vorfällen auf Rang fünf endete, sorgt auch Kimi Räikkönen im Kampf ums Podium für eine Schrecksekunde. Der Finne drehte sich in der Spitzkehre und verlor den dritten Platz an Valtteri Bottas. Aber auch Vettel begegneten Dreher und andere Schwierigkeiten.

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Für Ferrari gibt es nach dem Kanada-Grand-Prix einiges aufzuarbeiten Zoom Download

"Mehr war heute nicht drin", so Vettel nach einem Rennen, das in seinem Fall an Ereignisreichtum kaum hätte übertroffen werden können. Nachdem der viermalige Weltmeister am Samstag wegen technischer Schwierigkeiten schon in Q1 ausgeschieden war und eine zusätzliche Strafversetzung wegen Überholens unter roten Flaggen im Training kassiert hatte, war er nur von Rang 18 aus ins Rennen gegangen. Von da startete eine lange Aufholjagd.

"Ich wäre natürlich gerne weiter vorne los gefahren, das hätte alles ein bisschen einfacher gemacht. Aber ich glaube, viel mehr war nicht drin. Alles im allem bin ich zufrieden mit dem fünften Platz. Hier oder da hätte es ein bisschen besser laufen können. Aber so ist das eben. Wenn man von hinten startet, ist es eben manchmal ein bisschen chaotisch."

Früher Boxenstopp für Vettel

Dabei war er am Ende des Feldes in guter Gesellschaft. Denn auch Williams-Pilot Felipe Massa ging lediglich von Platz 15 ins Rennen und mit Fernando Alonso auf Startplatz 13 bekam er es auch recht früh mit seinem alten Rivalen zu tun.

"Ich kam am Anfang ein wenig schleppend ins Rennen", berichtet Vettel. "Die erste Runde war nicht so gut, da konnten wir noch nicht so viel Boden gutmachen. Ich wollte natürlich auch etwas aufpassen, denn da hinten geht es immer ein bisschen eng zu. Ich hatte gehofft, gleich am Williams vorbeizukommen, da hingen wir aber ein wenig fest. Es war dann richtig, reinzukommen und den Speed vom Auto zu nutzen."

Überraschend kam der Ferrari mit der Startnummer 5 nämlich schon in Runde sieben zum Reifenwechsel in die Box. "Wir haben ein paar schnelle Runde probiert, aber wir blieben hängen", erklärt Vettel die Strategie. "Es ist schwierig, wenn man gleich zwei Autos vor sich hat und der vor dir DRS benutzen kann, da hat man von seinem eigenen DRS keinen so großen Vorteil. Wir sind deshalb erst malreingekommen und wollten dann die schnellen Runden machen. Dadurch waren die anderen Stints zwar länger, aber die Reifen haben gehalten und da Auto wurde immer schneller, also war es die richtige Entscheidung."

Berührung mit Alonso

Doch Boxenstopp Nummer eins verlief nicht ganz reibungslos und dauerte am Ende 6,6 Sekunden. "Ich war auch ein bisschen Schuld", verteidigt Vettel seine Crew. "Ich war sozusagen nicht ganz willig, gleich wieder rauszufahren und habe die Kupplung kurz schnalzen lassen. Aber ich glaube, vorher hat schon an der Hinterachse etwas nicht ganz funktioniert. Ich denke, die Jungs wissen was los war. Bis jetzt haben sie einen super Job gemacht, da dürfen sie heute auch mal ein bisschen langsamer sein."

Bei seinem Durchmarsch lief Vettel unweigerlich auch auf Alonso auf. Der zweimalige Weltmeister saß zwar im derzeit schwachen McLaren, ließ es sich aber nicht nehmen, das Duell ein wenig hinauszuzögern. "Ich war viel langsamer als er, sodass ich versuchte, mich so gut es ging zu verteidigen", gibt Alonso zu. "Das Ganze ging über eineinhalb Runden. Ich habe das Duell sehr genossen, er vermutlich weniger."

Sogar zu einer Berührung der ehemaligen Titel-Konkurrenten kam es im Verlauf des Zweikampfes. "Im Nachhinein hätte ich schlauer sein müssen", sagt Vettel, "weil ich wusste, dass er schon aus Prinzip alles dafür tun würde, vorne zu bleiben. Aber ich wollte sichergehen, dass ich nicht zu viel Zeit verliere. Am Ende habe ich dadurch noch mehr Zeit verloren"

Kein Stallduell am Ende

"Dann wurde es mit Nico nochmal eng", spricht der Heppenheimer die kuriose Szene mit dem Force India von Hülkenberg an. "Ich war schon vorbei und wollte mich durch die Schikane drücken. Er hat die Bremse nochmal aufgemacht und hatte zu viel Speed. Das habe ich gesehen und die Schikane geschnitten und er hat sich gedreht. Aber so ist das Rennfahren. Es macht auch Spaß im Auto und es ist auch schön zu sehen, wie sich die Zuschauer darüber freuen."


Fotostrecke: GP Kanada, Highlights 2015

Nachdem er die haarigen Momente überstanden hatte, zeichnete sich sein Endresultat langsam ab. Bis auf Rang fünf war er hinaus gekommen - vor ihm nur noch die Mercedes, Bottas und sein Teamkollege. "Ich hatte auch noch andere Momente auf der Strecke, die mich Zeit gekosteten haben, aber das hat auch nicht mehr viel ausgemacht. Kimi war ziemlich weit voraus. Wir haben die Lücke schließen können, aber es waren noch zehn Runden und zehn Sekunden, da konnte man es auch locker angehen lassen."

Räikkönens Rennen war zwar um einiges ruhiger verlaufen, eine Szene hatte jedoch gereicht, um sein Schicksal zu besiegeln. Der von Rang drei ins Rennen gegangene Finne wiederholte seinen Dreher aus dem Vorjahr an gleicher Stelle, in der Haarnadelkurve, in Runde 28. Williams-Pilot Bottas konnte so seine Positionen erben und ihm das Podium wegschnappen.

Räikkönen enttäuscht

"Das Ergebnis ist nicht ideal, wir haben mehr erwartet", so Räikkönen, der nach Vettels schlechten Voraussetzungen die Ferrari-Ehre hätte hochhalten und Jagd auf Mercedes machen sollen. "Mein Start war ziemlich gut, aber ich hatte nicht genug Speed, um an den Mercedes vorbeizukommen. Die Reifen haben gut funktioniert, aber auf dieser Art von Strecke muss man auch viel Benzin sparen und das hat uns heute eingeschränkt."

"Mein Dreher, war genau der gleiche, wie im vergangenen Jahr - eine unglückliche Sache. Wir haben versucht, uns wieder davon zu erholen, aber wir waren auf einer anderen Strategie als Williams", so der Finne weiter. Und Teamchef Maurizio Arrivabene fügt erklärend hinzu: "Kimi hatte eine gute Pace und war eigentlich auf einer Einstoppstrategie. Aber nach dem Dreher sind wir auf zwei Stopps umgestiegen. Wir wollten Bottas einholen, aber das war nicht mehr möglich."

Für Räikkönen ist das Ergebnis besonders unglücklich, weil ihm die Chance geboten war, einmal die Ferrari-Lorbeeren anstelle von Vettel einzuheimsen. Doch zu der Mercedes-Herausforderung ist es nicht gekommen, weswegen sich die Frage aufdrängt, zu was Vettel an einem fehlerfreien Wochenende, ohne Defekte und Strafen, im Stande gewesen wäre.

Wäre Vettel zur Mercedes-Gefahr geworden?

Niki Lauda, Aufsichtsratsvorsitzender des Mercedes-Teams, glaubt, Vettel wäre die "größere Gefahr" gewesen. Gegenüber 'RTL' fügt er aber hinzu: "Ich glaube trotzdem, dass Mercedes auch dem Duo Vettel/Ferrari überlegen gewesen wäre. Wenn man sich den Rennverlauf anschaut, stellt man fest, dass uns Vettel trotzdem nicht gepackt hätte. Er und das Ferrari-Team kommen aber immer besser in Fahrt."


Fotos: Ferrari, Großer Preis von Kanada


"Ich denke, sie hatten heute ein langweiliges Rennen", macht sich auch Vettel über die Silberpfeile Gedanken. "Für uns ist es schade, denn ich denke, wir hätten heute ein bisschen mitmischen können. Es war das Beste, was wir erreichen konnten. Es ist natürlich schade, denn das Podium ist hier immer toll und ich denke, ohne die Strafen hätten wir eine Chance gehabt. Aber es war auch eine gute Aufholjagd."

"Ich freue mich, dass Seb noch ein gutes Rennen haben konnte", schließt Arrivabene ab. "Aber wenn man nur Punkte und kein Podium bekommt, kann man nicht komplett zufrieden sein."

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