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Formel 1 Kanada 2015: Abflug und Bestzeit für Lewis Hamilton
Das zweite Freie Training zum Kanada-Grand-Prix war für den Champion erst Gala, dann Blamage - Rosberg schwächelt - Ferrari erster Verfolger - Lotus überrascht
(Motorsport-Total.com) - Bestzeit und ein großes Ärgernis für Weltmeister Lewis Hamilton: Der Mercedes-Pilot setzte im zweiten Freien Training zum Kanada-Grand-Prix in Montreal am Freitagnachmittag (das komplette Resultat) bei zunächst trockenen Bedingungen die schnellste Runde der Session und des Tages (1:15.988 Minuten) - sein Auto bei einsetzendem Regen aber kurz darauf in die Reifenstapel. Der Abflug in Kurve 10 krümmte Hamilton kein Haar, seinem Silberpfeil bei einem leichten Einschlag aber Frontflügel und Nase.
Sein Auto hatte in der Szene Aquaplaning zu beklagen und rutschte unter dem Johlen der Zuschauer von der Bahn, Hamilton war nur noch Passagier. Die Sonderschicht für die Mechaniker wäre aber vermeidbar gewesen: Als es 50 Minuten vor dem Ende des Freien Trainings sintflutartiger Regen unmöglich machte (die ganze Action zum Nachlesen!), die Ile Notre-Dame vom Sankt-Lorenz-Strom zu unterscheiden, blieben die meisten Piloten in der Box - schließlich sind für das Wochenende keine Niederschläge angekündigt.
Mercedes riskierte es dennoch und schickte neben Hamilton auch Nico Rosberg (4., +0,452 Sekunden), der seine starke Form aus Barcelona und Monaco zunächst vermissen ließ, auf die Strecke. Er chauffierte seinen Dienstwagen jedoch ohne jeden Kratzer zurück an die Box. Toto Wolff erklärt bei 'Sky Sports F1', welche Gründe seine Truppe für das Manöver hatte, das allen voran auf Startversuche auf nasser Bahn abzielte: "Man lernt dabei sehr viel über die Kalibrierung der Kupplung."
Den Hamilton-Fauxpas bezeichnet er als "kleinen Fehler, hoffentlich nicht mehr". Wolff macht die Reifenwahl für den Crash mitverantwortlich: "Als wir uns für die Intermediates entschieden, war der Regen noch nicht so stark wie später. Den Versuch der Kalibrierung der Kupplung war es wert." Weniger schmeichelhaft kommentiert die Szene 'Sky'-Experte Marc Surer: "Peinliche Situation für den Weltmeister", so der Schweizer.
Schon vor dem Crash hatte Hamilton Licht und Schatten offenbart. In der Schlussschikane, die die FIA für das Wochenende mit einem Strafparcours ausgestattet hat, verbremste sich der Brite zu Beginn gleich zweimal. Opfer des ersten Fauxpas wäre beinahe Lotus-Pilot Romain Grosjean gewesen, dessen Heck er um wenige Meter verfehlte.
Ärgster Mercedes-Verfolger war einmal mehr Ferrari: Sebastian Vettel (2., +0,316 Sekunden) und Kimi Räikkönen (3., +0,322 Sekunden) glänzten mit neuer Ausbaustufe des Antriebs mit den besten Topspeeds. Der Finne wurde mit 336 km/h geblitzt und scheint in Kanada auf Augenhöhe mit seinem Teamkollegen zu sein - auch auf einer schnellen Runde. "Die Rundenzeiten haben keine so große Bedeutung. Es ging mehr um das Gefühl für das Auto. Wir können uns noch immer verbessern", tritt Vettel auf die Euphoriebremse.
In Montreal winkt außerdem ein spannender Kampf im vorderen Mittelfeld: Hinter dem Topauto-Quartett balgten sich die Mercedes-Kunden Williams und Lotus um die Verfolgerrolle, wobei Pastor Maldonado (5., +0,612 Sekunden) am Freitag sogar in Schlagdistanz zu den Besten war. Offenbar zahlt sich die neue Power im Heck des E23 auf dem Circuit Gilles Villeneuve aus, was Valtteri Bottas (6., +0,861 Sekunden), Romain Grosjean (7., +0,876 Sekunden) und Felipe Massa (8., +1,053 Sekunden) allerdings weniger zu nutzen vermochten.
Bei Red Bull lief es wie erwartet durchwachsen: Den Renault-geplagten Daniil Kwjat (9., +1,104 Sekunden) und Daniel Ricciardo (10., +1,123 Sekunden) fehlt es in Montreal an PS auf den langen Geraden, weshalb das Team tief in die Trickkiste greift. Motorsportberater Helmut Marko erklärt bei 'Sky', dass der Abtrieb des Boliden auf ein Minimum reduziert wurde, um für die Gegner nicht allzu leichte Beute zu sein: "Wir werden versuchen, noch weniger Flügel zu fahren. Das heißt, wir sind unter Monza-Setup", sagt Marko.
Trotz Platz elf war es ein durchwachsener Nachmittag für Nico Hülkenberg (+1,132 Sekunden). Der Deutsche in Diensten Force Indias rollte bei noch trockenen Bedingungen mit einem Reifenschaden an die Box und verlor dadurch wertvolle Zeit. Ursache für den Defekt war laut Zulieferer Pirelli nicht der Pneu, sondern eine defekte Felge am VJM08. Glück im Unglück: Hülkenberg vermied einen Einschlag und distanzierte anschließend seinen Teamkollegen Sergio Perez (14., +1,379 Sekunden).
Fernando Alonso, der im McLaren den 15. Rang belegte (+1,639), scheint mit Honda-Power im Heck nicht so weit von der Konkurrenz entfernt wie befürchtet. Jenson Button (20., +2,147 Sekunden) allerdings schon.