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Formel 1 Monaco 2015: Mercedes schenkt Rosberg den Sieg
Lewis Hamilton wird wegen einer Mercedes-Fehlentscheidung der Sieg gestohlen: Nur Platz drei in Monte Carlo, hinter Nico Rosberg und Sebastian Vettel
(Motorsport-Total.com) - Der Hattrick ist perfekt: Nico Rosberg hat den Grand Prix von Monaco nach 2013 und 2014 zum dritten Mal gewonnen, doch der moralische Sieger der Auflage 2015 heißt Lewis Hamilton. Der Mercedes-Pilot hat das Rennen in Monte Carlo von Beginn an nach Belieben dominiert, verlor die Führung aber durch einen taktischen Fehler seines Teams.
"Das war Lewis' Sieg", entschuldigt sich Mercedes-Sportchef Toto Wolff beim WM-Leader, der nun nur noch zehn Punkte Vorsprung auf Rosberg hat. "Lewis hat allen Grund, sauer zu sein. Das geht voll aufs Team. Es war ein Fehler, der ihn den Sieg gekostet hat. Da kann man sich nur entschuldigen." Und selbst Rosberg muss in der Fürstenloge zugeben: "Ich weiß, dass ich heute viel Glück hatte. Lewis hätte den Sieg verdient gehabt, aber that's Racing."
Was war passiert? Hamilton hatte den Grand Prix souverän dominiert, ab der 25. Runde, also vor dem vermeintlich einzigen Boxenstopp, eigentlich für die Vorentscheidung gesorgt. Er führte nach dem Reifenwechsel mit mehr als zehn Sekunden Vorsprung, sah wie der sichere Sieger aus. Bis Max Verstappen (Toro Rosso) im Kampf um Platz zehn hinten auf Romain Grosjean (Lotus) auffuhr und geradeaus in die Leitplanken bei Sainte Devote krachte.
Denn nachdem zuerst kurz virtuelles Safety-Car eingeblendet wurde, fuhr letztendlich doch Bernd Mayländer tatsächlich auf die Strecke. Damit war Hamiltons Vorsprung dahin - aber die Mercedes-Crew holte Hamilton "völlig unnötig" (Niki Lauda) an die Box, wodurch dieser die Führung verlor. Und weil Rosberg und Sebastian Vettel (Ferrari) mit ihren Reifen locker bis zum Ende durchfahren konnten, war damit die Entscheidung gefallen.
"Wir haben die Abstände falsch eingeschätzt", bedauert Wolff. "Lewis hatte gesagt, die Reifentemperatur geht in den Keller und der Reifen hat keinen Grip mehr." Doch ihn deswegen reinzuholen, muss eine Kurschlusshandlung eines Ingenieurs gewesen sein. "Man hat ihm den Sieg gestohlen", findet Experte Marc Surer. Hamilton selbst bemüht sich um Diplomatie: "Das Team hat das ganze Jahr einen super Job gemacht. Wir gewinnen und wir verlieren zusammen."
Innerlich freilich muss er brodeln, hatte er doch bis dahin eine makellose Leistung erbracht. Hamilton versuchte noch, den Vorteil seiner Supersofts zu nutzen, aber Vettel machte sich breit und fuhr Platz zwei sicher nach Hause. Knapp wurde es nur beim Restart, doch auch da reichte es nicht. Und als Hamilton in der Auslaufrunde vor dem Tunnel stehen blieb, dachte er wohl kurz darüber nach, nicht zur Siegerehrung, sondern direkt in seine Wohnung zu gehen - wie sein Vorbild Ayrton Senna 1988.
Rosberg nahm das Geschenk dankend an, während die Mercedes-Führung schon im Krisenmeeting saß. Hamilton gratulierte sportlich fair, ließ sich aber anmerken, dass er mit dem Pokal für Platz drei keine Freude hat. Jetzt fordert er Konsequenzen: "Ich bin mir sicher, wir setzen uns hin und besprechen, was wir besser machen können." Vettel nahm's indes mit Humor und platzte am Ende grinsend ins Siegerinterview von Rosberg: "Also ich bin happy!"
Gegen Rosberg hatte er im Finish nicht den Funken einer Chance, und zuvor hatte schon der Undercut beim Boxenstopp (Vettel 36., Rosberg 37. und Hamilton 38. Runde) nicht funktioniert. "Nico hat mir keine Chance gelassen", sagt der Ferrari-Pilot. Und so fuhr Rosberg am Ende mit 4,5 Sekunden Vorsprung über die Ziellinie. Seine schwangere Frau Vivian, die schon beim ersten Saisonsieg in Barcelona dabei war, wird langsam zum Glücksbringer...
Rosberg ist damit erst der vierte Monaco-Hattrick-Sieger nach Graham Hill, Alain Prost und Ayrton Senna. Für Hamilton wäre es der zweite Triumph nach 2008 gewesen. Der Polesetter hatte einen perfekten Start erwischt, klagte ab der achten Runde über Bremsprobleme, hatte diese aber im Griff und zog vor dem entscheidenden Boxenstopp auf und davon. Noch größer wurde sein Vorsprung, weil er beim Überrunden konsequenter war als Rosberg und Vettel.
Bis zur dramatischen Wendung in der 63. Runde war Monaco 2015 ein echter Langeweiler. Daniil Kwjat presste sich am Start an seinem Red-Bull-Teamkollegen Daniel Ricciardo vorbei, Fernando Alonso (McLaren) schubste in der ersten Runde Nico Hülkenberg (Force India) bei Mirabeau in die Mauer und an gleicher Stelle rempelte sich Ricciardo nach der Safety-Car-Phase mit Supersoft-Reifen an Kimi Räikkönen vorbei, was von der Rennleitung nicht geahndet wurde. Sonst war nicht viel los.
Ricciardo wurde am Ende noch auf die vor ihm liegenden Fahrzeuge losgelassen, musste aber in der letzten Runde Kwjat wieder vorbeilassen, der zuvor aus strategischen Gründen für ihn Platz gemacht hatte. Alonso, der für die Hülkenberg-Kollision bestraft wurde, schied später ohnehin mit Getriebe-, Pastor Maldonado (Lotus) mit Bremsproblemen aus. Apropos Maldonado: Verstappen hatte schon vor der Grosjean-Kollision auch dem anderen Lotus angeschoben.
Räikkönen, zwischendurch sauer wegen beim Überrunden wenig kooperativer Nachzügler, Sergio Perez (Force India), Jenson Button (McLaren), Felipe Nasr (Sauber) und Carlos Sainz (Toro Rosso) heimsten die restlichen Punkte ein. Glück für Toro Rosso, dass ausgerechnet Sainz von Verstappens Ausfall profitierte. Der Spanier hatte zuvor für seinen Teamkollegen Platz gemacht, weil dieser nach einem verpatzten Boxenstopp für die Schlussphase die besseren Reifen drauf hatte.
Grosjean wurde am Ende Zwölfter, hinter Hülkenberg. Williams kassierte mit den Positionen 14 und 15 eine herbe Niederlage, die auf der engen Strecke aber nicht ganz unerwartet kam. Das Sauber-Team sammelte zumindest zwei Punkte, und holte mit Marcus Ericsson zudem einen 13. Platz. Doch beim nächsten Rennen in Kanada (7. Juni) werden die Karten auf der gänzlich anderen Hochgeschwindigkeitsstrecke in Montreal völlig neu gemischt.
Die Weltmeisterschaft ist nach sechs von 19 Rennen völlig offen. Hamilton führt zehn Punkte vor Rosberg und 28 vor Vettel, sodass Mercedes auf jeden Fall mit einem WM-Leader nach Österreich kommen wird. Und auch in der Konstrukteurswertung haben die Silberpfeile (242) die Nase vorne. Ferrari kommt auf 158, Williams auf 82 und Red Bull auf 52 Punkte. Nur Manor-Marussia hat in dieser Saison noch gar nicht angeschrieben.