Mercedes: Doppelerfolg unter veränderten Vorzeichen
Mercedes feiert in der Formel 1 den nächsten Doppelerfolg: Nico Rosberg fährt souverän zum Sieg, während Lewis Hamilton hart um Platz zwei kämpfen muss
(Motorsport-Total.com) - Doppelerfolg unter veränderten Vorzeichen: Beim Grand Prix von Spanien in Barcelona belegte Mercedes im fünften Rennen der Formel-1-Saison 2015 zum vierten Mal die Plätze eins und zwei, doch zum ersten Mal war es nicht Lewis Hamilton, sondern Nico Rosberg, der bei der Siegerehrung auf die oberste Stufe des Podests steigen durfte. Dem Deutschen gelang von der Pole-Position aus ein ungefährdeter Start-Ziel-Sieg, während Hamilton um Platz zwei hart gegen Sebastian Vettel (Ferrari) kämpfen musste.
Die Grundlage für seinen Erfolg legte Rosberg schon auf den ersten Metern des Rennens. Von der Pole-Position aus gelang ihm von allen Fahrern der Spitzengruppe der beste Start, schon in der ersten Kurve lag er einige Wagenlängen vor den Verfolgern. Hamilton hingegen kam zwar im ersten Moment von Platz zwei aus gut weg, fiel dann aber in der Beschleunigungsphase hinter Vettel zurück und musste die dritte Position in der ersten Kurve energisch gegen den angreifenden Valtteri Bottas (Williams) verteidigen.
Nachdem Mercedes bisher in dieser Saison mit den Starts beider Piloten nicht zufrieden war, hatte das Team vor dem Rennen in Spanien die Kupplung modifiziert und wieder auf das Modell des Jahres 2014 zurückgerüstet. Und mit dieser Kupplung kommt Rosberg deutlich besser zurecht. "Sie ist einfach konstanter, da ist weniger Zufallsprinzip drin", sagt er. "Die andere ist unkonstanter und hat mich bei den ersten Rennen ein paar Mal beeinträchtigt, weil ich einfach Pech hatte."
Rolle Rückwärts bei der Kupplung
Der Umbau der Kupplung war laut Motorsportchef Toto Wolff allerdings nicht der Grund für Rosbergs deutlich besseren Start. "Um einen guten Start zu machen, spielen eine Vielzahl von elektronischen und mechanischen Systemen mit hinein. Nur weil man das Kupplungsmaterial austauscht, heißt das noch lange nicht, dass er gut startet", sagt der Österreicher.
Die Erklärung für die unterschiedlich guten Starts seiner Piloten sei vielmehr deutlich einfacher: "Dass er heute gut gestartet ist, lag ausschließlich daran, dass sein Konkurrent auf der dreckigen Seite gestanden ist." Wie dem auch sei, teamintern waren die Positionen damit bezogen, und für Rosberg entwickelte sich ein einsames Rennen an der Spitze. Nach zehn Runden hatte er bereits sieben Sekunden Vorsprung auf den zu diesem Zeitpunkt zweitplatzierten Vettel.
In Runde 15 legte Rosberg seinen ersten Boxenstopp ein und wechselte von auf einen zweiten Satz Medium-Reifen. Mit diesem fuhr er 30 Runden, ehe er für die letzten 21 Umläufe auf die harten Reifen wechselte. Im Ziel lag er dann 17,551 vor dem Zweitplatzierten Hamilton. "Mein Start war zum ersten Mal in dieser Saison super. Danach konnte ich die Pace kontrollieren und fühlte mich während des gesamten Rennens nie in Gefahr", fasst Rosberg sein Rennen zusammen. "Ich bin überglücklich über diesen Sieg."
Beim Boxenstopp klemmt der Schlagschrauber
Deutlich schwieriger war das Rennen für Hamilton. Nachdem er auf der Strecke zunächst keinen Weg vorbei an Vettel fand, reagierte das Team strategisch, rief ihn in Runde 14 an die Box, und wechselte von Medium- auf Medium-Reifen. Dieser Wechsel gelang beim linken Hinterrad aber nur mit einiger Verzögerung, sodass Hamilton erst nach 4,5 Sekunden Standzeit weiterfahren konnte. "Das hat Lewis' Rennen stark beeinträchtigt", sagt Wolff. "Wir müssen das noch analysieren, aber es sieht nach einen Problem mit dem Schlagschrauber aus."
Aufgrund des schlechten Boxenstopps blieb Hamilton weiter hinter Vettel, der nur eine Runde später auf den Stopp seines Rivalen reagierte und ebenfalls an die Box kam. Trotz schnellerer Sektorzeiten kam Hamilton nicht am Ferrari-Piloten vorbei. "Sehr nett von ihm. Ich habe ihn eingeladen, das öfter zu machen", bedankt sich Rosberg scherzhaft für die Blockade seines Landsmanns.
Aufgrund der unveränderten Situation griff Mercedes erneut in die Strategie-Trickkiste. "Zu diesem Zeitpunkt wussten wir, dass unsere einzige Chance, um Sebastian zu überholen, war, bei der Strategie etwas anders zu machen", sagt Wolff. "Dennoch war es eine mutige Entscheidung, auf drei Stopps zu wechseln. Es konnte nur funktionieren, wenn Lewis auf der Strecke überholen würde und das hat er mit großartigen Manövern gegen Räikkönen und Bottas gezeigt." Nach einem starken Stint auf harten Reifen holte sich Hamilton in Runde 52 für den Schlussspurt noch einmal Medium-Reifen ab.
Hamilton bläst Schlussangriff nur ungern ab
Durch diese Taktik gelang es Mercedes letztendlich, Hamilton vor Vettel zu bringen - allerdings ein wenig auf Kosten von Rosberg, wie Toto Wolff anmerkt. "Während Lewis seinen Vorsprung herausfuhr, den er benötigte, um im dritten Stint vor Sebastian zu bleiben, beeinträchtigten wir Nicos Rennen damit ein klein wenig. Wir ließen ihn vor seinem zweiten Stopp länger draußen, als es optimal war", erklärt er. "Dadurch stellten wir sicher, dass sich beide Autos nicht auf der Strecke im Weg stehen würden, während sie auf unterschiedlichen Strategien unterwegs waren."
Mit rund 20 Sekunden Rückstand auf Rosberg und 2,6 Sekunden Vorsprung auf Vettel kam Hamilton nach seinem letzten Boxenstopp zurück. Wer nun aber dachte, der Weltmeister würde sich mit Platz zwei zufrieden geben, sah sich getäuscht. Hamilton verkürzte den Rückstand auf Rosberg innerhalb von fünf Runden auf 16 Sekunden und fragte per Boxenfunk nach, ob er seinen Teamkollegen noch einholen kann.
Erst nachdem ihm Renningenieur Peter Bonnington erklärte, dass dies unmöglich sei, besann sich Hamilton darauf, Platz zwei abzusichern. "Das hört man als Fahrer nicht gerne", meint Hamilton bei 'Sky Sports F1'. "Sieben Runden vor dem Ende lag ich 13 Sekunden zurück, war pro Runde aber nur sieben Zehntelsekunden schneller. Da musste ich clever sein und das Auto ins Ziel bringen."
Schwierige Suche nach der richtigen Abstimmung
Das gelang Hamilton, der im Rennen endlich auch mit der Abstimmung seines W06 zufrieden war, nachdem er während der Trainingstage noch über eine schlechte Balance geklagt hatte. "Ich war heute mit dem Auto wirklich glücklich. Ich weiß nicht genau, wie meine Pace im Vergleich zu den anderen war, aber es hat sich wirklich gut angefühlt", sagt er. "Ich hatte Spaß."
Auch für Rosberg war die Suche nach der richtigen Abstimmung aufgrund der Bedingungen alles andere als einfach. "Es war ein schwieriges Wochenende, die Strecke war irgendwie seltsam, jede Kurve war anders", sagt der Rennsieger. "Deshalb gab es gar nicht das perfekte Setup. Es ging um den besten Kompromiss. Und den habe ich dann gefunden."
"Für das Team ist es ein sehr gutes Ergebnis, denn besser als eins und zwei geht es nicht", freut sich auch Sportchef Wolff. "Vor allem der zweite Platz fühlt sich wie ein Sieg an, wenn man nach einem schlechten Start und einem missglückten Boxenstopp trotzdem noch mit der Strategie auf zwei fährt." Erfreulich war aus Sicht das Österreichers auch, dass Mercedes in Barcelona wieder deutlich weiter vor Ferrari lag als noch in Bahrain. Vettel hatte trotz einiger Upgrades an seinem Auto im Ziel über 45 Sekunden Rückstand auf Rosberg.
Doch was ist das Geheimnis des Silberpfeils? "Es gibt nicht ein Schlüsselelement am Auto, das es schneller macht als die anderen. Da kommen viele kleine Dinge zusammen", sagt Wolff. "In den ersten beiden Sektoren war es recht ausgeglichen, aber unser Auto war in Sektor drei wirklich stark. Das sind langsame Kurven, wo es auf mechanischen Grip ankommt, und darauf, die Reifen im richtigen Arbeitsfenster zu halten."