Keine Strafe für Carlos Sainz und Daniil Kwjat
Die Rennkommissare legen den Fall Sainz-Kwjat zu den Akten - Sainz gesteht, dass er härter eingestiegen wäre, hätte Kwjat keinen Red Bull gefahren
(Motorsport-Total.com) - Es war der Aufreger der letzten Runde beim Formel-1-Grand-Prix von Spanien 2015: Toro-Rosso-Pilot Carlos Sainz schiebt sich auf der Start- und Ziel-Geraden mit Hilfe von DRS an Daniil Kwjat im Schwesterauto von Red Bull vorbei auf Position neun. Der Russe fährt Kampflinie, Lokalheld Sainz ist außen, hat die Nase leicht vorne und will die Kurve nehmen. Kwjat reagiert bestenfalls zögerlich, die beiden Boliden kollidieren beim Anbremsen, Sainz nimmt den Notausgang, räubert Kurve zwei - und kommt vor dem Kontrahenten wieder auf die Strecke zurück. So beendet er das Rennen als Neunter.
Dass die Kontroverse später bei den Rennkommissaren landete, überrascht wenig. Für Anthony Davidson, Ex-Grand-Prix-Pilot und Experte bei 'Sky Sports F1', ist die Sache klar. "Er trägt den Vorteil an den Abweisern (abseits der Strecke; Anm. d. Red.) vorbei, er weiß genau, wo er hinfährt. Durch die Mitte gibt es eine direkte Linie und er springt dadurch kaum und gewinnt so die entscheidenden Meter, um auf das Rennen auf Platz neun vor dem Schwesterteam zu beenden", beschwert sich Davidson über das Abkürzen von Sainz. Doch der Rookie, der am Wochenende seinen ersten Heim-Grand-Prix bestritt, sieht die Sache anders.
Er verteidigt sein eigenes Agieren, schließlich sei es nicht irgend ein Auto gewesen, mit dem er sich duellierte. Aber auch für Kwjats hartes Vorgehen hat er Verständnis: "Da es die letzte Runde war, ist er wie verrückt (in den Zweikampf; Anm. d. Red.) eingestiegen. Das hätte ich an seiner Stelle genauso gemacht. Dann berührte er mein Auto. Und da ich natürlich eine Kollision mit einem Red Bull vermeiden wollte, wie ihr euch vorstellen könnt, habe ich mich dazu entschlossen, geradeaus zu fahren, Kurve zwei auszulassen und mein Rennen zu beenden." Pikant daran: Sainz gibt zu, dass er bei einem Nicht-Red-Bull-Kontrahenten härter eingestiegen wäre.
Horner: Racing zweier Jungspunde
Auch Red-Bull-Teamchef Christian Horner sieht die Sache locker: "Ich dachte mir 'das ist gutes Racing', ich meine, es sah wie einer normaler Rennzwischenfall aus. Ich habe gesehen, dass es den Rennkomissaren gemeldet wurde, aber da sind zwei Jungspunde, für die es um was geht. Das Problem bei Kwjat war, dass er sehr viel Zeit hinter Grosjean verloren hat. Als er dann überrundet wurde, kam Sainz ins DRS-Fenster, so war er (Kwjat; Anm. d. Red.) ein leichtes Opfer." In der Folge setzte der Kwjat alles daran, Red-Bull-Junior Sainz wieder zu schnappen.
Letztlich entschied die Rennleitung, den Fall zu den Akten zu legen. Durch eine Fünf-Sekunden-Strafe wegen Abkürzens, wäre Sainz aus den Punkten geflogen, was wohl ein Wermutstropfen für ihn gewesen wäre. "Wenn sie ihm so Platz neun zurückgeben wollen, kümmert mich das kaum. Es war die letzte Runde", dachte er vor dem Urteil der Kommissare über mögliche Konsequenzen nach: "Was ich natürlich nicht will, ist eine Fünf-Sekunden-Strafe, da ich so aus den Punkten fliegen würde."
Alles in allem ist Sainz mit seinem ersten Grand Prix auf heimischem Boden zufrieden: "Wenn man mir vor dem Wochenende gesagt hätte, dass ich mich als Fünfter im Qualifying und Neunter im Rennen werde, hätte ich das sofort unterschrieben." Die Rennen seien dennoch ausbaufähig, glaubt er, denn der 20-Jährige konnte von seinem fünften Startplatz wenig profitieren und wurde zu Rennbeginn von der von hinten herannahenden Konkurrenz geschluckt.
Mit zu viel Sprit an Bord überhitzten die Reifen seines Boliden. Wie mangelnde Höchstgeschwindigkeit wohl ein generelles Toro-Rosso-Problem: "Mit 100 Kilogramm Spritladung hat sich das Auto nicht so gut angefühlt wie im Qualifying. Aber so etwas haben wir erwartet. Daher mussten wir einfach auf das Ende des Rennens warten, als das Auto leichter wurde. Als mich Räikkönen und Bottas überrundet haben, konnte ich ihnen dann nämlich folgen."