• 19. April 2015 · 18:43 Uhr

Grand Prix Bahrain 2015: Lewis Hamiltons dritter Streich

Lewis Hamilton behält in der Sachir-Wüste kühlen Kopf und gewinnt vor dem "Iceman" - Rückschlag für Nico Rosberg - Sebastian Vettel verliert Podium

(Motorsport-Total.com) - Mit einer eindrucksvollen Vorstellung hat Lewis Hamilton beim vierten Rennen der Formel-1-Saison 2015 seinen dritten Sieg gefeiert. Der Mercedes-Pilot gewann den Grand Prix von Bahrain in Sachir (Manama) vor Kimi Räikkönen (Ferrari) und Nico Rosberg (Mercedes). Während Hamilton die nächsten 25 WM-Punkte souverän in trockene Tücher wickelte, ging es dahinter extrem spannend zu.

Zum Beispiel im Kampf um den zweiten Platz. Räikkönen setzte an vierter Stelle liegend auf einen längeren ersten Stint und wechselte bereits im zweiten Stint (als einziger Fahrer) auf die härteren Reifen, weshalb er im Finish um sechs Runden frischere und noch dazu weichere Reifen hatte als Rosberg. Mit diesen vernichtete er innerhalb von 14 Runden 26 Sekunden Rückstand - und ging in der vorletzten Runde am Mercedes vorbei.

Was zunächst nach einem Fahrfehler von einem unter Druck stehenden Rosberg aussah (in der ersten Kurve jenseits der Ideallinie), entpuppte sich jedoch als Bremsdefekt: "Sorry wegen der Bremsen, Nico. Das kam zum schlechtestmöglichen Zeitpunkt", so sein Renningenieur. Und Mercedes-Sportchef Toto Wolff gibt zu: "Das war nicht sein Fehler, das war unserer." Obwohl Rosberg mehrmals gewarnt wurde, dass die Bremsen zum Problem werden könnten.

Die Körpersprache des entnervten Deutschen sprach dann auch Bände, als sich im Parc ferme zu allem Überdruss das Lenkrad nicht wieder fixieren ließ. Dabei hätte das Rennen auch seine große Comeback-Show werden können: Dreimal (nach mäßigem Start sowie zweimal nach Positionstausch durch die Boxenstopps) überholte er Sebastian Vettel (Ferrari) auf der Strecke - und nach dem ersten Boxenstopp griff er sogar kurzzeitig nach der Führung.

Denn Mercedes reagierte darauf, dass Ferrari Vettel vor Rosberg reinholte - und gab nicht wie sonst üblich Hamilton (der ohnehin komfortabel führte) den ersten Stopp, sondern Rosberg. Als Hamilton dann zurück auf die Strecke fuhr, sah er plötzlich Rosbergs zweites Überholmanöver gegen Vettel formatfüllend im Rückspiegel - und funkte: "Jungs, das ist nicht mehr gemütlich. Wo ist bitteschön mein Vorsprung hingekommen?"

Aber Hamilton gab die Antwort wie so oft in dieser Saison auf der Strecke und schüttelte Rosberg locker aus der DRS-Sekunde ab. Rosberg bleibt einmal mehr nur die Enttäuschung: "Die Bremsen waren durch. Das Pedal ist in der Kurve durchgefallen, dann habe ich das Auto gerade noch so nach Hause gebracht. Es war enttäuschend, den zweiten Platz an Kimi zu verlieren. Alles in allem ein durchwachsenes Wochenende."

Wesentlich besser die Laune bei Sieger Hamilton, der von Podium-Interviewer Jackie Stewart zuallererst die angenehme Frage gestellt bekam, ob er nun schon auf dem Weg zum dritten WM-Titel ist. "Ich will meinen nächsten Titel", grinst der WM-Leader (27 Punkte Vorsprung auf Rosberg) selbstbewusst. Bremsprobleme hatte aber auch er: "Sie wurden etwas zu heiß, wenn ich hinter Überrundeten lag. Aber es war okay."

Erstmals 2015 nicht auf dem Podium damit Vettel, der in der Zielkurve leicht neben die Strecke rutschte, als er zum dritten Mal von Rosberg überholt wurde. Dabei wurde sein Frontflügel beschädigt, den er in der Folge wechseln lassen musste. Vettel fiel dadurch vom dritten auf den fünften Platz zurück, saugte sich zwar rasch an Valtteri Bottas (Williams) heran, hatte aber gegen dessen Mercedes-Power auf den Geraden keine Chance mehr.

Übrigens: Vettel hatte Rosberg schon das erste Überholmanöver in der neunten Runde mit einem Fahrfehler ermöglicht. "Bei meinem ersten Hacker im ersten Stint, als ich beim Anbremsen die Hinterräder blockierte, habe ich viel verloren. Dann war so ein wenig der Rhythmus raus, es war schwierig", berichtet er - und geht mit sich selbst hart ins Gericht: "Ich bin nicht zufrieden. Ich hätte heute besser fahren können."

Der Preis für den Racer des Tages geht übrigens an Räikkönen. Während Rosberg vergangene Woche in China noch geklagt hatte, sein führender Teamkollege möge ihn nicht einbremsen, reagierte der "Iceman" heute in einer ähnlichen Situation ganz anders, als er Vettel vor sich hatte: "Ich könnte ein bisschen schneller fahren, aber ich werde versuchen, ihn zu überholen." Was ihm aber nicht auf der Strecke, sondern erst durch seine Strategie gelang.

Daniel Ricciardo (Red Bull) sicherte sich den sechsten Platz - und wie: Wenige Meter vor der Ziellinie platzte sein Renault-Motor und hinterließ eine riesige Rauchwolke; aber er hatte genug Vorsprung auf Romain Grosjean (Lotus). Sergio Perez (Force India) wurde Achter, Daniil Kwjat (Red Bull) Neunter und Felipe Massa (Williams) Zehnter. Letzterer war nach einem Problem zu Beginn der Aufwärmrunde aus der Boxengasse gestartet.

Somit hatte Nico Hülkenberg (Force India) am Start freie Fahrt, aber der Überraschungsmann des Qualifyings konnte das nicht nutzen, verlor eine Position und konnte im Rennen keinen Speed gehen, der für die Top 10 gereicht hätte. "Überhaupt kein Grip", klagt er. "Ich bin extrem viel gerutscht und hatte dadurch natürlich auch einen hohen Reifenverschleiß. Das Rennen war eine einzige Plagerei." Am Ende wurde es nur der 13. Platz.

Hülkenberg landete im Sauber-Sandwich zwischen Felipe Nasr und Marcus Ericsson (dessen toller Start von P13 auf P9 unbelohnt blieb). Die Schweizer Boxencrew kostete Nasr im Dreikampf mit Massa und Pastor Maldonado (Lotus) zwei Positionen und patzte auch bei Ericsson schwer; Nasr gab jedoch die Antwort auf der Strecke und überzeugte mit sensationellem Zweikampfverhalten. Sehenswert das Manöver gegen Massa: außen angetäuscht, innen vorbeigezogen.

Fernando Alonso (McLaren) erlebte ein Highlight, als er sich dank frischerer Reifen gegen den zu jenem Zeitpunkt führenden Räikkönen in "seinem" Ferrari zurückrunden konnte. In anderen Rennphasen war er nur Kanonenfutter für die Gegner. Immerhin: So nahe an einem WM-Punkt dran (Platz elf) war er noch nie. Teamkollege Jenson Button konnte gar nicht erst starten und hatte genug Zeit, seine Kommentare zum Rennen aus der Garage zu twittern.

Zum Beispiel über Maldonado, der ein für ihn typisches Rennen ablieferte: Berührung mit Max Verstappen (Toro Rosso/Ausfall) in der ersten Runde, später Berührung mit Massa, Motorschaden in der Boxengasse - und schon zuvor eine Fünf-Sekunden-Strafe wegen ungenauer Parkposition am Start. Auch Carlos Sainz (Toro Rosso) ging mit Strafe "vorbelastet" ins Rennen (zu langsame Runde in die Startaufstellung) und schied später aus. Verdacht: loses Rad.

In der Fahrer-WM gibt es nach vier von 19 Rennen nun wieder eine Mercedes-Doppelführung - Rosberg hat Vettel um einen Punkt überholt. Bei den Konstrukteuren führen ebenfalls die Silberpfeile (159 Punkte), vor Ferrari (107) und Williams (61). Nur McLaren und Manor-Marussia haben 2015 noch nicht angeschrieben. Die Formel 1 kehrt nun nach Europa zurück: Am 10. Mai geht's mit dem Grand Prix von Spanien in Barcelona weiter.

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