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Reifen in Schanghai: Waterloo oder Wunderland für Mercedes?
Die Silberpfeile haben sich mit einem riskanten Manöver Gummis für das Rennen gespart - Obwohl alle mit zwei Stopps rechnen, sind Überraschungen möglich
(Motorsport-Total.com) - Beim Malaysia-Grand-Prix wurden Mercedes die Pirelli-Reifen zum Verhängnis, beim Rennen in China am Sonntag könnten sie der Joker auf der Hand der Silberpfeile sein. Als einzigen Piloten gelang es Lewis Hamilton und Nico Rosberg, sich in Schanghai im ersten Qualifying-Abschnitt einen Satz der weichen Mischung zu sparen und trotzdem Durchgang zwei zu erreichen. Auch im abschließenden Shootout zogen die Weltmeister einmal weniger den schnelleren Pneu - das gelang aber auch Ferrari.
Co-Teamchef Paddy Lowe wertet das Manöver als Beweis für die Dominanz seiner Truppe: "Angesichts eines Performance-Unterschieds von bis zu zwei Sekunden zwischen den beiden Mischungen war das keine einfache Angelegenheit." Die Sache zeigt jedoch, dass Mercedes 2015 Risiken eingehen muss, um sich Vorteile zu sichern, die noch vor einem Jahr selbstverständlich waren.
Ferrari und Sebastian Vettel, auf Medium in Q1 langsamer als Hamilton und Rosberg, verzichteten auf ein Vabanque-Spiel und zückten kurz vor Ablaufen der Uhr die gelb markierten Reifen: "Es wäre möglich gewesen, aber wohl sehr, sehr knapp geworden. Wenn es schiefgegangen wäre, wäre ich auf Platz 16 oder 17 gelandet", sagt Vettel. Was ihm Hoffnung macht: Die Streckentemperaturen werden am Sonntag erneut bei 35 Grad Celsius und damit über den im Freien Training gemessenen Werten liegen.
Pirelli: Zwei Stopps wahrscheinlich, drei möglich
Mit Blick auf das Qualifying streicht auch Toto Wolff die Rolle der äußeren Bedingungen für das Kräfteverhältnis im Rennen heraus: "Die Temperaturen haben sich in der letzten Stunde noch maßgeblich geändert. Es hat recht heiß angefangenen, dann kühlte es ab. Es wird interessant, wie sich das auswirkt." Der Mann, der diese Frage für gewöhnlich beantwortet, ist Paul Hembery. Jedoch hält sich der Pirelli-Sportchef bedeckt: "Es sollte eine Reihe von Strategien möglich sein", meint er.
Grund dafür ist laut Hembery, dass die weichen Reifen trotz des Unterschiedes von ein bis zwei Sekunden nicht so schnell sind wie erwartet. "Dass die Teams mit den Pneus unterschiedlich gut klarkommen, bedeutet eine weitere interessante Variable", sagt der Brite weiter, rechnet aber mit einer überwiegend konservativen Herangehensweise: "Wir erwarten bei den meisten Piloten zwei Boxenstopps, aber es gibt Spielraum, etwas anders zu machen: China hat oft für unvorhersehbare Rennen gesorgt."
Pirelli hat ausgerechnet: Die schnellste Möglichkeit, 56 Rennrunden abzuspulen, führt über drei Stopps. Die Strategie birgt das Risiko, im Verkehr zu hängen, was in Anbetracht guter Überholmöglichkeiten in Schanghai zu verkraften ist. Trotzdem halten die Italiener es für wahrscheinlicher, dass die meisten Piloten sich nur zweimal neue Gummis abholen. Nur wenn ein Team wahre Wunder beim Verhindern des Abbaus vollbringen würde, wäre eine Einstoppstrategie möglich, heißt es.
Mercedes-Piloten befürchten Gummischlacht
Die Aktiven stimmen zu: "Das ist ein Rennen, wo so ziemlich jeder auf zwei Stopps gehen wird", prognostiziert Ferrari-Technik James Allison bei 'Sky Sports F1'. Auch Mercedes-Aufsichtsratsboss Niki Lauda sagt 'RTL': "Ich kann jetzt schon verraten, dass es ein Zwei-Stopp-Rennen wird. So wird man es angehen müssen, um zu gewinnen." Der Österreicher gibt jedoch zu bedenken, dass Temperaturschwankungen das Zünglein an der Waage spielen könnten: "Das kann alles, was man jetzt gesehen hat, verändern."
Während Vettel überzeugt ist, dass der Kurs in Schanghai nicht mehr so reifenmordend ist wie in der Vergangenheit, rechnet sein Teamkollege Kimi Räikkönen mit einer Zitterpartie um die weichen Pneus: "Es wird ein Ratespiel. Der Schlüssel wird sein: Wie lange halten sie durch und ist man damit noch schnell genug?"
Rosberg ist der Meinung, dass die Piloten nur auf Hinterachse Einfluss hätten: "Vorne? Da ist man leichte Beute. Dann lässt sich nichts mehr machen. Der weiche Reifen geht irgendwann körnend zugrunde." Das liegt vor allem an der langgezogenen und extrem schnellen Rechtskurve vor der Gegengeraden, die Hamilton trotz vieler möglicher Linien als potenziellen Gummikiller einschätzt: "Man bekommt mehr und mehr Untersteuern, weil der Reifen einfach überhitzt."