McLaren-Honda: Aufholjagd mit begrenztem Spaßfaktor
Wieso Button in Sepang näher an der Spitze war, aber nicht unbedingt ein schnelleres Auto hatte - Fortschritte für Alonso "eine schöne Überraschung"
(Motorsport-Total.com) - Lange Gesichter im McLaren-Lager gehören nicht erst seit dem Wechsel zu Antriebspartner Honda zum gewohnten Formel-1-Bild. Daran änderte sich im Qualifying zum Malaysia-Grand-Prix am Samstag wenig. Auch die Durchhalteparolen der Teamführung erscheinen nicht zum ersten Mal in der Hitparade: "Nicht das, was wir wollten - sogar ziemlich weit weg davon", seufzt Rennleiter Eric Boullier. "Ich will aber nicht auf den ohnehin negativen Aspekten herumreiten, wenn es auch Positives gibt."
Danach muss der neutrale Beobachter suchen, der Franzose ist fündig geworden: Er meint neben der Rückkehr eines enthusiastischen Fernando Alonsos den Sachverhalt, dass die Zeiten des Spaniers und Jenson Buttons im Qualifying ähnlich waren. Das spräche dafür, dass der MP4-30 am Limit bewegt worden sei. Auch wertet Boullier es als Errungenschaft der Chassiskonstruktion, dass der Rückstand zur Konkurrenz in den schnellen Kurven Sepangs geschrumpft ist. Trotzdem gibt es keine Entwarnung.
Ist der Rückstand wirklich kleiner? Die Zahlen untermauern die These. Button war in Melbourne 2,836 Sekunden hinter dem Schnellsten des ersten Qualifikationsabschnitts, Lewis Hamilton. In Sepang trennten ihn 2,367 Sekunden vom Weltmeister. "Wir haben sogar noch viel stärker aufgeholt, weil Mercedes in Australien in Q1 nicht die weichere Reifenmischung gefahren ist", merkt Button an und analysiert: "Wir sind bei den Topspeeds näher dran, speziell wenn die Temperaturen hoch sind."
McLarens Nebelkerze: Bewusst auf Performance verzichtet?
Button führt diese Erkenntnis darauf zurück, dass McLaren mehr nutzbaren Abtrieb hätte. Der Zeitverlust der Konkurrenz sei bei ansteigenden Temperaturen höher, die Leistung seines Teams relativ gesehen besser. "Alles läuft in die richtige Richtung, das gelingt auch nicht immer. In Sachen Power war es ein großer Schritt, zumal wir nicht jeden Tag testen. Auch bei der Aerodynamik haben wir zugelegt", sagt er. Alonso pflichtet bei: "Ich bin zufrieden mit dem Auto und seiner Balance. Das war eine schöne Überraschung."
Es kursiert eine weitere Theorie: Ist McLaren nur deshalb schneller, weil in Melbourne aus Angst, der Antrieb könnte binnen weniger Kilometer den Geist aufgeben, auf Performance verzichtet wurde? Boullier räumt das zumindest teilweise ein und bestätigt, dass in Australien nicht 100 Prozent Leistung genutzt wurden: "Wir sind konservativ. Wir wollen die Fahrtzeit aufholen, die uns bei den Tests entgangen ist. So einfach wie bei den kommenden Rennen rücken wir nie wieder heran." Honda-Motorsportchef Yasuhisa Arai unterstreicht: "Wir waren in den vergangenen zwei Wochen vorsichtig."
Magnussen-Defekt in Melbourne weiter ein Rätsel
Trotzdem drückt der Schuh. Boullier: "Wir sind natürlich nicht zufrieden." Die To-Do-Liste bei McLaren ist lang: Der Defekt, der Kevin Magnussen in Melbourne am Rennstart hinderte, ist nicht geklärt. Weil es sich offensichtlich um einen Hardware-Schaden handelte, tauschte Honda bestimmte Teile. "Es war klar, dass wir so nicht würden weitermachen können", erklärt Arai. Button beklagt, dass er kaum Temperatur in die Reifen bekommen würde. "Ich hatte im ersten Sektor Probleme, habe das Auto aber im zweiten und dritten Abschnitt zum Arbeiten bekommen", moniert der Brite.
Das lag wohl auch am mangelnden Topspeed. Er hofft am Sonntag auf die Konstanz des MP4-30 bei den Longruns und Vorteile beim Fahren mit viel Sprit an Bord. Denn noch lässt sich anhand der GPS-Daten nicht abschließend bewerten, ob der McLaren in den Kurven wirklich besser liegt als andere Boliden. Alonso betet für den großen Regen. Der Ex-Weltmeister, der in Malaysia so viele Führungsrunden abspulte wie kein anderer Pilot in der Geschichte, will dazulernen: "Das wäre eine weitere Erfahrung für das Team", sagt Alonso.
Das Abschneiden nennt er insgesamt "enttäuschend", aber im Rennen wolle man für eine gute Show sorgen. Alonso stimmt zu: "Wir können uns auf sehenswerte Kämpfe mit den Autos vor uns gefasst machen", verspricht er, auch wenn Boullier das Ganze mit gemischten Gefühlen sehen wird: "Am Ende des Feldes macht es nicht so viel Spaß."