• 15. März 2015 · 12:21 Uhr

Trotz Pleitenserie: McLaren-Honda schafft erste Renndistanz

Ein Auto vor dem Start verloren, zwei Mal überrundet und trotzdem irgendwie zufrieden: Ein schwieriges Wochenende endet für McLaren mit einem Lichtblick

(Motorsport-Total.com) - "Ins Ziel gekommen zu sein, ist wie ein Sieg" - mit diesem Satz brachte Kevin Magnussen die Stimmung bei McLaren-Honda nach dem Grand Prix von Australien in Melbourne wohl treffend auf den Punkt. Obwohl das Auftaktrennen der Formel-1-Saison 2015 eines der schwächsten in der 45-jährigen Geschichte des Rennstalls war, verlässt McLaren Australien mit leeren Händen, aber doch irgendwie zufrieden.

"Nach diesem unglaublich schwierigen Wochenende fällt es nicht leicht, etwas Positives zu finden, aber da gibt es einiges", meint Rennleiter Eric Boullier. Zum Beispiel, dass Jenson Button im Albert Park die Zielflagge sah, was mehr war, als das Team zuvor erhofft hatte. "Das war ein guter Tag", freut sich Button. "Wir sind noch weit zurück, aber das ist ein guter Ausgangspunkt. Ich habe das Rennen genossen und hatte sogar einen kleinen Kampf mit Checo."

Im Laufe des Zweikampfs mit Force-India-Pilot Sergio Perez gerieten die beiden Autos in der zwölften Runden in Kurve drei sogar aneinander, wobei sich Perez drehte. Der McLaren überstand die Kollision jedoch unbeschadet, und Button setzte sein Rennen fort. Das Tempo der Konkurrenz konnte der Brite zwar über weite Strecken nicht mitgehen, wodurch er von Rennsieger Lewis Hamilton (Mercedes) zwei Mal überrundet wurde, dennoch erreichte er nach 56 Umläufen glücklich das Ziel.

Magnussen kommt nicht einmal bis zur Startaufstellung

"Das hat uns sehr bei der Weiterentwicklung geholfen. Wenn wir nur drei Runden gefahren wären, hätten wir nichts gelernt", sagt Button. Im heutigen Rennen überbot Button den bisherigen Distanzrekord des McLaren-Honda MP4-30 um mehr als das vierfache, denn bei den Wintertests war das Auto nie mehr als zwölf Runden am Stück gefahren.

Deutlich kürzer war das Rennen Magnussens, das zu Ende war, bevor es überhaupt begonnen hatte. Schon auf dem Weg in die Startaufstellung musste der Ersatzmann des rekonvaleszenten Fernando Alonso sein Auto mit rauchendem Heck abstellen. "Es war frustrierend, aber auch wenn ich nicht einmal bis zum Start gekommen bin, kann das Team aus dem Problem an meinem Auto etwas lernen", sagt er.

Honda nahm den vermeintlichen Antriebsschaden auf seine Kappe: "Es ist schade, dass wir ihm für das Rennen keine einsatzbereite Antriebseinheit geben konnten", entschuldigt sich Entwicklungschef Yasuhisa Arai. "Wir müssen noch genau untersuchen, was die Ursache war, aber das geht erst, wenn das Auto zurückkommt und wir unter die Motorabdeckung schauen können." Boullier sprach von einem "noch nicht identifizierten" Problem, vermutet aber: "Es lag am Verbrennungsmotor."

Ist der Knoten bei McLaren-Honda geplatzt?

Unter dem Strich bleibt aber der erfolgreiche Dauerlauf Buttons stehen, den das Team durch eine sehr konservative Einstellung des Antriebsstrangs erreichte. "Wir waren sehr vorsichtig und wollten, dass heute nichts kaputt geht, weil das Strafen nach sich ziehen kann", sagt Boullier. "Wir haben den Motor Runde für Runde genau überwacht." Zudem spielten McLaren-Honda die im Vergleich zum Qualifying niedrigeren Temperaturen in die Karten.

So gelang Button der erste richtige Longrun mit dem MP4-30, von dem er eine Menge mitnahm. "Ich konnte das Auto besser kennenlernen und mit den verschiedenen Einstellungen im Cockpit herumexperimentieren." Außerdem konnte er direkte Vergleiche zur Konkurrenz ziehen, und dabei schnitt das neue McLaren-Chassis nicht schlecht ab: "Wir sind in den Kurven so schnell wie die Force India und sehen ähnlich gut aus wie die Red Bull und Sauber", meint Button.

Die Freude über die Zielankunft Buttons kann freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass McLaren noch lange nicht konkurrenzfähig und von den eigenen Ansprüchen noch meilenweit entfernt ist. "Die Tatsache, dass wir nicht nur einmal, sondern gleich zweimal vom Rennsieger überrundet wurden zeigt, wie steil der Berg ist, den wir in Sachen Performance erklimmen müssen", wiederholt Boullier ein an diesem Wochenende von den Teamverantwortlichen oft gewähltes Bild.

Team erwartet: Entwicklung geht nun rasch voran

Auch die Tatsache, dass Button als einziger der elf Fahrer, die ins Ziel kamen, ohne Punkte blieb, schmerzt Boullier. "Das ist kein gutes Gefühl. Aber wir wussten seit den Wintertests, dass wir nicht da sind, wo wir sein wollen." Auch Button bestätigt: "Es liegt noch viel Arbeit vor uns, bei Leistung, Fahrbarkeit, Abtrieb und Abstimmung, aber wir können große Fortschritte machen."


Fotos: McLaren, Großer Preis von Australien


Und Fahrer und Rennleiter rechnen damit, dass McLaren diese Fortschritte rasch gelingen können. "Wenn wir uns in einem Bereich steigern, setzt eine Art Schneeballeffekt ein, und wir werden auch in anderen Bereichen besser", hofft Button, und auch Boullier meint: "Wenn die Zuverlässigkeit einmal stimmt, können wir die Leistung des Antriebs erhöhen."

Ob dies allerdings schon in 14 Tagen beim zweiten Saisonrennen im tropisch-heißen Malaysia passieren wird, lässt Boullier erst einmal offen. "Ich werde in der Kürze der Zeit keinen Aufschwung versprechen, aber wir werden Tag und Nacht daran arbeiten, Leistung und Zuverlässigkeit zu steigern." Das verspricht auch Motoren-Mann Arai für den Grand Prix in Sepang: "Dort wollten wir die Einstellungen an die Hitze anpassen und bei der Suche nach einer konkurrenzfähigeren Abstimmung Fortschritte machen."

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