Lewis Hamilton: "Eine neue Zeitrechnung beginnt"
Mercedes-Fahrer Lewis Hamilton erklärt, warum für ihn mit der Formel-1-Saison 2015 "ein neues Kapitel" beginnt und was er tut, um erneut Weltmeister zu werden
(Motorsport-Total.com) - 1:0 im WM-Titelkampf. Das ist das Ergebnis des ersten Rennens in der Formel-1-Saison 2015. Denn Lewis Hamilton blieb beim Großen Preis von Australien in Melbourne vor seinem Mercedes-Kollegen Nico Rosberg und setzte damit gleich ein Ausrufezeichen. Wie schon im Qualifying, als er Rosberg entscheidend distanzierte und sich überlegen die Pole-Position gesichert hatte. Und so will Hamilton weitermachen.
"Es ist immer gut, zu wissen, dass man es geschafft hat. Ich habe aber genug Selbstvertrauen und brauche diese Bestätigung nicht", meint der 30-Jährige bei 'Sky Sports F1'. Er spüre auch keinen Druck, nur weil er im vergangenen Jahr den WM-Titel gewonnen habe. Titelverteidiger will er ohnehin nicht sein. "Darum geht es ja auch gar nicht", sagt Hamilton. "Ich will den Titel nicht verteidigen, sondern gewinnen."
Der erste WM-Spitzenreiter der Formel-1-Saison 2015 zeigt sich von seiner philosophischen Seite: "Es beginnt jetzt zwar alles wieder von vorn, dennoch hoffe ich, die Energie vom Titelgewinn 2014 lässt sich auf das Jahr 2015 übertragen. Ich habe nämlich das Gefühl, in diesem einen steileren Berg bezwingen zu müssen, und dass ich noch einiges mehr mitbringen muss, um ihn zu überwinden."
Spielt Hamilton nur mit Rosberg?
Denn sein Mercedes-Teamkollege Rosberg habe sich über den Winter mächtig bemüht, persönliche Schwächen zu finden und auszumerzen. Das ist dem Deutschen auch gelungen, meint Formel-1-Experte Marc Surer bei 'Sky'. Er erklärt: "Rosberg hat sich in Melbourne nicht abhängen lassen und er hat auch nicht aufgegeben. Daher glaube ich: Er hat gelernt, was er im vergangenen Jahr falsch gemacht hat."
Gegen Hamilton hatte Rosberg im ersten Grand Prix des Jahres trotzdem keine Chance. Laut Surer hatte der Weltmeister nämlich noch Reserven. "Manchmal", meint Surer, "sah es so aus, als ob er spielt." Kaum hatte Rosberg eine schnelle Runde hingelegt, schon folgte der Konter von Hamilton, der damit wieder davonzog. Ein Katz-und-Maus-Spiel über 58 Runden, mit dem besseren Ende für Hamilton.
Über die psychologische Komponente seines Handelns denkt er aber "nicht so sehr" nach, sagt Hamilton über sich selbst. "Ich bin, wer ich bin, und werde so schnell fahren, wie ich kann. Nico weiß, zu was ich imstande bin. Und ich bin mir auch sehr bewusst, was er kann. Er wird in diesem Jahr alles daran setzen, zu beweisen, dass er besser sein kann als ich. Und umgekehrt tue ich genau das Gleiche."
Was kann Rosberg gegen den formstarken Hamilton tun?
In der Tat wirkt Hamilton fokussierter als in der Vergangenheit. Die Liaison mit seiner langjährigen Lebensgefährtin, der Popsängerin Nicole Scherzinger, liegt zum Beispiel seit geraumer Zeit auf Eis. "Die Saison 2015", so Hamilton, "ist ein neues Kapitel für mich. Eine neue Zeitrechnung beginnt." Und das mit der Pole-Position und dem Sieg beim Saisonauftakt auf dem Albert Park Circuit in Melbourne.
Nico Rosberg: Mit der Tram durch Melbourne
Der Mercedes-Pilot testet die öffentlichen Verkehrsmittel, die die Fans zum Auftaktrennen der Formel-1-Saison 2015 bringen sollen Weitere Formel-1-Videos
"Es hätte kaum besser laufen können", sagt Hamilton. Und so muss sich Rosberg fragen, wie er gegen dieses Formhoch bei seinem Teamkollegen ankommen kann. Formel-1-Experte Surer plädiert für angreifen - und auch für abwarten. "Die Saison ist lang. Wenn man Zweiter wird, sind das ein paar Punkte. Das ist nicht so schlimm. Denn wahrscheinlich entscheiden auch dieses Jahr die Ausfälle."
Deshalb rät Surer: Rosberg soll seine Chancen suchen, im Zweifelsfall aber auch mit Gelassenheit vorgehen. "Man muss aufpassen, dass man sich nicht übernimmt und einfach sagt: 'Okay, wenn es halt nicht geht, zu gewinnen, dann nehme ich Platz zwei mit.' Nach dem Motto: Schauen wir mal, was passiert", sagt Surer. Aber ob diese Taktik auf Dauer ausreichend ist? Der weitere Saisonverlauf wird es zeigen.