Giedo van der Garde: "Jetzt muss Sauber mit uns arbeiten"
Wie sich der Krimi um Sauber und Giedo van der Garde zuspitzt, wieso Christian Horner Kritik am Team übt und wieso es nicht an der Superlizenz scheitern sollte
(Motorsport-Total.com) - Der Formel-1-Saisonauftakt wird dieses Jahr zum Justizkrimi: Der Niederländer Giedo van der Garde erwirkte vor Gericht, dass ihm Sauber ein Cockpit überlassen muss. Das stellte der Richter am Donnerstag klar, nachdem das Schweizer Team in die Berufung gegen das Urteil gegangen war. Sauber hatte 2014 eine Option gezogen, die dem 29-Jährigen ein Renncockpit für 2015 und dem Team weitere Sponsorengelder zusicherte.
Doch was bedeutet dies nun? "Sauber muss jetzt mit uns arbeiten, es gibt keine andere Möglichkeit", sagt der Mann, der 2013 seine bislang einzige Formel-1-Saison für Caterham bestritt, gegenüber dem Blog von Formel-1-Reporter Adam Cooper. "Ich bin froh, dass wir gewonnen haben, und dass das Gericht diesen Fall sehr ernst genommen hat."
Tatsächlich forderte der Richter das Team auf, das Urteil sofort umzusetzen. Sauber hatte für diese Saison eigentlich Marcus Ericsson und Felipe Nasr verpflichtet - die Sponsorengelder der beiden Piloten sichern derzeit den Fortbestand des kriselnden Rennstalls.
Horner über Sauber verwundert
Zurecht, wenn es nach Red-Bull-Teamchef Christian Horner geht. "Ein anderes Team setzt zwei Jungs in ein Auto, das dieses Jahr noch keinen Meter gefahren ist", spielt er auf die Manor-Marussia-Truppe an. Das Team war im Winter noch insolvent und schaffte es im letzten Moment nach Australien. Der vor wenigen Tagen nominierte Pilot Roberto Merhi hat noch keinen Grand Prix bestritten.
Van der Garde "bereit"
"Das ist also ein ziemlich schwaches Argument", unterstreicht Horner seine Meinung. "Es ist deren Problem, sie selbst müssen es nun lösen. Hoffentlich schaffen sie das, ehe morgen der Fahrbetrieb losgeht. Egal, welche beiden Fahrer sie nehmen werden, einer wird am Ende halt unglücklich sein." Abschließend kann er sich einen kleinen Scherz nicht verkneifen: "Am Ende läuft es darauf hinaus, dass ein Jurist als Ingenieur am Fahrzeug arbeitet."
Auch van der Garde versucht, Kaltenborns Argument den Wind aus den Segeln zu nehmen: "Ich wusste, dass wir hier eine starke Ausgangsposition haben, und daher habe ich mich auf die Sache konzentriert. Ich habe in den vergangenen drei Monaten sehr hart trainiert, also fühle ich mich fit und stark."
Superlizenz sollte kein Problem sein
Dennoch hielt er Stillschweigen, dass auf Sauber juristische Probleme zukommen würden: "Ich habe mit niemandem darüber gesprochen, und das ist jetzt eine schöne Belohnung." Noch ist aber nicht gesichert, dass van der Garde tatsächlich im Sauber-Boliden sitzen wird. Um an einem Grand Prix teilzunehmen, muss der Fahrer im Besitz einer Superlizenz sein. Obwohl der Ex-Caterham-Pilot grundsätzlich ein Anrecht darauf hat, muss diese jedes Jahr neu beantragt werden.
Van der Garde beantragte die Rennlizenz für 2015 vergangene Woche beim niederländischen Verband, für die zusätzlich nötige Superlizenz wäre aber das Sauber-Team zuständig. Auch diesbezüglich dürfte der Rennfahrer am längeren Ast sitzen: Morgen vor dem ersten Freien Training ist ein weiterer Gerichtstermin angesetzt. Ignoriert Sauber van der Garde, drohen heftige Konsequenzen.
Whiting deutet Kompromissbereitschaft an
Außerdem ließ die FIA in der Vergangenheit schon Fälle durchgehen, bei denen nicht alle Bedingungen erfüllt waren - insofern sollte die Superlizenz für van der Garde kein Stolperstein sein. "Es ist nur eine Formalität. Sauber muss insofern helfen, dass sie es ausfüllen müssen. Wir werden in den kommenden Stunden sehen, was dabei rauskommt. Das Gute: Es ist noch früh in Europa, sie haben also noch einen ganzen Tag Zeit. Von meiner Seite gibt es da gar kein Problem, jetzt muss sich nur mehr Sauber darum kümmern."
Das deutet auch FIA-Rennleiter Charlie Whiting an: "Ich denke nicht, dass es in diesem Fall angemessen wäre, das gesamte Prozedere durchzumachen. Damit beschäftigen sich die entsprechenden Leute aktuell."
Van der Garde geht grundsätzlich davon aus, durch das Urteil ein Cockpit-Anrecht für die komplette Saison zu haben. "Der Richter hat gestern gesagt, dass es für alle Rennen gilt. Schauen wir mal, Malaysia ist noch weit weg. Konzentrieren wir uns mal auf dieses Wochenende. Hoffentlich können wir nun meinen Sitz anpassen. Das wäre schön."