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Sieg in Austin: Hamilton stürmt WM-Titel entgegen
Im entscheidenden Moment keine Chance gegen Lewis Hamilton: Nico Rosberg wird beim US-Grand-Prix vor Daniel Ricciardo nur Zweiter - Adrian Sutil im Pech
(Motorsport-Total.com) - Nach dem Gewinn der Konstrukteurs-WM beim Grand Prix von Russland in Sotschi hat Mercedes nun auch den Fahrertitel endgültig in der Tasche. Denn der Abstand zwischen Spitzenreiter Lewis Hamilton und Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo beträgt zwei Rennen (und maximal 75 mögliche Punkte) vor Schluss 102 Zähler. Hamilton feierte beim Grand Prix der USA in Austin seinen fünften Sieg hintereinander (zum ersten Mal in seiner Karriere) und stürmt damit weiter in Richtung Weltmeisterschaft.
Dabei hatte für Polesetter Nico Rosberg alles so gut angefangen: Der Mercedes-Fahrer erwischte einen optimalen Start, führte zwischenzeitlich mit bis zu zweieinhalb Sekunden Vorsprung, musste den immer schneller werdenden Hamilton aber in der 24. Runde überholen lassen. Hamilton, mit dem heutigen Sieg erfolgreichster Brite in der Formel-1-Geschichte, saugte sich in der DRS-Zone heran, setzte sich in der Bremszone innen neben seinen Teamkollegen und gab das Rennen von da an nicht mehr aus der Hand.
"Ich bin sehr enttäuscht. Das war für mich eine Katastrophe, aber so ist es nun mal", seufzt Rosberg. "Ich habe lange gebraucht, um meinen Rhythmus zu finden. Erst als Lewis vorbei war, hatte ich ihn - aber da war es zu spät." Davon, dass ihn Hamilton als "großartigen Gegner" lobt, kann er sich wenig kaufen - ebenso wenig wie von den aufmunternden Worten von Sportchef Toto Wolff: "Nico hat die Pace, im Qualifying hat er Lewis fair and square geschlagen. Auch am Ende hatte er die Pace und ist rangefahren, aber im entscheidenden Moment wurde er halt überholt."
Gleich in der allerersten Runde kam Rosberg einmal kurz von der Strecke ab, verlor dabei aber keine Zeit und behielt die Führung, ebenso wie beim Safety-Car-Restart in Runde fünf. Nach zwölf Runden meldete der Deutsche, dass sein linker Vorderreifen am Ende sei. Bei der ersten Zieldurchfahrt nach dem Führungswechsel betrug der Abstand 1,3 Sekunden, sodass Rosberg keinen DRS-Vorteil mehr hatte. Endgültig draußen war die Luft, als Hamilton den Vorsprung in der 49. von 56 Runden von 1,9 auf 2,5 Sekunden ausbauen konnte.
In der Weltmeisterschaft ist damit möglicherweise eine Vorentscheidung gefallen, denn obwohl in Abu Dhabi doppelte Punkte vergeben werden, kann Rosberg den Titel nicht mehr aus eigener Kraft gewinnen. Nach 17 von 19 Grands Prix 2014 hat er 24 Punkte Rückstand auf Hamilton - sollte er in Sao Paulo und Abu Dhabi jeweils vor seinem Teamkollegen gewinnen, würde er nur 21 davon gutmachen. Kein Wunder also, dass er sich nach der Zieldurchfahrt bei seiner Crew entschuldigte: "Sorry, Jungs!"
Heimlicher Mann des Rennens war aber Ricciardo, der zwar am Start vom fünften auf den siebten Platz zurückfiel, aber rasch gegen Kevin Magnussen (McLaren) und Fernando Alonso (Ferrari) zurückfightete, bei jedem der beiden Boxenstopps einen Williams überholte und am Ende mit 25,560 Sekunden Rückstand auf Sieger Hamilton als Dritter über die Ziellinie fuhr. Nach hinten rettete er immerhin 1,364 Sekunden Vorsprung auf Felipe Massa (Williams).
"Hier kann man überholen, es gibt viele Gelegenheiten", freut sich Ricciardo, der seinen Cowboy-Bart auch für die Siegerehrung nicht abrasierte. Dass seine WM-Chancen nun auch rechnerisch dahin sind, tut ihm angesichts des achten Podestplatzes in dieser Saison nicht wirklich weh: "Ich bin sehr gerne hier und danke Red Bull für das Paket, das es mir erlaubt hat, um Rang drei zu kämpfen." Zumal er Teamkollege Sebastian Vettel wieder deutlich in den Schatten stellte.
Vettel startete nach Wechsel der Antriebseinheit aus der Boxengasse und kämpfte von Anfang an nur um die hinteren Plätze. Dass er in seinem drittletzten Rennen für Red Bull mit einem gewissen Frust zu kämpfen hatte, war am Boxenfunk unüberhörbar: "Das ganze Wochenende fahren wir 44er- oder 45er-Zeiten, und jetzt habe ich Mühe, 1:46 zu fahren." Zumindest funktionierte seine Dreistoppstrategie mit spätem letzten Reifenwechsel ordentlich, sodass er mit Platz sieben das im Vorfeld von Motorsportkonsulent Helmut Marko definierte Ziel (Platz acht) knapp übertraf.
Der Poker, schon während der Safety-Car-Phase Reifen zu wechseln, ging für Vettel nicht wie geplant auf: "Das war relativ schnell klar", seufzt er. "Als das Safety-Car reinkam, konnte ich überhaupt keinen Schritt nach vorne machen, im Gegenteil. Im musste abreißen lassen - mehr als der Sauber war zu dem Zeitpunkt nicht drin." Der letzte Stopp sei dann richtig gewesen, aber: "Man kann sich darüber streiten, ob man vielleicht früher auf die Dreistoppstrategie hätte gehen können."
Im Pech die anderen beiden Deutschen: Adrian Sutil wurde gleich in der ersten Runde Opfer einer Kollision, anstatt die bitter nötigen ersten WM-Punkte für Sauber erkämpfen zu können, und Nico Hülkenberg (Force India) rollte mit einem technischen Defekt aus. "Ich kann Öl riechen", war sein erster Kommentar am Funk. Später sagte er: "Ich habe den Vortrieb verloren. Der Motor war anscheinend weg. Keine Ahnung, was wirklich passiert ist, aber das Team hat mir sofort gesagt, ich soll das Auto abstellen."
Weniger gelassen nahm Sutil seinen Ausfall hin: "Ich habe von Perez eine Breitseite abbekommen. Das Auto war komplett krumm, er hat fast auch noch Räikkönen abgeräumt. Das ist einfach total enttäuschend und so unnötig in der Position. Schade. Für uns war das natürlich ein sehr wichtiges Rennen, wahrscheinlich wesentlich wichtiger als für Force India und Perez. Ich bin mal gespannt, was er dazu zu sagen hat. Es ist zum Heulen. Mal schauen, ob er den Mut hat, zu mir zu kommen."
Sergio Perez wollte bei seinem "halben Heim-Grand-Prix" unweit der mexikanischen Grenze gleich in der ersten Runde den Ferrari von Kimi Räikkönen überholen, war dabei aber zu optimistisch und rutschte innen über den Einlenkpunkt der Kurve hinweg. Dass er dabei nicht Räikkönen abräumte, sondern Sutil, war wohl eher ungewollter Kollateralschaden als böse Absicht. Der zweite Sauber-Pilot, Perez' Landsmann Esteban Gutierrez, spielte heute keine Rolle und wurde 14.
Gutierrez war auch einer von drei Fahrern, die während der anschließenden Safety-Car-Phase schneller als die erlaubte Geschwindigkeit waren und dafür eine Fünf-Sekunden-Strafe kassierten. Pastor Maldonado (Lotus) schaffte es sogar, später ein zweites Mal die gleiche Strafe auszufassen (wegen Pit-Lane-Speeding), aber trotzdem als Zehnter einen Punkt zu holen. Jean-Eric Vergne (Toro Rosso) machte seine Strafe mit kämpferischer Leistung wieder gut und wurde Neunter.
Die Positionen sechs bis zehn waren bis zum Schluss hart umkämpft - ein besonders sehenswertes Duell lieferten sich etwa Alonso, der am Ende Sechster wurde, und Jenson Button (McLaren), dessen Reifen im Finish abbauten. "Das ist total bescheuert", ärgert sich Button trotzdem. "Wir waren so schnell wie die Toro Rossos, aber Kevin hat es als Achter gerade mal vor einen der beiden geschafft. Es ist überraschend, dass wir nicht schneller sind."
Das Überholmanöver von Vergne gegen die beiden Lotus in Kurve 1 war ebenfalls couragiert, aber auch so hart, dass es von der Rennleitung noch untersucht wird. Und Daniil Kwjat (Toro Rosso) erlebte seine ganz persönliche Schrecksekunde, als er in der Schlussphase funkte: "Ich kann nicht mehr lenken!" Trotzdem kam er als 15. und Letzter in die Wertung. Insgesamt waren, in Abwesenheit von Marussia und Caterham, 18 Autos in den Grand Prix der USA gestartet.
Weiter geht es schon in fünf Tagen mit dem Freien Training zum Grand Prix von Brasilien, dem letzten Rennen mit 25 Punkten für den Sieger. Danach folgt noch am 23. November das Saisonfinale in "Abu Double". Auch wenn es Rosberg nicht mehr aus eigener Kraft richten kann, gibt er die Hoffnungen auf seinen ersten WM-Titel nicht auf: "Es sind noch 75 Punkte zu holen. Da ist definitiv noch alles drin", sagt er.