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Rennvorschau Austin: Heiße Phase im Titelkampf beginnt
Die Konstrukteurs-WM ist entschieden, Daniel Ricciardo so gut wie chancenlos: In den USA, wo wenig für Nico Rosberg spricht, beginnt der Mercedes-Titel-Showdown
(Motorsport-Total.com) - Die Formel 1 hat schwierige Wochen hinter sich: Zunächst der fürchterliche Unfall von Jules Bianchi in Suzuka, der auch schon wieder mehr als drei Wochen zurückliegt, dann in den vergangenen Tagen die Finanzkrise, die - zumindest vorübergehend - Caterham und Marussia aus dem Verkehr zieht. Damit werden in Austin nur noch 18 Autos am Start stehen. Kurioserweise handelt es sich hierbei um das kleinste Starterfeld seit dem Grand Prix der USA 2005, als wegen der Reifenfarce nur sechs Autos am Rennen teilnahmen.
© xpbimages.com
Endlich können sich die Mercedes-Stars voll auf den Titelkampf konzentrieren Zoom Download
Die Spannung sollte aber diesmal deutlich größer sein, was der angeschlagenen Formel 1 dieser Tage gut tun würde: Das liegt am nach wie vor tobenden Mercedes-Stallduell um den WM-Titel zwischen Lewis Hamilton und seinem Verfolger Nico Rosberg. Da die Silberpfeile in Sotschi die Konstrukteurs-WM endgültig für sich entschieden haben, ist eine große Last von den Schultern der Mercedes-Verantwortlichen Toto Wolff, Niki Lauda und Paddy Lowe gefallen. Die Pflicht ist erfüllt - nun gilt die volle Konzentration dem direkten Duell der beiden Langzeit-Rivalen.
Zumal auch Daniel Ricciardo im Titelkampf keine ernsthafte Rolle mehr spielt: Der australische Red-Bull-Pilot liegt 92 Punkte hinter WM-Leader Hamilton. Wenn Ricciardo alle drei verbleibenden Rennen in Austin, Interlagos und Abu Dhabi gewinnt, dürfte der Brite nicht mehr als sieben Zähler einfahren, Rosberg nicht mehr als 25. Eine eher aussichtslose Ausgangssituation, wenn man bedenkt, dass Hamilton die vergangenen vier Rennen in Serie gewonnen hat.
Niemand glaubt an Rosberg - seine Chance?
Dementsprechend muss sich auch Rosberg langsam etwas einfallen lassen. Der vierfache Saisonsieger ist gegenüber Hamilton, der schon neun Rennen für sich entschieden hat, zuletzt deutlich ins Hintertreffen geraten. Seine WM-Führung hat sich in einen Rückstand von 17 Punkten verwandelt.
"Für Nico wird es jetzt schwer, weil Lewis gerade auf einem höchsten Level fährt", sagt selbst der Mercedes-Aufsichtsratsvorsitzende Lauda: "Er muss jetzt irgendwie zurückschlagen." Dazu kommt, dass dem WM-Leader der Circuit of The Americas liegt - er hat dort bei der Premiere vor zwei Jahren Sebastian Vettel niedergerungen und das Rennen gewonnen. Rosberg hingegen bekam bislang in Austin keinen Fuß auf den Boden. 2012 wurde er 13., im Vorjahr kam er über Rang neun nicht hinaus.
Doch Rosberg hat schon einmal in dieser Saison bewiesen, dass er nicht zu unterschätzen ist, wenn er mit dem Rücken zur Wand steht: In Monaco drehte er nach vier Hamilton-Siegen den Spieß um, und plötzlich hatte er das Momentum auf seiner Seite. Auch Ex-McLaren-Pilot Alain Prost, der durch seinen Stallkrieg mit Senna weiß, wovon er spricht, warnt gegenüber der 'AS' davor, Rosberg abzuschreiben: "Ich glaube eher an Hamilton, aber er könnte zum falschen Zeitpunkt einen Fehler machen. Ich würde sagen, die Chancen stehen 55 zu 45." Man darf also gespannt sein, wie sich Rosberg in Austin präsentieren wird.
Doppelerfolge pro Saison: Egalisiert Mercedes Rekord?
Dass Mercedes wieder die Oberhand haben wird, gilt als sehr wahrscheinlich: Auf der einen Kilometer langen Geraden zählt Leistung, in den Sektoren eins und drei wird eine gute Beschleunigung erfordert. Das Mercedes-Paket gilt generell als sehr ausgewogen, also darf man mit einem weiteren starken Wochenende rechnen. Möglicherweise reicht es sogar, um den zehnten Doppelerfolg in dieser Saison einzufahren - damit würde man sogar die McLaren-Rekordmarke aus der Saison 1988 mit Ayrton Senna und Alain Prost egalisieren.
Auch Abtrieb ist in Austin wichtig - vor allem in den schnellen S-Kurven im ersten Sektor der Strecke muss der Bolide auf dem Asphalt kleben, damit man konkurrenzfähig ist. Diese Passage sollte daher Red Bull besonders liegen. Man darf gespannt sein, ob Daniel Ricciardo und Sebastian Vettel in die Nähe der Mercedes-Piloten kommen werden.
Beim abgelösten Weltmeister-Team hat der "Aussie", der Austin als sein Lieblingsrennen bezeichnet, eindeutig die besseren Karten. Das liegt daran, dass Vettel wie ursprünglich in Sotschi geplant, aber wegen der Zollprobleme nicht durchgeführt, einige oder alle Komponenten seiner Antriebseinheit zum fünften Mal wechseln wird.
Vettel: Start aus der Box auf überholfeindlicher Strecke?
Dadurch wird er entweder um zehn Startplätze zurückgereiht werden, oder - wenn die komplette Einheit getauscht wird - überhaupt aus der Boxengasse starten. Eine alles andere als optimale Ausgangssituation, zumal der Circuit of The Americas nicht die überholfreundlichste Strecke ist. Das beweist die Statistik: Im Vorjahr gab es im gesamten Rennen nicht mehr als 18 Überholmanöver.
Und das weiß auch Vettel, der sich 2012 im Kampf um den Sieg lange erfolgreich gegen Hamilton gewehrt hat, ehe er in den schnellen S-Kurven von einem Hinterbänkler aufgehalten wurde und so auf der Geraden nach der Haarnadel, wo DRS wie auch auf der Start-Ziel-Geraden genutzt werden darf, für den McLaren-Piloten zur Beute wurde.
Nur noch neun Teams: Wird Qualifying adaptiert?
Wenn Vettel tatsächlich die gesamte Antriebseinheit tauschen lässt, dann wird er beim Qualifying am Samstag zuschauen. Dadurch würde sich die kuriose Situation ergeben, dass nur 17 Autos am Zeittraining teilnehmen, da Caterham und Marussia nicht an den Start gehen werden. Das könnte Auswirkungen auf das Qualifying-Format haben, denn die FIA hat sich vorbehalten, Anpassungen vorzunehmen, sollte sich die Anzahl der Autos ändern. So könnte es also durchaus passieren, dass in Q1 und in Q2 nur jeweils vier Piloten ausscheiden.
Fotostrecke: Triumphe & Tragödien in den USA
Den Anfang der US-Historie in der Formel 1 macht eine Legende: In den ersten elf Jahren der Weltmeisterschaft (1950 bis 1960) ist das berühmte Indy 500 im Oval von Indianapolis fester Bestandteil des Formel-1-Rennkalenders. Zehn Piloten, allesamt aus den USA, tragen sich in diesem Zeitraum in die Siegerliste ein. Bill Vukovich ist der Einzige, dem zwei Siege (1953 und 1954) gelingen. Das Foto zeigt das Siegerauto von Johnnie Parsons aus dem Jahr 1950, den Kurtis-Kraft-Offenhauser mit der Startnummer 1. Fotostrecke
Interessant wird, wie gut die Reifen dieses Jahr halten werden: Pirelli bringt im Gegensatz zum Vorjahr nicht mehr die Mischungen Hard und Medium, sondern Medium und Soft - also eine Stufe weicher. Der Asphalt in Austin ist ähnlich glatt wie der in Sotschi, wo es kaum Verschleiß gab, daher ergibt die Entscheidung der Italiener Sinn.
Reifen als "Schlüsselfaktor"
"Die Kombination aus Mediums und weichen Slicks spricht für ein Zwei-Stopp-Rennen", sagt Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery. "Genaueres werden wir allerdings erst wissen, wenn wir unsere Prognose mit den Daten des Freien Trainings abgeglichen haben." Auch das Wetter könnte sich diesbezüglich auswirken: Im November sind die Temperaturen in Austin relativ unberechenbar - das haben schon die vergangenen Jahre gezeigt.
Pirelli in Austin
Der Reifenhersteller erklärt die Herausforderungen auf dem Kurs des Grand Prix der USA Weitere Formel-1-Videos
In der Früh hatte es manchmal nicht mehr als fünf Grad Celsius, am Tag kann die Quecksilbersäule auf 20 bis 30 Grad nach oben klettern. Das macht es schwierig, das optimale Setup zu finden, da sich die Bedingungen ständig ändern. Laut Ferrari-Chefingenieur Pat Fry werden die Reifen 2014 in Austin "ein Schlüsselfaktor" sein: "Das war schon in den vergangenen zwei Jahren so."
Spritverbrauch höher als auf den meisten Kursen
Auch der Spritverbrauch spielt in Austin eine Rolle. In den kurvigen Sektoren eins und drei gehen die Piloten ständig vom und wieder aufs Gas - die lange Gerade tut ihr übriges, damit der Verbrauch ansteigt. Dazu kommt, dass die Safety-Car-Wahrscheinlichkeit gering ist. Diese Kombination könnte sich für die Autos mit Ferrari-Antrieb als ungünstig herausstellen, denn dieser gilt als nicht gerade spritsparend.
"Der Verbrauch auf einen Kilometer zählt in Austin zu den höchsten in der gesamten Saison", verrät Renault-Betriebsleiter Remi Taffin. Durch die Energierückgewinnung kann man das aber etwas ausgleichen: "Die Batterie kann immer wieder geladen werden, also werden wir das Rennen mit den erlaubten 100 Kilogramm Sprit schaffen."
Ärgert Bottas wieder die Favoriten?
Ferrari befindet sich derzeit in der Konstrukteurs-WM im Kampf mit Williams um den dritten Platz, hat aber wegen der guten Leistungen des Teams aus Grove bei den vergangenen Rennen schon einen Respektabstand von 28 Punkten. Valtteri Bottas war in Sotschi drauf und dran, die Pole-Position zu holen, machte aber in den letzten Kurven Fehler. "Wir sind dieses Jahr samstags insgesamt sehr stark. Hoffentlich bekomme ich in Austin oder Abu Dhabi eine weitere Chance", hat der Finne Blut geleckt. Im Vorjahr holte er in Austin seine ersten WM-Punkte - nun darf man gespannt sein, ob er mit Williams wieder zum Favoritenschreck wird.
Im Mittelfeld wird sich zeigen, ob sich Force India gegen McLaren noch einmal aufbäumen kann. Zuletzt machte McLaren die bessere Figur, aber die Truppe von Vijay Mallya scheint für Austin gerüstet: Aus der Fabrik kommen neue Aerodynamik-Teile, die das Auto stabiler machen sollen. Außerdem werden Nico Hülkenberg und Sergio Perez mit neuen Antriebseinheiten ausgerüstet - auch das sollte einen Vorteil bringen. Drei Rennen bleiben noch, um den Rückstand von 20 Zählern auf McLaren aufzuholen und Platz fünf zu holen.
Am Ende des Feldes könnte diesmal Lotus die besseren Karten haben als Sauber. Die Truppe aus Enstone, die im ersten Freien Training erstmals eine konventionelle Nasenvariante ausprobieren wird, um für 2015 gerüstet zu sein, ist auf Strecken mit schnellen Kurven - wie das bei Austin der Fall ist - tendenziell besser als auf winkeligen Strecken.