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Marathon-Reifen: Einstoppstrategie in Sotschi erwartet
Wegen kaum vorhandenem Reifenabbau und dem herabgesetzten Speedlimit in der Boxengasse wird in Sotschi das Durchhaltevermögen geprüft
(Motorsport-Total.com) - Der neue Asphalt, der für die Rennstrecke im Olympiapark von Sotschi gelegt wurde, meint es am Wochenende des Grand Prix von Russland gut mit den Reifen - vielleicht sogar zu gut. Denn die Pirelli-Pneus scheinen so lange zu halten, dass die Teams und Fahrer im Rennen versuchen werden, sie so lange wie möglich auszufahren. Hinzu kommt, dass ein Boxenstopp nun zusätzliche Zeit kosten wird - eine strategische Herausforderung, die den Rennverlauf entscheidend beeinflussen kann.
Mit der Auswahl des Medium- und Soft-Reifens ist Pirelli auf der brandneuen Strecke einen konservativen Weg gegangen. "Die Reifenmischungen sind vielleicht ein bisschen zu hart für diese Art von Strecke", räumt beispielsweise Pastor Maldonado (Lotus) ein. "Vielleicht wird es ein Ein-Stopp-Rennen, wegen des geringen Reifenabbaus. Je länger man fährt, desto schneller wird man." Dem stimmt auch Fernando Alonso (Ferrari) zu: "Wir wissen, dass die Reifen sehr hart sind, also können wir damit viele Runden machen, weil es keine Abnützung gibt."
Schon beim Qualifying zwang dieser Umstand zum strategischen Umdenken. Polesetter Lewis Hamilton (Mercedes) kam damit am besten zurecht: "Die Reifen sind so konstant. Ich war froh, dass sie nicht abgebaut haben und glaube nicht, dass ich noch schneller gewesen wäre, wenn ich zuvor eine langsame Runde eingestreut hätte."
Grip- und Temperatur-Probleme
Andere Piloten beschweren sich jedoch über mangelnden Grip und Probleme beim Aufwärmen der Reifen als Begleiterscheinung des "sanften" Asphalts. "Die Streckenoberfläche ist sehr glatt, wie müssen also etwas tun, um die Reifen auf Temperatur zu bringen, was erst nach einigen Runden der Fall ist", merkt etwa Romain Grosjean (Lotus) an. Und auch Kimi Räikkönen (Ferrari) hat seine Bedenken: "Es ist schwierig, die Reifen auf diesem Untergrund auf Temperatur zu bringen, vor allem die Vorderreifen. Dieser glänzende Asphalt scheint die Reifen nicht aufzuwärmen, zumindest nicht unsere. Die schnelleren Teams können die erste Runde mit den neuen Reifen schon voll fahren."
"Es ist entweder die Oberfläche selbst, oder der Kies oder der Asphalt oder die Asphaltmischung, die hier einfach anders ist", sucht Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff gegenüber 'Sky' nach einer Erklärung. "Sie ist nicht so scharf und öffnet die Poren und den Reifen nicht so, und dadurch wird vielleicht nicht das letzte Gefühl an den Reifen vermittelt. Wir haben Grip, aber die Fahrer spüren das nicht ganz richtig. Das Rennen wird vermutlich eine Einstoppstrategie mit sich bringen, weil der Reifen einfach überhaupt nicht abbaut. Das hatten wir dieses Jahr auch noch nicht."
Pirelli-Vorschau Sotschi
Reifenlieferant Pirelli präsentiert die Setup-Einstellungen für den Russland-Grand-Prix Weitere Formel-1-Videos
Pirelli berechnete die schnellste Einstoppstrategie im 53 Runden andauernden Rennen mit einem Start auf den weicheren Reifen und einem Wechsel auf die härtere Mischung in Runde 34. Bei einem Beginn auf den Medium-Reifen empfiehlt der Reifenhersteller einen Wechsel auf Soft in Runde 18. Ebenfalls denkbar wäre jedoch auch noch immer die Zweistoppstrategie mit einem ersten Stint auf Soft bis Runde 20, einem weiteren auf gleicher Mischung bis Runde 50 und einem kurzen Stint auf Medium zum Schluss. Der Unterschied zwischen den beiden Mischungen soll laut Pirelli nur noch 1,2 Sekunden betragen.
Zweistoppstrategie wird zum Luxus
"Es gibt eine gute Speeddifferenz zwischen Option und Prime, von daher schätze ich, dass die Leute so wenig wie möglich auf den Primes fahren wollen", sagt Williams-Chefingenieur Rob Smedley dazu. "Hinzu kommt, dass der Reifenabbau einen dazu zwingt, lange Stints zu fahren. Das sollte bedeuten, dass wir weniger Stopps erleben werden als in jüngster Vergangenheit."
Wegen der auf 60 km/h heruntergesetzten Geschwindigkeits-Begrenzung in der Boxengasse wird ein Reifenwechsel die Fahrer von der Einfahrt bis zur Ausfahrt insgesamt circa 24 Sekunden kosten. "Die Fahrer werden wahrscheinlich versuchen, die Reifen so lange wie möglich zu fahren und ein Ein-Stopp-Rennen ist nun deutlich wahrscheinlicher", weiß daher auch Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery. "Die schnellen Autos können sich vielleicht den Luxus eines zweiten Stopps erlauben. Es wird auf jeden Fall ein interessantes Rennen, in dem die Strategie eine entscheidende Rolle spielen könnte."