Hypothese Fahrtipp-Verbot: 2015 wäre Ricciardo ausgefallen
Christian Horner erklärt, wieso technische Anweisungen das Rennen seines Piloten retteten und er trotzdem nicht an an der Grundidee rütteln will
(Motorsport-Total.com) - Das komplette Singapur-Wochenende über kannte die Formel 1 kaum ein anderes Thema als das Verbot von Fahrtipps im Funk. Im Rennen am Sonntag schien die Sache auf den ersten Blick keine Rolle zu spielen. Dabei erlebte die Szene einen möglichen Präzedenzfall für die verschärfte Regelung, die nach Willen der FIA ab 2015 in Kraft tritt und sämtliche technische Informationen verbietet. "Es wäre ein Problem geworden", erklärt Christian Horner mit Verweis auf die Situation Daniel Ricciardos.
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Daniel Ricciardo hatte noch mehr Gefahren zu überstehen als einen Ferrari im Heck Zoom Download
Der Australier beklagte bei seinem schlechten Start erstmals Aussetzer des Antriebsstrangs, die fortan wiederkehrten: "Die Leistung kam und ging. Nachdem das Safety-Car draußen war, fehlte sie fast immer", erklärt Ricciardo. "Beim Durchschalten der Gänge bekam ich etwas Schub, aber dann fiel es ab." Alle Lösungsversuche mit Anweisungen zum Drücken der Knöpfen am Lenkrad scheiterten. "Normalerweise sind Problemchen direkt nach dem Start behoben, aber diese zogen sich durch das Rennen."
Es wird sich weisen müssen, inwiefern solche Kommandos nach der künftigen Auslegung des Artikels 20.1 des Sportlichen Reglements noch legal sind. Dem aktuellen Konsens nach sind sie unbedenklich. Horner hätte in der Situation trotzdem gerne uneingeschränkt kommuniziert. "Es hätte ihm das Leben leichter gemacht", meint der Teamchef über Ricciardo, der Randsteine meiden sollte, um weitere Schäden an den Energiespeichern durch die Erschütterungen zu vermeiden.
Ricciardo war ernsthaft besorgt
Bei Red Bull ging man auf Nummer sicher, ehe man diese Information über den Äther schickte: "Wir haben mit Charlie (Whiting; Anm. d. Red.) gesprochen und ihn informiert, dass wir Zuverlässigkeitsprobleme hätten", berichtet Horner. Der FIA-Rennleiter gab grünes Licht. "Das ist vernünftig, wenn es sich so einpendelt", findet Horner. "Die Autos sind so verdammt kompliziert. Den Antriebsstrang zu steuern ist so schwierig, dass Sicherheit und Zuverlässigkeit vorgehen sollten."
Der Brite betont jedoch, nicht an der grundlegenden Idee des Fahrtipp-Verbots rütteln zu wollen: "Ich bin völlig einverstanden damit, das Coaching für die Piloten loszuwerden. Es ist nicht der Job des Ingenieurs, ihm zu sagen, dass er zehn Meter früher bremsen soll." Im Fall Ricciardo erkennt Horner in der Funkkommunikation auch einen Anreiz für die Zuschauer: "Es ist gut für die Show, wenn wir ihm sagen, dass die Bremsen überhitzen und er aus dem Windschatten gehen soll. Da weiß jeder, was los ist."
Ob der Red-Bull-Youngster für kluge Ratschläge vom Kommandostand überhaupt offen gewesen wäre, steht auf einem anderen Blatt. Schließlich hatte er mit Fernando Alonso im Heck alle Hände voll zu tun: "Er hat nach dem Restart mit seinem neuen Satz der härteren Reifen nicht so heftig attackiert, wie ich es vermutet hätte. Also dachte ich, wer würde sich etwas für das Ende aufsparen." Die Schlussoffensive fiel dezenter aus, was Ricciardo genau wie die nicht versagende Technik aufatmen ließ: "Ich war erst ein bisschen frustriert und besorgt, dass wir es nicht bis zum Ende schaffen würden, aber glücklicherweise hat alles gehalten."