Ferraris Wunderheilung: Alles nächtlicher Hokuspokus?
Spezielle Streckeneigenschaften haben der Scuderia den Weg geebnet, trotzdem scheint sich in Sachen Fahrverhalten viel getan zu haben - Alonso "zuversichtlich"
(Motorsport-Total.com) - Ein Befreiungsschlag oder nur die Gunst der Stunde genutzt? Ferraris starke Leistung im Qualifying zum Singapur-Grand-Prix am Samstag wirft mehr Fragen auf als sie beantwortet, schließlich kam der Anstieg der Formkurve selbst für die Piloten überraschend: "Das hätten wir uns nicht träumen lassen", staunt Fernando Alonso, als Fünfter nur 0,226 Sekunden hinter Pole-Setter Lewis Hamilton zurück. "Die Gründe sind uns nicht ganz klar, aber offensichtlich liegt uns das Layout besser."
Kimi Räikkönen hat Wohlfühlklima hinter dem Volant ausgemacht: "Wir müssen noch Dinge an unserem Paket verbessern, aber das Gefühl ist besser", erklärt der Finne, der im Laufe des Jahres immer wieder bekannte, mit dem F14 T nicht klarzukommen. Allen voran die Bremse bereitete dem Ex-Weltmeister Probleme, was sich in Singapur geändert hat: "Für mich ist es jetzt viel einfacher. Wenn man an der Vorderachse ein paar Problemchen hat, dann kann sich das ganz schnell rächen."
Auch Alonsos Empfinden des Fahrverhaltens hat sich zum Positiven gewendet - und zwar ohne Eingewöhnungsphase. "Ich fühle mich hier ohnehin immer wohl und von der ersten Runde an lief es gut, was für konstante Runden immer hilfreich ist", meint der Spanier. Hinzu kommt, dass das Leistungsdefizit des Ferrari-Hybrid im Heck in den 23 Kurven des Marina Bay Circuits deutlich verschmerzbarer ist als etwa auf der Highspeed-Bahn in Monza: "Das hilft uns."
Gute Gelegenheit, Williams Punkte abzunehmen
Alonso warnt davor, die Erkenntnisse von speziellen Kursen wie Singapur oder Monaco zu verallgemeinern, will Fortschritte aber nicht absprechen: "In den vergangen fünf oder sechs Rennen waren wir in der Lage, um die Top 5 zu kämpfen." Hinzu käme, dass starke Freie Trainings insbesondere am Samstagvormittag die Erwartungshaltung unverhältnismäßig gesteigert hätten. Das war am Samstag nicht anders: "Ich verstehe, dass dieser Eindruck für Außenstehende bleibt."
Im Umkehrschluss bedeutet das auch: Ferrari muss in Singapur zuschlagen, insbesondere im Vergleich mit den dank Mercedes-Power auf vielen Bahnen überlegenen Williams. "Wir werden mehr Chancen bekommen, aber das ist eine gute", insistiert Alonso mit Blick auf den dritten Rang in der Konstrukteurs-WM. Der Widersacher betrieb jedoch seinerseits Schadensbegrenzung: "Wir hätten gedacht, sie würden weiter hinten stehen. Trotzdem müssen wir beide Autos vor sie bringen."
Singapur größere Herausforderung als 2013
Das Ziel der Scuderia bleiben die Top 3. Mit einem Start von der sauberen Seite sind sowohl Alonso als auch Räikkönen zunächst im Vorteil. Danach gilt es, die Reifen so gut es geht am Leben zu erhalten. "Warum nicht auf das Podium? Es ist näher als je zuvor", fragt Alonso, will aber nicht in Euphorie verfallen: "Der Sieg wäre schon ein bisschen zu optimistisch. Der Kurs ist jedoch auch mechanisch sehr fordernd, sodass wir erst schauen müssen, wie viele Autos das Ziel erreichen."
Hinzu kommt, dass am Sonntag der Spritverbrauch der höchste der Saison sein wird. Zu Beginn wurde Ferrari nachgesagt, einen extrem durstigen Antrieb zu besitzen. Alonso winkt ab: "Der Spritverbrauch wird keinen großen Unterschied machen. Da sind wir auf dem Niveau der anderen." Eher kommt es auf den Piloten an. Das Drehmoment bleibt auch bei besserem Handling ein Faktor, insbesondere beim Herausbeschleunigen aus den Ecken. Das neue Reglement hat weitere Hürden geschaffen: "Mit dem angeblasenen Diffusor haben wir eine Menge Abtrieb aufgebaut, besonders auf diesem Kurs. Das vermissen wir, dazu sind die Reifen auch noch härter. Es ist schwieriger."