Monza: Hamilton siegt nach Fehler von Rosberg
Nico Rosberg patzt, Lewis Hamilton gewinnt und die Mercedes-Welt ist wieder in Ordnung - Sebastian Vettel muss sich Daniel Ricciardo wieder geschlagen geben
(Motorsport-Total.com) - Lewis Hamilton hat nach der umstrittenen Kollision vor zwei Wochen in Belgien auf der Strecke die richtige Antwort gegeben: Der Mercedes-Pilot sicherte sich den Sieg beim Grand Prix von Italien in Monza vor seinem Teamkollegen Nico Rosberg und Felipe Massa, und zwar letztendlich recht souverän mit einem Vorsprung von 3,1 Sekunden.
"In allererster Linie ist es ein toller Tag für das Team, weil die Anweisung nach den schwierigen letzten Wochen klar war: Wir müssen hier die Plätze eins und zwei holen", erklärt Rosberg. "Für mich war es aber sehr enttäuschend. Lewis war einfach sehr schnell unterwegs. Das ist natürlich sehr schade, aber so ist es halt. Der zweite Platz ist einigermaßen okay, es sind noch viele Punkte, das ist wichtig. Von daher gibt es Schlimmeres."
Obwohl Hamilton an diesem Wochenende zu jedem Zeitpunkt der schnellere Mercedes-Pilot war, sah es zu Beginn nicht nach einem Sieg aus. Denn der Brite fiel am Start hinter Rosberg, Kevin Magnussen (McLaren) und Massa auf den vierten Platz zurück - offenbar wegen eines "Fehlers in der Kalibrierung der Kupplung", wie Sportchef Toto Wolff bestätigt. Rosberg nutzte diese Konstellation, um sich rasch einen Vorsprung von mehreren Sekunden aufzubauen.
Rosberg: Zwei Patzer in der Schikane
Aber bereits in der neunten Runde verlor der Deutsche 1,7 Sekunden, als er in der Rettifilo-Schikane geradeaus fuhr, und in der 24. ging Hamilton durch die Boxenstopps erstmals in Führung. Nachdem auch er selbst Reifen gewechselt hatte, lag er zwar wieder 1,8 Sekunden zurück - aber in der 29. Runde dann die Entscheidung: Rosberg fuhr in der Rettifilo noch einmal geradeaus, verlor die Führung und gab sich in der Folge mit Platz zwei zufrieden.
"Sorry", entschuldigte er sich nach der Zieldurchfahrt am Boxenfunk bei seiner Crew - und musste sich auf dem Podium wieder Buhrufe des Publikums anhören, obwohl er die Tifosi sogar auf Italienisch grüßte. Fragen wirft auch auf, warum Wolff Rosbergs entscheidenden Fehler mit einem Lächeln quittierte, das von den TV-Kameras eingefangen wurde. Aber vielleicht war der Mercedes-Sportchef einfach erleichtert, dass es diesmal zu keiner teaminternen Berührung kam.
Rosberg kam in den letzten Runden noch einmal näher, nachdem sich Hamilton hart verbremst hatte, blieb am Ende aber doch 3,1 Sekunden hinter dem Sieger. Dritter wurde Massa, der ein einsames Rennen fuhr: 21,8 Sekunden hinter Rosberg, 15,7 Sekunden vor Teamkollege Valtteri Bottas. Der hatte seine Chancen auf das fünfte Podium in den vergangenen sechs Rennen schon am Start vergeben, als er auf den zehnten Platz zurückfiel.
Williams geht in Monza an Ferrari vorbei
Trotzdem ist man bei Williams "sehr zufrieden. Tolles Ergebnis für uns und Ferrari Platz drei geklaut, hier in ihrer Heimat", strahlt Vize-Teamchefin Claire Williams. Und auch Massa ist "sehr glücklich über mein erstes Podium in dieser Saison". Noch dazu ein sehr emotionales: "Es ist so schön, hier auf dem Podium stehen zu können. Dieser Anblick ruft bei mir viele Emotionen hervor. Ich habe keinen roten Overall mehr an, aber ich werde euch immer im Herzen behalten!"
Für Vorjahressieger Sebastian Vettel (Red Bull) war das Podium außer Reichweite. Nach einem guten Start sah es lange so aus, als könnte er Fünfter werden. Letztendlich fehlten ihm aber ihm Finish die Körner, um sich gegen den von hinten heranstürmenden Teamkollegen Daniel Ricciardo zu verteidigen, der um acht Runden frischere Reifen hatte. Somit bleibt es bei der Statistik: Wenn Ricciardo 2014 ins Ziel kam, lag er mit der Ausnahme Hockenheim immer vor Vettel.
Letzterer findet, es sei heute "nicht ganz ideal" gelaufen: "Ich denke, es wäre noch mehr drin gewesen, aber wir waren im Nachhinein vielleicht ein bisschen zu aggressiv mit der Strategie." Sprich es wurde der erste Boxenstopp zu früh getimt. "Wir wollten zu dem Zeitpunkt einfach an den McLarens vorbeikommen, und das ist uns auch gelungen", sagt Vettel. "Es hat zunächst gut ausgesehen, dann sind wir aber hinten raus ein bisschen zu sehr eingebrochen."
Vettel ohne Chance gegen Ricciardo
Das Manöver selbst hat Vettel seinem Teamkollegen nicht einfach gemacht: Beim ersten Versuch in der Rettifilo bremste der Weltmeister extrem spät und konnte sich verteidigen, in der Curva Grande war er aber chancenlos. "Vor dem Rennen hat das Team gesagt: 'Ihr startet nebeneinander. Wir werden euch fahren lassen, aber seid vorsichtig!'", so Ricciardo. "Während des Rennens meinten sie dann: 'Wir werden es dich versuchen lassen. Bring das Auto nur in einem Stück nach Hause!'
Magnussen konnte seinen Raketenstart nicht nutzen, kam als Siebter über die Ziellinie, bekommt dafür aber nur einen Punkt. Denn als der aufholende Bottas von hinten attackierte, drängte er den Finnen in der Rettifilo von der Strecke ab - und kassierte dafür eine Fünf-Sekunden-Zeitstrafe, die auf seine Rennzeit addiert wurde. Somit rutschte Magnussen hinter Sergio Perez (Force India), Jenson Button (McLaren) und Kimi Räikkönen (Ferrari) zurück.
Die ehemaligen Teamkollegen Perez und Button lieferten sich ein schön anzusehendes Duell, bei dem letztendlich Perez trotz technischer Probleme die Oberhand behielt. Überhaupt wurde im Verfolgerfeld hart gekämpft - und Räikkönen hatte Riesenglück, als Daniil Kwjat (Toro Rosso) mit Bremsproblemen in der Rettifilo abflog und wie durch ein Wunder weder einen Gegner noch die Leitplanken rammte. Der Russe, von P21 gestartet, machte heute trotzdem zehn Positionen gut.
Keine Punkte für Hülkenberg und Sutil
Ein unauffälliges Rennen fuhren die beiden weniger prominenten Deutschen: Nico Hülkenberg (Force India) beendete einen einsamen Nachmittag als Zwölfter, Adrian Sutil (Sauber) wurde 15. Esteban Gutierrez (Sauber) landete auf P19 - und könnte nachträglich bestraft werden, weil er im Finish eine unnötige Kollision mit Romain Grosjean (17./Lotus) provozierte. Max Chilton (Marussia) war an seinem Abflug zu Beginn hingegen selbst schuld.
Großes Pech hatte Fernando Alonso (Ferrari), der zum ersten Mal seit Jahren einen technischen Defekt erlitt und just in der Rettifilo ausrollte, kurz nachdem Rosberg dort den Sieg hatte liegen lassen. Mit der Vergabe der Podestplätze hätte er vor Ferrari-Heimpublikum aber so oder so nichts zu tun gehabt. Insgesamt sahen heute 20 von 22 gestarteten Autos die Zielflagge. Bester Nachzügler: Kamui Kobayashi (Caterham) auf Platz 17.
In der Weltmeisterschaft führt Rosberg nun 22 Punkte vor Hamilton, sodass er die Spitzenposition zumindest rein theoretisch in Singapur verlieren könnte. Ricciardo fehlen bereits 72 Punkte, dem viertplatzierten Bottas gar 116 - Mercedes kann sich also langsam auf ein teaminternes Duell einstellen. Bei den Konstrukteuren ist Williams neuer Dritter, 15 Punkte vor Ferrari. Nächstes Rennen: Der Nacht-Grand-Prix in Singapur am 21. September.