Ricciardo warnt: "Lasse mich durch nichts einschüchtern"
Wie Daniel Ricciardo auf die Komplimente von Fernando Alonso reagiert, was sein Zweikampf-Geheimnis ist und wieso die HRT-Rennen am Feldende so wichtig waren
(Motorsport-Total.com) - Seit einigen Rennen ist fix: Daniel Ricciardo ist die positive Überraschung der ersten Saisonhälfte. Und dennoch gelang es dem australischen Red-Bull-Piloten in Deutschland, noch einmal eins drauf zu setzen: Er wurde zwar am Ende "nur" Sechster, sorgte aber mit seinem Zweikampf gegen Fernando Alonso für das Duell des Rennens.
Ricciardo bot dem spanischen Ausnahmekönner, der auf deutlich frischeren Reifen unterwegs war, derart souverän Gegenwehr, dass sogar der Ferrari-Star ins Schwärmen kam: "Er hat das gut gemacht. Er hat sich gut gewehrt, hat keinen einzigen Scheitelpunkt verpasst und saß sofort im Windschatten. Er ist schlau gefahren. Daniel macht einen fantastischen Job und führt seine Zweikämpfe intelligent."
Gegenseitiges Vertrauen im Duell mit Alonso
Ricciardo selbst weiß die Würdigung durch den Ferrari-Star zu schätzen. "Es ist schön, wenn man Komplimente von jemandem wie ihm kriegt, wenn man sich im Fahrerlager langsam Respekt verdient."
Während oft kritisiert wird, wie schwierig das Überholen in der Formel 1 geworden ist, haben Ricciardo und Alonso in ihrem Duell mehrmals die Positionen gewechselt - und das nicht nur in den DRS-Zonen.
Ricciardos Überholgeheimnis
Das führt der "Aussie" einerseits auf das Streckenlayout zurück: "Wir hatten in Hockenheim drei direkt aufeinanderfolgende Geraden - denn man hat nach der ersten Kurve die DRS-Zone, da kommt man näher an den Vordermann ran, dann kann man auf der nächsten Gerade überholen, aber wenn man zu spät bremst, dann kann der andere zurückkämpfen. Nach allen Geraden kommen heftige Bremszonen, aber man hat Platz für Überholmanöver. Das war ein wichtiger Beitrag, den die Strecke geleistet hat."
Anderseits haben auch die Protagonisten ihren Anteil an der spannenden Überholaction, wie Ricciardo erklärt: "Als ich auf Fernando auflief, da musste ich nicht viel rechnen, denn ich wusste, wo ich hinmuss. Ich wusste, was ich will, wo ich das Auto platzieren will und kann... Wichtig ist eine Mischung aus Entschlossenheit und Einsatz."
Der Mann, der im Red-Bull-Nachwuchskader heranreifte, gibt zu, dass die vergangenen Rennen eine gewisse Genugtuung brachten, schließlich hatten ihm nicht viele diese Entwicklung zugetraut. "Das war es, was ich mir zu Saisonbeginn vorgenommen hatte", grinst Ricciardo. "Ich wollte Ergebnisse einfahren, zu dieser Gruppe von Fahrern zählen, die man an der Spitze erwartet. Wo man sagt, das ist dieser Kerl, und man kann damit rechnen, dass er hart fährt, dass er schnell ist. Ich glaube, dass ich mich hier gut einfinde."
Ricciardo straft Zweifler Lügen
Selbst bei Red Bull waren vor dieser Saison nicht alle vom Killerinstinkt Ricciardos überzeugt, wie er verrät: "Als sie mich im Vorjahr beförderten, da war das glaube ich auch für sie noch ein bisschen ein Fragezeichen. Ich hatte ein paar gute Rennen, habe aber beim Überholen nicht konstant ein hohes Niveau an Aggression oder Entschlossenheit gezeigt."
Ricciardo schießt gleich eine Warnung an die Konkurrenz hinterher: "Ich lasse mich definitiv durch nichts und niemanden auf der Strecke einschüchtern." Auch wenn der Mann aus Perth so manchem Nicht-Szene-Kenner in den vergangenen Jahren noch kein Begriff war und daher manchmal in einem Atemzug mit Rookies wie Kevin Magnussen oder Daniil Kwjat genannt wird, darf man nicht vergessen, dass er vor etwas mehr als vier Jahren in Silverstone bei HRT sein Formel-1-Debüt gab.
Kontinuierlicher Aufbau als wichtiger Faktor
Im Gegensatz zu anderen Youngsters wurde er nicht ins kalte Wasser geschmissen, sondern konnte sich Schritt für Schritt an die Königsklasse des Motorsports gewöhnen. Auf ein halbes Jahr beim Hinterbänklerteam aus Spanien folgten zwei Saisons bei der Mittelfeld-Truppe Toro Rosso, ehe er zum Weltmeisterteam Red Bull wechselte.
Ist die kontinuierliche Entwicklung vielleicht auch ein Geheimnis seines Erfolges? Ricciardo kann dem Gedanken etwas abgewinnen: "Sagen wir es mal so: Es hat mir sicher nicht geschadet. Klar, als Fahrer willst du immer so rasch wie möglich im besten Team sein. Es hat mir aber sicher geholfen, alles ordentlich zu lernen."
Die ersten HRT-Rennen abseits des Scheinwerferlichts haben ihm geholfen, sich "in der Formel 1 zurechtzufinden." Zudem habe er Demut gelernt: "Ich bin heute vielleicht dankbar für das, was ich habe. Als ich nach HRT zu Toro Rosso kam, da war ich plötzlich der glücklichste Mensch der Welt, weil ich gewusst habe, dass ich vielleicht - also unter Umständen - um Punkte kämpfen konnte. Und dann, als ich für Red Bull unterschrieben habe..."