Mittendrin statt nur dabei: Lotus feiert Wiederauferstehung
Bei Lotus herrscht nach der starken Vorstellung am Samstag große Zuversicht, Pastor Maldonado ist geradezu euphorisch - Wie groß ist der Fortschritt wirklich?
(Motorsport-Total.com) - Wenn man sich anschaut, wo Lotus bei den Wintertests stand, dann grenzt es fast an ein Wunder, dass Romain Grosjean in Schanghai mit dem E22 den Sprung in Q3 schaffte. Doch woher kommt diese plötzliche Leistungssteigerung? Warum war Lotus am Samstag in China plötzlich so viel näher an der Spitze dran als noch beim vergangenen Rennen in Bahrain vor zwei Wochen?
"Das Auto war von Beginn an gut, uns fehlte nur die Leistung. Jetzt haben wir vielleicht immer noch nicht mehr Leistung, aber die Zuverlässigkeit des Antriebs ist höher", schildert Pastor Maldonado seine Eindrücke. In der Tat war es vor allem die Zuverlässigkeit, die Lotus immer wieder einen Strich durch die Rechnung machte. Erst beim dritten Saisonrennen in Bahrain brachte man erstmals beide Autos ins Ziel.
Schnell wurden Vermutungen laut, dass Lotus sich bei der Entwicklung des Autos nur auf das Chassis konzentriert und den neuen Antrieb komplett vernachlässigt habe. "Ich denke nicht, dass es so einfach ist", sagt Grosjean und erklärt: "Es gibt viele Bereiche, in denen wir in die gleiche Richtung wie im vergangenen Jahr gegangen sind. Aber mit den neuen Reifen, der neuen Aerodynamik und den neuen Regeln hat das vielleicht nicht so gut funktioniert, wie wir uns das erhofft hatten."
Maldonado begeistert
"Ich denke, dass uns noch immer etwas fehlt. Aber jetzt haben wir eine Grundlage, mit der wir arbeiten können. Die Schritte werden jetzt sehr schnell nacheinander kommen", prophezeit der Franzose. Der Sprung, den das Team zwischen den Rennen in Bahrain und China gemacht hat, scheint auf den ersten Blick jedenfalls gewaltig zu sein.
Die Einschätzung des Venezolaners ist allerdings extrem optimistisch. Zwar fehlten ihm am Samstagvormittag tatsächlich nur rund 1,2 Sekunden auf die Bestzeit von Daniel Ricciardo, allerdings war der Rückstand bei trockener Strecke am Freitag deutlich größer. Auch in Q3 fehlten Grosjean am Ende 3,219 Sekunden auf die Pole-Zeit von Lewis Hamilton.
Vorne dank Renault?
Trotzdem ist sich Maldonado sicher: "Ich denke, wir sind das Team, das sich im Vergleich zu den vorherigen Rennen am meisten verbessert hat. Es ist merkwürdig, denn wir haben an dem Auto nichts besonderes verändert, das Auto ist bis auf ein paar Elektronikupgrades am Antrieb identisch."
Der Aufschwung von Lotus hängt also ohne Zweifel auch damit zusammen, dass die Strecke in China dem Renault-Antrieb deutlich eher entgegenzukommen scheint. Nicht umsonst landeten mit Sebastian Vettel und Daniel Ricciardo zwei Piloten mit Renault-Aggregat unter den ersten Drei. Noch in Bahrain hatte es im Qualifying mit Ricciardo nur ein einziger Renault-Pilot unter die ersten Zehn geschafft.
Grosjean erklärt: "Der Red Bull ist ein sehr starkes Auto, ein echtes Meisterwerk. In den schnellen Kurven sind sie sehr beeindruckend. Aber es ist gut, dass alle arbeiten. Renault hat gearbeitet, Lotus hat gearbeitet, und wir haben jetzt eine Idee, wo wir mit dem Auto hin wollen. Das haben wir gebraucht, damit wir das Auto weiterentwickeln können. Es läuft sehr positiv."
Lenkrad ist noch zu komplex
Mit einem Lächeln merkt der Franzose über seinen E22 an: "Er ist noch kein Red Bull." Denn vor allem eine ganz spezielle Sache macht den beiden Lotus-Piloten immer noch zu schaffen. Im Vergleich zu den anderen Fahrern arbeiten Grosjean und Maldonado deutlich mehr am Lenkrad, verändern immer wieder die Einstellungen des Autos.
"Ich habe mich über Funk mehrfach beschwert, dass es zu viele Schalter gibt", berichtet Grosjean: "Das ist uns allen bewusst. Alles, was wir an diesem Wochenende erreicht haben, ist ein guter Fortschritt, aber es wurde noch nichts automatisiert. In Barcelona sollte das dann passieren. Aus drei Schaltern wird dann vielleicht einer, und das vereinfacht unsere Arbeit."
Während Grosjean zugibt, dass dieses Problem besonders sein Team betrifft, behauptet Maldonado: "Das geht allen so. Ich habe mir die Onboard-Aufnahmen der anderen Fahrer angesehen, und sie verstellen alle extrem viel." Vor allem zu Beginn einer Sitzung sei dies extrem schwierig.
Gorsjean hofft auf Punkte
Am Freitag sorgte das sogar fast für einen Unfall, als Maldonado im ersten Freien Training an seinem Lenkrad herumspielte und dabei von der Strecke abkam. Der Venezolaner kam allerdings noch einmal mit dem Schrecken und einem Dreher davon.
Romain Grosjean, der am Donnerstag seinen 28. Geburtstag feierte, hofft währenddessen, dass er dann endlich die ersten WM-Punkte des Jahres einfahren kann: "Das hoffe ich. Es wäre ein schönes Geburtstagsgeschenk. Ich werde wie immer 100 Prozent geben, und wenn wir kein Problem mit den Reifen oder dem Benzinmanagement bekommen, dann ist es nicht unmöglich."