Domenicali nimmt Techniker in die Pflicht
Teamchef Stefano Domenicali erhöht den Druck auf die Ingenieure in Maranello: "Brauchen klare Verantwortlichkeiten" - Coolness bei Alonso, Hilfe für Räikkönen
(Motorsport-Total.com) - Bei Ferrari brennt nach dem Saisonauftakt der Formel 1 2014 in Melbourne schon wieder etwas der Baum. Zwar konnten Fernando Alonso (5.) und Kimi Räikkönen (8.) mit dem zuverlässigen F14 T in die Punkte fahren, aber den Ansprüchen in Maranello genügt dies längst nicht. "Über 30 Sekunden Rückstand auf den Sieger ist eindeutig zu viel", stellt Alonso klar. Auch wenn von außen nicht ersichtlich: Ferrari hatte im Rennen im Albert Park durchaus auch technische Probleme.
"Wir konnten nicht die volle Leistung abrufen, zumindest nicht in jeder Runde. Mit diesem Problem mussten wir heute zurechtkommen. Das müssen wir ganz dringend lösen", erklärt Teamchef Stefano Domenicali. Bei Alonsos Jagd auf Force-India-Pilot Nico Hülkenberg wurden die Sorgen deutlich. Der Ferrari, der bei den Tests oft den besten Top-Speed hatte, kam nicht vorbei. "Das lag aber auch daran, dass Force India mit viel weniger Flügel gefahren ist", meint der Spanier, der später 1,5 Sekunden pro Runde schneller fuhr als der Deutsche.
Nicht nur Überholmanöver sind angesichts des gedrosselten Antriebs ein Problem. "Es klingt etwas seltsam, aber wenn du mehr Leistung hast, dann kannst du besser Benzin sparen. Das liegt einfach daran, dass du dann weniger Vollgas fahren musst", sagt Domenicali. Dabei war das Treibstofflimit von 100 Kilogramm in Melbourne kein Thema. "Wir konnten angreifen. Wegen der zweiten Einführungsrunde und der Safety-Car-Phase war Spritsparen heute kein Thema", meint Alonso.
Es war doch nicht alles schlecht
"Lieber zehn Punkte mehr als zehn Punkte weniger", rückt der Asturier in einer wenig erfreulichen Situation die positiven Aspekte in den Vordergrund. "Unsere Autos liefen nahezu ohne Probleme, die Stopps waren so gut, dass ich an Hülkenberg vorbei kam - es war also nicht alles negativ. Wir hätten natürlich gern dieses Rennen gewonnen, oder zumindest auf dem Podest beendet. Leider war das heute nicht möglich. Es war ein solides Rennen. Bezüglich der Performance sind wir aber natürlich nicht zufrieden."
"Wir haben noch ein paar Dinge auszusortieren", stimmt Domenicali seinem Topstar zu. "Wir haben uns schon etwas verbessert, aber es gibt noch einiges zu tun. Wir müssen sicherstellen, dass es vorangeht. Wann wir so richtig vorne angreifen können, ist zu diesem Zeitpunkt schwierig einzuschätzen. Wir liegen etwas zurück - das steht fest. Ich hoffe, dass wir uns schon in Malaysia auf einem anderen Level präsentieren können."
"Uns bleiben nur wenige Tage, um in der Fabrik an weiteren Schritten zu arbeiten. Wir müssen konzentriert an die Sache herangehen, damit wir schnell aufholen. Es ist erst ein Rennen hinter uns, es folgen also noch 18 weitere in diesem Jahr. Es ist also noch genügend Zeit, um wieder nach vorn zu kommen. Aber natürlich haben wir in Melbourne ein sehr enttäuschendes Rennen erlebt", so der Italiener. "Wir haben unser Potenzial noch nicht ausreichend genutzt."
"Wir haben in diesem Rennen viel lernen können", meint Alonso nach den 57 Runden im Albert Park. "Bei den Tests spult man auch einige Rennsimulationen ab, aber dort begegnet man nur Fahrzeugen, die entweder viel schneller oder viel langsamer unterwegs sind und die mit ganz anderen Zielsetzungen fahren. Hier waren endlich mal alle gleichzeitig unter wirklich gleichen Bedingungen auf der Strecke. Das war ein ganz wichtiges Rennen, um zu lernen."
Hybridsysteme liefen nicht rund
"Richtig viel Arbeit hatte ich im Cockpit, weil die Steuerung der elektrischen Antriebssysteme nicht ganz so automatisch erfolgte wie gedacht. Ich musste also auf den Geraden und vor den Kurven immer wieder manuell umstellen", erklärt der zweimalige Weltmeister ein Problem, das nicht nur ihn, sondern auch Teamkollege Räikkönen betraf. "Kimi hat vergangenes Jahr hier noch gewonnen. Irgendworan muss es ja liegen, dass er jetzt nicht mithalten konnte."
"Wir müssen Kimi dabei helfen, die richtige Balance ins Auto zu bekommen. Er hat unsere Hilfe verdient", sagt der Teamchef, der dem finnischen Ferrari-Rückkehrer auf die Sprünge helfen möchte. "Ich denke aber, dass schon Fortschritte erkennbar waren. Es liegt auch an uns, ihm das Auto so anzupassen, dass es gut zu seinem Fahrstil passt. Ich bin zuversichtlich, dass es schon in Sepang deutlich besser aussehen wird."
Die größte Baustelle bei Ferrari heißt ohnehin nicht Räikkönen, sondern F14 T. "Jetzt müssen wir unsere Probleme konsequent lösen, mit klaren Verantwortlichkeiten. Da gibt es gar keine Diskussion", findet Domenicali nach einem enttäuschenden Auftaktwochenende deutliche Worte. "Da darf nun niemand die Schuld auf andere schieben. Wir als Team müssen zusammenstehen und die Probleme angehen. Das ist der Appell an meine Techniker."