Bottas: "Hätten eigentlich weiter vorn landen sollen"
Williams zeigt sich nach Platz sechs für Valtteri Bottas in Melbourne zwar mit der eigenen Pace zufrieden, hadert aber etwas mit dem Rennverlauf
(Motorsport-Total.com) - Williams ist so gut wie zurück in der Spitzengruppe der Formel 1, auch wenn das der sechste Platz von Valtteri Bottas beim Großen Preis von Australien nicht zwingend nahelegen würde. De facto hat der britische Traditionsrennstall aber durch das heutige Ergebnis bereits mehr Punkte geholt als im gesamten Jahr 2013. Während Williams vergangenes Jahr noch auf magere fünf WM-Zähler kam, holte man in Melbourne bereits derer acht - gleichzeitig das beste Karriereergebnis für Pilot Bottas.
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Valtteri Bottas ist trotz seines Fehlers in Melbourne ein exzellentes Rennen gefahren Zoom Download
Trotzdem wäre für Williams unter Umständen wohl mehr drin gewesen. Felipe Massa wurde direkt beim Start von Caterham-Fahrer Kamui Kobayashi abgeschossen, musste das Rennen daraufhin beenden. Teamkollege Bottas legte seinerseits eine bemerkenswerte Pace an den Tag und kämpfte sich bis hinter den fünftplatzierten Fernando Alonso vor. In Runde 10 leistete sich der Finne jedoch einen kleinen Fehler und berührte mit dem rechten Hinterrad die Mauer - "Ich habe einfach zu hart gepusht." Dadurch verlor er seinen Reifen, konnte sich aber an die Box retten und weiterfahren.
Glücklicherweise hatte die Aufhängung durch den Kuss mit der Streckenbegrenzung keinen großen Schaden davongetragen: "Mehr oder weniger, ja. Ich hatte ein bisschen mehr Untersteuern, aber das hat die Rundenzeit kaum beeinflusst", erklärt Bottas. Durch die selbstverschuldete Safety-Car-Phase konnte der 24-Jährige direkt wieder aufschließen und startete eine beachtliche Aufholjagd, die schließlich wieder auf Position sechs mündete. "Ich habe einfach versucht, mich wieder zurückzukämpfen und meinen Fehler so gut es ging wieder gutzumachen."
Wie ein Alptraum
"Wir müssen jetzt sehen, wie viel wir dadurch wirklich verloren haben, aber ich habe alles gegeben", meint Bottas. Dafür lobt die stellvertretende Teamchefin Claire Williams ihren Piloten: "Valtteri ist so ein sicherer Fahrer - so cool, entspannt und gefasst. Ich glaube, er hat heute über 20 Autos überholt, was echt phänomenal war." Trotz seiner persönlichen Formel-1-Bestleistung ist Bottas aber nicht vollends zufrieden: "Es ist wegen meiner Fehler nicht perfekt gelaufen. Wir hätten eigentlich weiter vorn landen sollen. Ich bin eigentlich happy, aber das stärkste Gefühl ist der Ärger über meinen Fehler. Ich war in dem Moment wirklich wütend auf mich selbst."
Trotz der guten Leistung konnte das Williams-Team seine Ziele für den Saisonauftakt nicht erreichen: "Unser Ziel war, zumindest mit einem Auto auf dem Podium zu landen. Aber auf jeden Fall beide Autos in den Punkten, das hatten wir angepeilt", so Bottas. Williams kann das bestätigen: "Heute hatten wir gehofft, ordentlich Punkte mit beiden Autos zu sammeln, und für Felipe war es so enttäuschend, dass er in der ersten Kurve bereits abgeschossen wurde. Aber Valtteri hat ein fantastisches Rennen abgeliefert."
Spritverbrauch kein Thema
Technik-Direktor Pat Symonds ist da geteilter Meinung: "Es war eine Achterbahnfahrt bei Valtteri. Er ist sehr schnell, aber ein kleiner Fehler hat uns eine Menge gekostet." Williams hatte schon am Samstag nicht alle Erwartungen erfüllen können, landete auf den Startplätzen neun und zehn. Hinzu kam eine Strafrückversetzung für Bottas von fünf Positionen. "Das Qualifying gestern war wirklich enttäuschend für uns alle. Hätten wir aber vergangene Saison zwei Autos in den Top 10 gehabt, hätte das anders ausgesehen", relativiert die Tochter von Teamchef Frank Williams.
Mit dem Spritverbrauch hatte die Mannschaft aus Grove keinerlei Probleme. "Nein, nicht wirklich", stellt Bottas klar, "wegen des Safety-Cars. So konnten wir ein bisschen Sprit sparen, dadurch konnte ich die ganze Zeit pushen." Zudem wurde die zusätzliche Einführungsrunde vor Rennstart bereits von der Renndistanz abgezogen, wodurch weiterer Kraftstoff eingespart werden konnte. Auch sonst habe die Runde keine Nachteile mit sich gebracht, erklärt Symonds: "Das war kein Problem. Die Temperaturen waren heute nicht allzu hoch. Wir haben solche Sachen in der Hitze von Bahrain natürlich getestet."
"Ich weiß ehrlich gesagt nicht genau, was da passiert ist", muss Massa gestehen. "Ich wollte eigentlich mit ihm sprechen, aber er war da schon weg von seinem Auto. Ich habe ihn nicht mehr gesehen. Wenn es da kein Problem am Auto gegeben haben sollte, dann wäre das schon fahrlässig von ihm gewesen, dann ist er eine Gefahr. Vielleicht gab es ein Problem mit der Bremsanlage, aber er war schon sehr spät auf der Bremse. Allein beim Bremsvorgang hat er bereits drei Autos überholt."
Viel gelernt
"Es ist wirklich sehr schade, aber es gibt eine Menge positiver Dinge, die das Team aus diesem Wochenende mitnehmen kann - gerade mit Blick auf die Pace und Zuverlässigkeit. Ich konzentriere mich nun auf das nächste Rennen, um dort hoffentlich ein starkes Resultat einzufahren", so Massa. Seinem Teamkollegen hätte er heute einiges zugetraut: "Das Podium wäre wohl ein bisschen schwierig geworden, aber er wäre vielleicht Vierter geworden."
Die starke Performance des FW36 ist nicht zuletzt das Ergebnis einer positiven Entwicklung des Williams-Teams, die sich über viele Monate hingezogen hat. "Wir sind jetzt ein anderes Team, das Auto ist viel besser. Jeder gibt noch viel mehr Gas als zuvor, wir sind definitiv auf dem richtigen Weg", strahlt Bottas. "Wir haben jetzt schon fast doppelt so viele Punkte wie im vergangenen Jahr, die Jungs haben einfach einen fantastischen Job im Winter gemacht. Dafür danke ich jedem in der Fabrik und auch den Mercedes-Jungs aus Brixworth (die den Motor gebaut haben; Anm. d. Red.). Es wird eine gute Saison."
Massa glaubt sogar, dass der Williams sogar die zweite Kraft der Formel 1 sein könnte: "Naja, ich denke, es ist nicht unmöglich. McLaren ist ein gutes Rennen gefahren mit beiden Autos in den Punkten. Sie führen jetzt die Gesamtwertung an. Das hätten wir heute womöglich auch schaffen können. Alles ist möglich momentan. Ich denke, Mercedes ist im Moment zu schnell für uns, aber danach könnten schon wir kommen. Gerade im Rennen scheint das Auto besser zu sein als im Qualifying." Und da werden bekanntlich die Punkte vergeben.
Eine neue Denkweise
Doch nicht nur strukturell, sondern auch psychologisch ist das Team aus Grove 2014 ein anderes. "Ja, wir haben ebenso versucht, die Denkweise der Leute zu verändern", verdeutlicht Williams. "Es war ja nicht nur 2013 so durchwachsen, wir haben einige schlechte Saisons hinter uns, und das demoralisiert die Leute. Wir haben versucht, sie glauben zu machen, dass wir wieder Rennen gewinnen können. Da gab es eine große Veränderung."
Die nächste Chance wartet schon in zwei Wochen auf dem Sepang International Circuit. "Wir brauchen dort ein sauberes Wochenende", weiß Bottas. "Hier hatte ich alles in allem eine Menge Probleme, das ging Samstag mit der Getriebewechselstrafe los, dann lief das Qualifying nicht ganz ideal für uns. Wir freuen uns also nun auf Malaysia - eine richtige Rennstrecke im Vergleich zu dieser etwas speziellen hier. Dann werden wir sehen, wo wir stehen. Es wird spannend."