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Suzuka: Vettel gewinnt, WM-Entscheidung vertagt
Sebastian Vettel gewinnt beim fünften Antreten in Suzuka zum vierten Mal, diesmal vor Webber und Grosjean - Fernando Alonso vertagt als Vierter die WM-Entscheidung
(Motorsport-Total.com) - Sebastian Vettel ist seinem vierten WM-Titel beim Grand Prix von Japan wieder einen Schritt näher gekommen, ganz zu ist der Sack aber noch nicht. Der Red-Bull-Pilot gewann heute das Rennen im sonnigen Suzuka vor seinem Teamkollegen Mark Webber und Romain Grosjean (Lotus) und hat damit in der Fahrerwertung 90 Punkte Vorsprung auf Fernando Alonso (Ferrari), der als Vierter ins Ziel kam und damit rein rechnerisch letzter verbliebener Vettel-Gegner ist.
"Alles in allem ein perfektes Rennen, es hat unheimlich viel Spaß gemacht", jubelt der Sieger des 15. Saisonlaufs. "Ich liebe diese Strecke - ich weiß auch nicht, was es ist. Wenn man morgens schon losfährt, die Leute sind begeistert, schreien, lieben die Formel 1. Es macht einfach unheimlich viel Spaß. Ich habe das sehr genossen, mit dem Ergebnis umso besser. Jetzt freue ich mich, nach Hause zu kommen und ein bisschen Ruhe zu haben."
Während sich vor dem Rennen alle nur die Frage stellten, ob Polesetter Webber einmal mehr den Start vermasseln würde (tat er nicht) oder Vettels KERS Probleme machen würde (tat es nicht), ging auf den ersten Metern einer in Führung, den kaum jemand auf der Rechnung hatte: Grosjean kam von P4 hervorragend von der Linie weg und zog auf der Innenseite an Webber, Vettel und Lewis Hamilton (Mercedes) vorbei.
Hamilton von Vettel unabsichtlich eliminiert
Damit löste er ungewollt (und unschuldig) eine Kettenreaktion aus, denn Vettel zuckte, überrascht vom schnellen Franzosen auf der rechten Seite, ein bisschen nach links, wo er Hamilton mit dem Frontflügel den rechten Hinterreifen aufschlitzte. Der Mercedes-Pilot konnte zwar einen Abflug geschickt vermeiden und kam sogar noch an die Box, gab später aber auf: "Ich verlor zweieinhalb Sekunden pro Runde. Das Auto zog auch nach rechts. Gut, dass man mich reingeholt hat."
Grosjean führte das Red-Bull-Duo Webber/Vettel ohne Rad-an-Rad-Duelle, aber auch ohne wirklich entspannenden Puffer bis zu seinem zweiten Boxenstopp in der 29. Runde an. Das war die vorentscheidende Phase: Während Webber schon vier Runden vor dem Leader an die Box gekommen war, blieb Vettel bis zur 37. Runde draußen und stellte endgültig von drei auf zwei Stopps um - genau wie Grosjean, anders als Webber.
Vettel nutzte im Finish den Vorteil der um acht Runden frischeren Hard-Reifen als Grosjean und machte mit dem Franzosen kurzen Prozess, hatte zu jenem Zeitpunkt aber knapp 15 Sekunden Rückstand auf Webber, der noch einmal an die Box kommen musste und Medium-Reifen aufziehen ließ, die um drei Runden frischer waren als die harten Pirelli-Pneus von Vettel. "Mark wird am Ende nochmal Druck machen", wurde Vettel am Funk gewarnt.
Webber knackt Grosjean erst in der vorletzten Runde
Aber dazu kam es nicht, weil der Polesetter aus Australien in seinem letzten Suzuka-Grand-Prix zu viel Zeit beim Überholen von Grosjean vertrödelte, den er erst in der vorletzten Runde niederfightete, nachdem die beiden ein paar Meter zuvor in der Schikane auf Überrundete aufgelaufen waren. Nach vorne ging dann nichts mehr: "Sebastian hatte den Reifenverschleiß exzellent im Griff", sagt Teamchef Christian Horner. Siegervorsprung nach 53 Runden: 7,1 Sekunden.
Fotostrecke: Alle WM-Entscheidungen in Suzuka
1987: Nigel Mansell kommt mit zwölf Punkten Rückstand auf Nelson Piquet zum vorletzten Saisonrennen, dem ersten Grand Prix überhaupt auf der japanischen Strecke. Doch Mansell fliegt im Training in den S-Kurven ab, zieht sich Rückenprellungen zu und muss am Sonntag tatenlos dabei zusehen, wie sein gehasster Williams-Teamkollege trotz eines Honda-Motorschadens kampflos Weltmeister wird. Fotostrecke
Aber Webber - sichtlich bemüht, die letzten emotionalen Eindrücke von den japanischen Fans in die Rente mitzunehmen - trägt's mit Fassung: "Natürlich würde ich gerne noch ein Treppchen weiter oben stehen, wir hatten aber unterschiedliche Strategien. Seb blieb im ersten Stint länger draußen, und so entwickelte sich sein Rennen am Ende etwas besser als meines. Insgesamt bin ich recht zufrieden mit dem zweiten Platz. Ich habe mein Möglichstes getan."
Surer: Hätte Webber nur zweimal stoppen sollen?
Während des Rennens stellten sich einige Beobachter die Frage, ob es nicht einen Versuch wert gewesen wäre, sich den letzten Boxenstopp zu sparen - immerhin hatte er zwölf Runden vor Schluss 15 Sekunden Vorsprung. "Ich hätte es riskiert", analysiert Experte Marc Surer. "Natürlich weiß das Team aber, wie durchgefahren die Reifen sind, wenn er die Reifen vorher gewechselt hat. Und ich denke, dass man deswegen entschieden hat, ihn nochmal reinzuholen."
Vettel hat übrigens "schon am Anfang entschieden, dass wir versuchen, länger draußen zu bleiben, um die anderen später unter Druck zu setzen. Das hat fantastisch funktioniert, besser hätte es nicht ausgehen können", so der Deutsche. "Wir hatten unheimliches Tempo, haben gut auf die Reifen aufgepasst. Ich habe gerade am Anfang versucht, nicht so viel Attacke zu machen, um am Ende dann den Abstand und die Lücke zuzufahren. Das hat hervorragend funktioniert."
Grosjean kann mit seinem dritten Platz leben und trauert dem Sieg, an dem er so nahe dran war wie noch nie, nicht weiter nach: "Wir waren die Einzigen, die den Jungs da vorne folgen konnten, und hätten sie fast geschlagen", hält er fest. Und in Anspielung auf 2012, als er zu diesem Zeitpunkt noch um die Fortsetzung seiner Formel-1-Karriere fürchten musste, lächelt er auf dem Podium: "Es fühlt sich mit Sicherheit besser als im vergangenen Jahr an!"
Rosberg beißt sich an Gutierrez die Zähne aus
Das Spitzentrio fuhr heute ein einsames Rennen, weil erst Nico Rosberg (Mercedes), später dann Nico Hülkenberg (Sauber) nach hinten Puffer spielten. Rosberg erlebte aber einen "charakterbildenden Nachmittag", wie es Mercedes-Sportchef Toto Wolff formuliert, und kam letztendlich nur als Achter ins Ziel. Dass er in der Schlussphase nicht mehr am groß auffahrenden Sauber-Rookie Esteban Gutierrez vorbeikam, war da noch das geringste Übel.
Das Unheil deutete sich schon an, als er im ersten Stint ohne Fremdeinwirkung von der Strecke abkam, sich aber gerade noch vor den beiden Ferraris halten konnte. Beim ersten Boxenstopp wäre er dann beinahe mit Sergio Perez (McLaren) kollidiert - wofür es völlig zurecht eine Durchfahrtstrafe gab. Später begegnete er Perez im Duell um Platz neun noch einmal, als er dem McLaren-Piloten (der dadurch auf P17 zurückfiel) in der Schikane den linken Hinterreifen aufschlitzte.
Trösten konnte sich Rosberg mit zwei tollen Überholmanövern in der 130R, einmal gegen Jenson Button (9./McLaren), später auch noch gegen Adrian Sutil (Force India), der heute mit untersteuerndem Auto chancenlos war und als 14. ins Ziel kam. Überholen in der 130R, das scheint übrigens eine Nico-Spezialität zu sein, denn auch Hülkenberg setzte mit einem tollen Manöver gegen Daniel Ricciardo (13./Toro Rosso), der spät zum ersten Boxenstopp kam, ein Ausrufezeichen.
Hülkenberg: Chancenlos gegen die Weltmeister
Doch wie gewonnen, so zerronnen: An vierter Stelle liegend konnte sich der Sauber-Pilot diesmal nicht auf einen überlegenen Topspeed verlassen, sodass er im Finish noch die beiden Ex-Weltmeister Alonso und Kimi Räikkönen (Lotus) durchlassen musste. Nach Platz vier in Südkorea gab's aber mit Platz sechs in Japan wieder ein Erfolgserlebnis zum 70er von Peter Sauber: "Kein schlechtes Geburtstagsgeschenk", jubelt der Deutsche.
"Wir hätten nicht mehr herausholen können. Mit diesem Ergebnis dürfen wir zufrieden sein. Es war eine tolle Teamleistung - Esteban ist zum ersten Mal in die Punkte gefahren. Platz sechs ist auch sehr zufriedenstellend für mich. Ich lag zwar bis fast zum Schluss an der vierten Stelle, doch dann hatte ich etwas zu viel Reifenverschleiß. Das hat Fernando und Kimi die Möglichkeit verschafft, mich noch zu überholen", analysiert Hülkenberg
Fünfter Sieg hintereinander: Vettel stößt in elitären Kreis vor
Den letzten Punkt sicherte sich trotz Durchfahrtstrafe wegen Geschwindigkeitsüberschreitung in der Boxengasse Felipe Massa, 9,3 Sekunden vor Paul di Resta (Force India). Der Ferrari-Pilot lag in der Anfangsphase vor seinem Teamkollegen Alonso - und viele witterten eine Verschwörung, als er den Funkspruch "Frontflügel-Strategie A, jetzt bitte!" erhielt. Aber die Befürchtungen bestätigten sich nicht, Massa durfte vor Alonso bleiben.
Insgesamt sahen heute 19 von 22 gestarteten Autos die Zielflagge - Giedo van der Garde (Caterham) und Jules Bianchi (Marussia) hatten sich gleich in der ersten Kurve aus dem Rennen gekegelt. Das Ergebnis war dann ein historisches, denn Vettel gehört nun zu einem erlesenen Kreis Formel-1-Piloten, denen es gelungen ist, fünf Grands Prix hintereinander zu gewinnen - neben Alberto Ascari, Jack Brabham, Jim Clark, Nigel Mansell und Michael Schumacher.
Der WM-Titel ist ihm bei 90 Zählern Vorsprung und vier verbleibenden Rennen sowieso kaum noch zu nehmen: "Der Kampf um den Titel ist noch offen, vielleicht noch für ein weiteres Rennen. Doch selbst wenn Sebastian ab sofort immer ausfällt, müsste ich zugleich alle Rennen gewinnen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit", stellt selbst Alonso fest. Wird Vettel in zwei Wochen in Indien Fünfter, ist der Sack unabhängig von Alonsos Abschneiden endgültig zu.