• 07. Juli 2013 · 19:54 Uhr

Räikkönen: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt

Die Lotus-Strategie in der Analyse: Wie knapp Kimi Räikkönen den Sieg auf dem Nürburgring verpasst hat und ob eine Zweistoppstrategie eine Chance gehabt hätte

(Motorsport-Total.com) - Kimi Räikkönen glaubt zwar nicht, dass er Sebastian Vettel beim heutigen Grand Prix von Deutschland auf der Strecke hätte schlagen können, doch ob nicht eine Zweistoppstrategie besser gewesen wäre als sein später dritter Stopp auf dem Nürburgring, das fragt sich der Lotus-Pilot im Nachhinein sehr wohl.

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Kimi Räikkönen fragt sich, ob er ohne dritten Stopp vielleicht gewonnen hätte Zoom Download

Am Ende der 39. Runde führte Vettel 1,2 Sekunden vor Romain Grosjean und 1,8 Sekunden vor Räikkönen. Grosjean kam in der 40. und Vettel in der 41. Runde zum Boxenstopp; Räikkönen erst in der 49., mit 13,7 Sekunden Vorsprung auf Vettel. Bei elf noch zu fahrenden Runden hätte er pro Runde 1,2 Sekunden einbüßen dürfen, um vor dem Deutschen zu bleiben, aber andererseits hatten seine Reifen schon 24 Runden auf dem Buckel. Ob sie 35 überstehen würden, erschien mehr als fraglich.

"Wir dachten darüber nach, ob wir bis zum Ende durchfahren können, aber ich hatte grobe Probleme mit dem Funk", erinnert sich Räikkönen. "Ich konnte das Team hören, sie mich aber nur zwischen zwei Kurven. Jetzt frage ich mich, ob wir es riskieren sollen hätten, denn meine Reifen waren ganz okay und mein Tempo auch. Aber es war halt schwierig vorherzusagen, was in den nächsten zehn Runden passieren würde. Wir entschieden uns für einen Boxenstopp und nahmen die weichen Reifen. Der Speed war gut."

Zu spät in DRS-Reichweite

Tatsache ist, dass der Wechsel für einen kurzen Schlusssprint auf den weicheren Option-Reifen beinahe aufgegangen wäre. In der vorletzten Runde war Räikkönen schon bis auf 0,7 Sekunden an Vettel herangekommen, doch am DRS-Messpunkt lag er wieder außerhalb der "magischen" Sekunde - nur um ein paar Tausendstelsekunden. Erst in der letzten Runde durfte er den Heckflügel erstmals flacher stellen, aber das kam für eine ernsthafte Attacke etwas zu spät.

Entscheidend möglicherweise auch, dass Lotus keinen komplett frischen Reifensatz mehr parat hatte, sondern Gummis aufziehen musste, die aus den Trainings schon sechs Runden auf dem Buckel hatten. Denn Alonso, der die gleiche Strategie wie Räikkönen verfolgte, konnte mit komplett frischen Options im Finish die etwas schnelleren Rundenzeiten fahren. Sprich: Möglicherweise hat heute für Vettel entschieden, dass Räikkönen im Training zu viele Runden gefahren ist.


Fotos: Kimi Räikkönen, Großer Preis von Deutschland


Teamchef Eric Boullier sieht es anders und findet, dass Räikkönen den Grand Prix verloren hat, als er lange Zeit hinter dem Mercedes von Lewis Hamilton feststeckte - auch wenn das Safety-Car das Feld danach ohnehin wieder zusammenrückte. "Nach dem ersten Stopp lag ich hinter dem Mercedes. Das hat Zeit gekostet", sagt auch der "Iceman" selbst. Doch das Safety-Car war Fluch und Segen zugleich, denn einerseits musste man die Gelegenheit zum Reifenwechsel nutzen, andererseits hätte man für eine Zweistoppstrategie noch ein paar Runden mehr gebraucht.

"Das Safety-Car zwang uns mehr oder weniger zu einem Boxenstopp, und von da an war klar, dass wir dreimal kommen müssen, denn der letzte Stint wäre mit 30 Runden zu lang gewesen", seufzt Chefingenieur Alan Permane. "Wir haben mit Kimi darüber gesprochen, ob es bis zum Ende geht, aber er glaubte nicht daran. Wir versuchten, Vettel mit Grosjean zu kriegen, aber das funktionierte nicht, und Kimi war noch hinter den beiden, also mussten wir etwas anderes ausprobieren."

Zu spät an die Box gekommen?

Als dann klar war, dass Räikkönen noch einmal kommen muss, hätte man ihn theoretisch früher als in Runde 49 reinholen können. Erstens wäre dann der langsam schmelzende Vorsprung noch größer gewesen (15,9 Sekunden am Ende von Runde 44), und zweitens hätte man mehr Zeit gehabt, um Vettel auf Option-Reifen zu jagen. Umgekehrt war nicht klar, ob der schon sechs Runden alte Reifensatz weitere 16 statt nur elf Runden halten würde.

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Die Reifen von Kimi Räikkönen hätten heute vielleicht auch länger gehalten Zoom Download

"Wir waren ein bisschen nervös, noch früher reinzukommen, weil wir uns nicht sicher waren, ob der Option mehr als zwölf Runden hält. Darum sind wir so lange draußen geblieben", erläutert Permane. Nicht Graining, mit dem im Training viele Teams zu kämpfen hatte, befürchtete der Lotus-Kommandostand, sondern ganz normalen Performance-Abbau. Doch von den letzten elf Runden hätte sich Permane mehr erhofft: "Ich dachte, dass wir ein bisschen schneller sein würden."

Die Idee, auf zwei Stopps zu gehen, wurde übrigens erst während des Rennens aufgegriffen und wieder verworfen, denn aufgrund der Pirelli-Prognose, dass der erste Satz Soft-Reifen nur bis Runde sechs bis zehn halten würde (Räikkönen kam in der achten), schien eine Zweistoppstrategie unrealistisch. Aber: "Wir hatten eigentlich drei Stopps geplant, aber Kimi kam mit den Primes besser zurecht als erwartet", sagt Permane.

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