Nürburgring: Hamilton vor Vettel auf Pole
Lewis Hamilton beim Mercedes-Heimspiel auf Pole-Position, Nico Rosberg Opfer einer falschen Teamentscheidung - Sebastian Vettel auf Platz zwei
(Motorsport-Total.com) - Sebastian Vettel (Red Bull) und Nico Rosberg (Mercedes) waren vor dem Qualifying zum Grand Prix von Deutschland die großen Favoriten, aber am Ende klappte es nicht mit einer deutschen Pole-Position. Lewis Hamilton (Mercedes), vor einer Woche bei seinem eigenen Heimrennen in Silverstone noch der große Pechvogel, erzielte bei trockenen Verhältnissen auf dem Nürburgring die Bestzeit.
Mercedes und Red Bull konnten es sich in Q1 als einzige Teams leisten, auf weiche Reifen zu verzichten, und waren dann auch in der Q3-Entscheidung fast unter sich. Hamilton stand schon nach dem ersten von zwei Runs vorne, ehe Vettel 1:29.501 Minuten vorlegte und kurzzeitig in Führung ging. Aber dem Mercedes-Piloten gelang der Konter: 1:25.398 Minuten - und damit Pole-Position beim Heim-Grand-Prix der Silberpfeile.
"Es ist überwältigend", strahlt Hamilton, der mit der Pole-Position nicht unbedingt gerechnet hatte. "Ab dem ersten Training hatten wir Probleme, das zweite und dritte Training waren ein Desaster. Ich war heute Vormittag meilenweit weg. Wir haben viele Veränderungen vorgenommen und gehofft, dass sie funktionieren. Ich bin sehr stolz auf diese Pole-Position. Es gibt dafür aber keine Punkte. Morgen ist der wichtige Tag."
Mercedes verpatzt Rosbergs Qualifying
Eine Pole-Kandidat wäre unter normalen Umständen auch Teamkollege Nico Rosberg gewesen, aber der stand in den letzten Minuten von Q2 seelenruhig an der Box, als sich die Konkurrenten auf der schneller werdenden Strecke immer weiter verbesserten. "Unglaublich, echt heftig", ärgert er sich und kritisiert den eigenen Kommandostand: "Das Team hat sich einfach verschätzt, dass die Strecke so viel schneller wird. Schlimmer geht es nicht mehr."
Für das Ausscheiden fühlt sich Rosberg nicht selbst verantwortlich: "Es gab keine Diskussionen, das ist die Entscheidung des Teams. Die müssen schauen, wie es aussieht, die haben die Zeiten im Blick." Teamchef Ross Brawn will das nicht komplett unkommentiert stehen lassen und sagt: "Seine Runde war auch nicht optimal." Wie dem auch sei: "Die erste Startreihe hatte ich mir auf jeden Fall ausgerechnet", seufzt Rosberg.
Vettel rechnet sich gute Siegchancen aus
Stark hingegen die Teamleistung von Red Bull mit den Plätzen zwei und drei. Besonders im Renntrimm gilt Vettel nun als Favorit: "Ihre Pace sieht auf Longruns sehr gut aus", befürchtet Hamilton. Und Vettel selbst sagt: "Wir sind auf jeden Fall dichter dran als in Silverstone. Ich denke, für das Rennen morgen sind wir gut gewappnet. Das Auto fühlt sich gut an. Es war eines der besseren Qualifyings, auch wenn es nicht ganz nach vorne gereicht hat."
Auch bei Lotus herrscht Zufriedenheit: Kimi Räikkönen Vierter, Romain Grosjean Fünfter - und damit in einer hervorragenden Ausgangslage für die Renndistanz, die dem Team meistens besser liegt als das Qualifying. Genau umgekehrt ist es wohl bei Überraschungsmann Daniel Ricciardo, der zum zweiten Mal hintereinander Qualifying-Sechster wurde, mit seinem Toro Rosso aber nicht unbedingt zum engeren Favoritenkreis auf einen Podestplatz zählt.
Ricciardo landete sogar vor dem Ferrari-Duo Massa/Alonso, das sich mit harten Reifen qualifiziert hat. Freie Reifenwahl für den Start haben Jenson Button (9./McLaren) und Nico Hülkenberg (10./Sauber), die es sich in Q3 schenkten, eine Zeit zu setzen. "Wir haben uns dafür entschieden, keine Zeit mehr zu setzen, um einfach alle Möglichkeiten zu haben", erklärt der Sauber-Pilot, den vorher kaum jemand auf dem Zettel hatte.
Hülkenberg hofft auf WM-Punkte
"Die Top 10 sind für uns natürlich eine Riesensache", jubelt Hülkenberg. "Wir haben einige Autos ausgestochen, die in den vergangenen Wochen eindeutig schneller waren. Wir haben von gestern auf heute einiges gefunden am Auto und ein bisschen am Setup experimentiert. Da hat sich für uns eine Tür geöffnet. Ich denke natürlich nicht, dass wir mit Red Bull und Mercedes kämpfen können, aber um Platz sieben, acht, neun sollte das möglich sein."
Groß war indes die Enttäuschung bei Adrian Sutil, der nach dem starken Trainingsfreitag schon in Q2 scheiterte - und zwar als 15., geschlagen auch von Teamkollege Paul di Resta (Force India). Möglicher Grund: Sutils DRS funktionierte nicht einwandfrei und kostete Performance. Hinzu kam, dass es in Q2 extrem eng zuging: Alle zehn Fahrer, die ins Pole-Position-Finale einzogen, klassierten sich innerhalb von nur einer halben Sekunde!
Ganz hinten gab es indes keine Überraschungen: Williams (mit desolater Performance), Caterham und Marussia machten jeweils schon in Q1 den Abgang. Mit der Entscheidung um den Sieg haben diese Fahrer nichts zu tun. Dieser Weg führt auf dem Nürburgring wohl über Hamilton, Vettel oder Webber - aber Rosberg, der noch die meisten frischen Reifen hat, ist eine furiose Aufholjagd durchaus zuzutrauen...