Vettels Sieg schmeckt bitter: "Bin das schwarze Schaf"
Scharfe Kritik am dreimaligen Weltmeister: Sebastian Vettels umstrittener Sieg beim Grand Prix von Malaysia wird Red-Bull-intern sicher noch für Diskussionen Sorgen
(Motorsport-Total.com) - Neue Eiszeit bei Red Bull: Ein ziemlich zerknirschter Sebastian Vettel hat für seinen ersten Saisonsieg einen hohen Preis bezahlt. Nach dem brutalen Überholmanöver gegen seinen Teamkollegen Mark Webber schmeckte der Sieg des dreimaligen Formel-1-Weltmeisters beim Grand Prix von Malaysia sehr bitter. "Ich bin jetzt das schwarze Schaf", gesteht Vettel und wird auf Englisch noch deutlicher: "I fucked up."
Auf der gemeinsamen Pressekonferenz schickte Webber seinem Kontrahenten immer wieder böse Blicke rüber, auch wenn Vettel versuchte, sich zu erklären: "Ich habe einen Fehler gemacht und möchte mich entschuldigen. Ich sehe, Mark ist sauer. Er wollte das Auto und die Reifen schonen, ich hätte meinen Platz halten sollen. Ich bin ein großes Risiko eingegangen, um ihn zu überholen."
Dass der drittplatzierte Mercedes-Fahrer Lewis Hamilton sich anschließend bei seinem Teamkollegen Nico Rosberg dafür entschuldigte, dass er per Teamorder seinen Podestplatz gegen den deutlich schnelleren Kumpel behalten durfte, passte ins Bild eines unter Hochspannung stehenden Rennens, das weder vom letztlich ausgebliebenen Regen noch vom befürchteten Reifen-Roulette bestimmt wurde.
Surer: "Vettel will immer gewinnen"
Das Alphatier Vettel hat mit Zähnen und Klauen seine Stellung in der Formel-1-Herde zurückerobert, ohne Rücksicht auf Verluste. "Vettel will immer gewinnen. Deshalb ist er schon dreimal Weltmeister", analysiert Experte Marc Surer. In der WM-Wertung steht Vettel mit 40 Punkten nach zwei Rennen schon wieder auf Position eins.
"Wenn zwei solche Alphatiere Rad an Rad fahren, hören sie auf keinen Funkspruch und gar nichts", meint Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko. Weit weniger Verständnis hatte TV-Experte und Mercedes-Aufsichtsratschef Niki Lauda: "Er hat mit aller Gewalt gewinnen wollen - gegen die Logik des Teams. Das war ein schwerer Fehler. Seine Entschuldigung hätte er gradliniger rüberbringen können."
Auch Teamleitung kritisiert Vettel
Vor allem auf Red-Bull-Teamchef Christian Horner kommt in den nächsten Wochen eine Menge Arbeit zu. "Sebastian hat die Dinge in die eigenen Hände genommen. Es ist sein unbedingter Wunsch gewesen, zu gewinnen. Aber manchmal ist der Wunsch des Fahrers ein anderer als der des Teams, nämlich die maximale Anzahl an Punkten zu gewinnen", sagt er und kündigt an: "Das werden wir sicher noch diskutieren."
Ob die Kluft zwischen Vettel und Webber überhaupt noch zu überbrücken ist, weiß Horner nicht: "Die beiden werden sicher nicht mehr gemeinsam Weihnachten feiern und sich auch in Zukunft bekämpfen." Webber jedenfalls akzeptierte die Entschuldigung von Vettel nicht. Auf Nachfrage antwortet der Australier, der in der Vergangenheit immer wieder mit Vettel aneinandergeraten war: "Ich habe in den letzten Runden über vieles nachgedacht." Jetzt werde er erstmal surfen gehen.
Gesprächsbedarf herrschte trotz des hervorragenden Teamergebnisses auch bei den Silberpfeilen. "Ich bin ein bisschen enttäuscht, das Auto lief sehr gut. Ich bin lieber Dritter als Vierter", erklärt Rosberg. "Aber es war ein Hammer-Gefühl da draußen. Nach den zuletzt schwierigen Jahren sind wir in Schlagdistanz zur Spitze."
Hitziger Boxenfunk bei Red Bull schon davor
Mit der Geduld von Vettel war es aber nach dem vierten Reifenwechsel vorbei. Nach einem harten Zweikampf am Rande der Legalität zog er in der 47. Runde vorbei. Red Bulls Technikchef Adrian Newey raufte sich am Kommandostand die nicht vorhandenen Haare angesichts des Kampfes auf Messers Schneide. "Sei nicht dumm", bekam Vettel über Funk zu hören. Er "gehorchte" und fuhr das Rennen ganz cool nach Hause.
Dann brach ein Sturm der Entrüstung über ihn herein...