Whitmarsh: "Auto ist schwierig zu verstehen"
Die Enttäuschung nach dem verkorksten Saisonauftakt sitzt bei McLaren tief - Teamchef Martin Whitmarsh versucht seine Mannschaft wieder aufzurichten
(Motorsport-Total.com) - "Niederlagen schmerzen mich auch körperlich" - Diesen Satz hat er ehemalige McLaren-Teamchef Ron Dennis geprägt. Man kann sich gut vorstellen, wie sich der Brite an diesem Wochenende vor dem Fernseher gefühlt hat. In Melbourne musste sein Nachfolger Martin Whitmarsh die ernüchternde Leistung beim Saisonauftakt erklären. Die McLaren-Ingenieure verstehen das Konzept des neuen MP4-28 noch nicht. Jenson Button mühte sich zu zwei WM-Punkten und gab Durchhalteparolen aus. Nun wollen die Chrompfeile die gesammelten Daten auswerten und bis zum nächsten Wochenende, wenn das zweite Saisonrennen in Malaysia stattfindet, die Abstimmung optimieren.
Teamchef Whitmarsh ist vom Potenzial des Autos überzeugt, denn die Daten im Windkanal und auf den Prüfständen sind positiv, doch noch konnten die Ingenieure nicht das Optimum aus dem Auto herausholen. "Wir werden hart an diesem Auto arbeiten, denn es hat in manchen Bereichen ein großes Potenzial. Außerdem hat es deutlich mehr Abtrieb als das alte Auto", sagt der Brite klar. "Wir müssen jetzt das Auto verstehen. Leider ist es schwierig das Potenzial aus diesem Auto herauszuholen, auch wenn die nackten Daten sehr beeindruckend sind. Dieses Auto ist diesbezüglich schwierig zu verstehen."
Auf den alten MP4-27, der das Saisonfinale 2012 in Brasilien gewonnen hat, wird McLaren nicht zurückgreifen. "Für Malaysia ist das keine ernsthafte Überlegung", sagt Whitmarsh. Er spricht aber explizit nur Malaysia an und lässt damit Raum für Spekulationen offen. Ob der alte MP4-27 überhaupt konkurrenzfähiger wäre, steht auf einem anderen Blatt. Einschätzen kann man das laut dem 54-Jährigen nicht. "Das ist schwierig zu sagen. Die Reifen sind anders und im Qualifying gab es die zweite DRS-Zone. Es ist schwierig zu sagen, außerdem haben auch die anderen Teams Fortschritte geschafft. Wir müssen an diesem Auto arbeiten und das diesjährige Auto in Ordnung bringen."
Whitmarsh stellte sich im Fahrerlager brav den Fragen der Journalisten, doch die Enttäuschung war ihm anzusehen. Am Freitag war für ihn der Blick auf die Zeitenliste ein Schock. Über zwei Sekunden betrug der Rückstand auf die Spitze. "Wir hoffen, dass wir in Malaysia nicht so weit zurückliegen, aber vielversprechend sieht es auch nicht aus. Es ist eine ganz andere Strecke. Wir werden es sehen und geben wie immer unser Bestes."
Bei McLaren macht man sich Mut, denn im Vorjahr startete Ferrari auch nicht gut und Fernando Alonso hätte am Ende beinahe noch die WM gewonnen. Es gibt aber einen wesentlichen Unterschied: Im vergangenen Mai gab es eingeschobene Testfahrten. Dort schaffte Ferrari den Umschwung. In diesem Jahr sind keine offiziellen Testfahrten geplant. Whitmarsh gibt zu, dass solch ein Test in der derzeitigen Situation hilfreich wäre. "Natürlich würde ich mir das wünschen, aber es gibt ihn nicht. Also müssen wir es ohne Test schaffen."
"Wir hatten zu wenig verstanden, um die Probleme zu lösen. Wir gewinnen an Erfahrung. Man muss die Probleme erkennen, verstehen und dann hart arbeiten." Whitmarsh muss die Performance als Chef nicht nur verantworten, sondern auch die Mannschaft motivieren. Nach einem harten Arbeitswinter ohne Früchte des Erfolges keine einfache Aufgabe. "Wenn man nach einem Wochenende wie diesem sagt, dass die Ingenieure zuversichtlich sind, dann wäre es etwas übertrieben."
"Wir glauben an unsere Fähigkeiten als Team und bin mir sicher, dass wir den Anschluss an die Spitze schaffen. Ich bezweifle allerdings, ob wir es so schnell schaffen, wie ich mir wünsche. Ich werde die Ingenieure ermutigen, dass sie es tun werden. Es sind mehrere Sachen. Jetzt haben wir zusätzliche Daten gesammelt. Wir gehen sie durch und ich bin mir sicher, dass wir die Probleme lösen können. Das wird nicht in den nächsten Tagen passieren, aber wir versuchen es so schnell wie möglich zu schaffen."
In diesem Zusammenhang lobt Whitmarsh seine Fahrer. Button und Perez wollen um den WM-Titel kämpfen, doch in Melbourne hatten sie mehr mit der Fahrbarkeit des Autos zu kämpfen. "An einem Wochenende wie diesem muss man sich die positiven Seiten ansehen. Positiv war die Einstellung der Fahrer. Wir wissen, dass Jenson ein Profi ist. Für einen jungen Fahrer wie 'Checo' ist es sehr schön zu sehen, wie positiv er mit dieser Situation umgeht. Sie sind Mitglieder des Teams. Beide waren vorbildhaft. Man möchte für sie kämpfen und ihnen alles zur Verfügung stellen. Sie haben bei schwierigen Voraussetzungen sehr gut gearbeitet", lobt Whitmarsh seine Piloten.