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Spanien jubelt mit Alonso: Sieg in Valencia!
Tragische Helden in Valencia: Sebastian Vettel und Romain Grosjean werden von der Lichtmaschine im Stich gelassen - Fernando Alonso umjubelter Sieger
(Motorsport-Total.com) - Die Formel-1-Saison 2012 bleibt abwechslungsreich, unberechenbar und spannend, aber sie hat ihren ersten Zweifach-Sieger: Fernando Alonso gewann den Grand Prix von Europa in Valencia und feierte vor spanischem Publikum den vielleicht emotionalsten Triumph seiner Karriere. Während der Siegerehrung war der Ferrari-Pilot sichtlich von seinen Gefühlen überwältigt und rang mit den Tränen.
Dabei hatte den zweimaligen Weltmeister nach dem elften Platz kaum jemand auf der Rechnung, aber: "Wir sagen immer, dass wir niemals aufgeben", twitterte das Ferrari-Team sofort nach der Zieldurchfahrt. Auf dem Podium standen dann nicht weniger als zehn WM-Titel: Alonso, Weltmeister von 2005 und 2006, siegte nämlich vor Kimi Räikkönen (Lotus/2007) und dem siebenmaligen Champion Michael Schumacher (Mercedes), der erstmals seit seinem Comeback wieder an einer Siegerehrung teilnehmen durfte.
Ungewohnte Emotionen bei Alonso
Nach der Zieldurchfahrt spielten sich verrückte Szenen ab: Alonsos Ferrari rollte noch vor dem Parc ferme aus ("Wir hatten ein Problem, zumindest genau an der richtigen Stelle"), aber der Lokalmatador machte das Beste aus der Situation, rollte eine spanische Flagge vor der Tribüne aus, ließ sich von den Fans feiern. Er hüpfte wie ein kleines Kind, während er auf das Medical-Car wartete, das ihn abholte und zur Siegerehrung brachte. "Das waren wunderschöne acht bis zehn Minuten", lässt Alonso seinen Emotionen freien Lauf.
"Es fällt mir schwer, meine Gefühle in Worte zu fassen. Zu Hause zu gewinnen, ist einmalig", so der 30-Jährige, der seinen achten Sieg auf Ferrari feierte, seinen 29. insgesamt. "2006 habe ich es auf Renault in Barcelona schon einmal geschafft, und ich erinnere mich noch genau an jenen Tag zurück. Aber jetzt fahre ich Ferrari, vor vollen Tribünen, und gestern hat Spanien bei der Fußball-EM gewonnen. Ich bin sehr stolz darauf, Spanier zu sein. Was die Emotionen angeht, ist das der schönste Sieg meiner Karriere."
Emotionen ganz anderer Art erlebte Sebastian Vettel: Der Polesetter hatte das Rennen von Anfang an dominiert, den Start vor Lewis Hamilton (McLaren) und Romain Grosjean (Lotus) gewonnen. Aber nach der Safety-Car-Phase wegen Wrackteilen auf der Strecke ließ ihn seine Lichtmaschine im Stich. "Scheiße gelaufen! Das Safety-Car hat uns das Genick gebrochen", erklärt Vettel und wittert eine Verschwörung zugunsten des Spaniers in Spanien: "Ich denke, der Grund ist klar, warum das Safety-Car kam. Gefahr in dem Sinn bestand nicht."
Dominante Red-Bull-Performance
Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko stimmt zu: "Es war keine Dringlichkeit gegeben. Hamilton stand im Streckenbereich, aber da kam auch kein Safety-Car raus", ärgert er sich. Der Ausfall war umso bitterer, als Vettel das Rennen bis dahin sicher im Griff hatte: 4,0 Sekunden Vorsprung nach zwei, 11,4 nach zehn Runden. "Das war die eindeutigste Dominanz, die wir bisher in diesem Jahr gesehen haben", findet Marko. Selbst nach dem Restart konnte sich der Leader wieder relativ schmerzfrei absetzen.
Durch das Safety-Car witterte Grosjean seine Chance auf den ganz großen Coup, aber der Franzose beschleunigte in Runde 33 nicht ideal aus der letzten Kurve heraus und wurde von Alonso mit einem beherzten Manöver niedergefightet, statt Vettel anzugreifen. Wenig später war sein Traum vom ersten Grand-Prix-Sieg endgültig ausgeträumt, als die Lichtmaschine einging - an genau der gleichen Stelle, wo Vettel kurz zuvor aus dem gleichen Grund ausgerollt war. Gut möglich, dass die Defekte in den Bereich von Motorenhersteller Renault fallen.
Maldonado schuld an Hamilton-Kollision
Vor dem Schlussspurt führte Alonso dreieinhalb Sekunden vor Hamilton und Räikkönen, zwischen denen sich ein Duell um Platz zwei anbahnte. Aber dann warf Hamilton mindestens 18 mögliche Punkte weg: Erst beschädigte er mit einem Verbremser seinen Reifensatz, sodass die Performance abbaute und er Räikkönen vorbeilassen musste, und in der vorletzten Runde kam es auch noch zu einer Kollision mit dem von hinten heranstürmenden Williams-Piloten Pastor Maldonado, die in den Reifenstapeln endete.
"Der Schuldige ist meiner Meinung nach klar Maldonado", analysiert Experte Marc Surer. "Er ist mit vier Rädern neben der Strecke und fährt Hamilton dann ins Auto. Wenn das nicht eine heftige Strafe nach sich zieht, würde ich mich wundern." Hamilton frisst den Frust in sich hinein: "Ich kann mich wirklich nicht erinnern", weicht er der Schuldfrage elegant aus. Maldonado konnte mit kaputtem Frontflügel noch weiterfahren und rettete immerhin einen WM-Punkt, ausgerechnet 1,3 Sekunden vor seinem Teamkollegen Bruno Senna.
Durch die dramatischen Ereignisse im Finish rückte plötzlich Schumacher auf den dritten Platz auf. Dem Mercedes-Piloten war zunächst gar nicht klar, dass es sein erstes Podium werden würde: "Als ich über die Ziellinie gefahren bin, habe ich erst einmal gefragt, auf welchem Platz ich bin. Ich konnte es kaum glauben!" Und dass es seine erste Siegerehrung seit sechs Jahren war, war auch nicht zu übersehen, denn der einstige Seriensieger vergaß in der Aufregung, dass er sich während der Pressekonferenz auch auf Deutsch äußern sollte...
Fragezeichen über dem Podium
Nur: Ob er den dritten Platz auch wirklich behalten darf, ist unklar. "Ich muss leider die Euphorie um Michael Schumacher etwas dämpfen. Er hat in der letzten Runde in der Gelbzone DRS benutzt - ein Vergehen, für das Vettel in Barcelona mit einer Durchfahrtsstrafe bestraft wurde. Aus unserer Sicht dürfte Mark Dritter werden", stellt Red-Bull-Konsulent Marko in den Raum. Auf der Strecke hatte der Red-Bull-Pilot das spannende Duell gegen Schumacher in den letzten beiden Runden um 0,9 Sekunden verloren.
Valencia 2012 war generell ein Rennen mit sehenswerten Rad-an-Rad-Kämpfen. Pechvogel Grosjean machte gleich mehrere Male auf sich aufmerksam, unter anderem am Start, als er sich mit einem waghalsigen Manöver innen an Maldonado vorbeischob, während Teamkollege Räikkönen zurückzog. "Er kennt kein Erbarmen", gratuliert Surer. "Gut gemacht, einfach gut gemacht." In der zehnten Runde setzte Grosjean ein weiteres Highlight, als er sich konsequent an Hamilton vorbeipresste, der ihn in den ersten Runden aufgehalten hatte.
Als er einmal ausgeschieden war, reduzierten sich die Lotus-Hoffnungen dramatisch, denn Räikkönen war an diesem Wochenende langsamer, was das Tempo angeht. Trotzdem ärgert sich der "Iceman" über den Start, durch den er den Anschluss an die Spitze verlor: "Ich hatte einen guten Start, wurde aber in der ersten Rechtskurve von Maldonado blockiert. Deshalb verlor ich ein paar Positionen", bedauert er. "Der zweite Platz ist okay, aber nicht das, was wir eigentlich wollten. Wir hatten auf jeden Fall die Geschwindigkeit, hier um den Sieg zu kämpfen."
Alonso, der Überhol-König
Räikkönen war mehrere Male in die beinharten Mittelfeld-Kämpfe verwickelt, ähnlich wie auch Alonso. Der spätere Sieger ging in Runde 13 an Nico Hülkenberg (Force India) vorbei und war damit Siebter, schnappte sich eine Runde später Maldonado und kam in Runde 15 an dritter Stelle liegend an die Box. Durch den etwas längeren Stint als die vor ihm liegenden Konkurrenten zog er quasi im Vorbeigehen an einer ganzen Gruppe vorbei, lag plötzlich vor Räikkönen. Webber, Schumacher, Einstopper Paul di Resta (Force India) und Grosjean überholte er auf der Strecke.
In rasantem Tempo nach hinten ging es hingegen für Webber, der in Runde 36/37 binnen weniger Sekunden gleich drei Plätze verlor. Zu Beginn des Rennens stiegen zudem die Temperaturen seines Bremskreislaufs in schwindelerregende Höhen. Dass er am Ende 6,3 Sekunden vor Hülkenberg, der sein bestes Ergebnis in der Formel 1 erzielte, Vierter wurde, ist für die WM-Wertung ein Glücksfall. Mit Hamilton, dessen Boxencrew übrigens wieder einmal patzte, Vettel und Grosjean gingen heute drei Großkaliber leer aus, wodurch es weiterhin ausgeglichen bleibt.
Kollisionen wie am Fließband
Sechster wurde Nico Rosberg (Mercedes) vor di Resta, dem unauffällig fahrenden Jenson Button (McLaren), Sergio Perez (Sauber) und Maldonado. Für Unterhaltung sorgten nicht nur packende Zweikämpfe, sondern auch zahlreiche Kollisionen. So schlug Senna Perez auf der Geraden die Tür zu, wofür er eine Durchfahrstrafe kassierte, und Jean-Eric Vergne (Toro Rosso) krachte Heikki Kovalainen (Caterham) ohne jede Bedrängnis seitlich ins Auto. "So eine Aktion gehört hart bestraft", schüttelt Surer nur den Kopf. Wurde sie auch, mit plus fünf Startplätzen für Silverstone.
Später im Rennen fuhr dann noch Kobayashi in Massas Ferrari, der daraufhin nur noch im Schneckentempo zum Reparaturstopp kommen konnte. Teil zwei im Duell Toro Rosso gegen Caterham lieferten Daniel Ricciardo und Witali Petrow ab, dabei handelte es sich jedoch um einen Rennunfall. Und dass Narain Karthikeyan (HRT) gleich zu Beginn Charles Pic (Marussia) touchierte, findet Surer "unnötig. Karthikeyan zieht rüber, obwohl er schon da ist. Du musst so viel Platz lassen, dass du nicht kollidierst. Das hat Karthikeyan nicht sehr geschickt gemacht."
In der Weltmeisterschaft hat Alonso (111) nach acht von 20 Rennen nun erstmals einen recht ordentlichen Vorsprung von 20 Punkten auf Webber (91). Dahinter liegen Hamilton (88), Vettel (85), Rosberg (75) und Räikkönen (73) ebenfalls noch in Schlagdistanz. Bei den Konstrukteuren führt Red Bull (176) vor McLaren (137), Lotus (126) und Ferrari (122). Weiter geht's in zwei Wochen mit dem Grand Prix von Großbritannien in Silverstone, dem traditionsreichen Heimspiel der britischen Teams wie McLaren oder Williams.