Favoritensterben in Valencia - Pole für Vettel
In einem über weite Strecken extrem umkämpften Qualifying in Valencia setzte sich Sebastian Vettel am Ende klar vor Lewis Hamilton und Pastor Maldonado durch
(Motorsport-Total.com) - 13 Autos innerhalb von drei Zehntelsekunden: Im zweiten Abschnitt des Qualifyings zum Grand Prix von Europa deutete sich ein wahrer Thriller um die Pole-Position an. Doch am Ende herrschten in Valencia klare Verhältnisse: Weltmeister Sebastian Vettel schüttelte in letzter Minute bei 46 Grad Celsius Asphalttemperatur ganz cool eine überragende Bestzeit aus dem Ärmel und sicherte sich damit den ersten Startplatz für das morgige Rennen.
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Pole in Valencia: Lewis Hamilton, Sebastian Vettel und Pastor Maldonado Zoom Download
Vettel war als 14. in Q1 und Vierter in Q2 ins Top-10-Finale aufgestiegen und hatte dort auch noch die Nerven, auf einen einzigen Run zu setzen, mit dem er bis zum Schluss wartete. Das war nicht nur Kalkül, denn der 24-Jährige hatte nur noch einen Satz von Pirellis weicheren Option-Reifen: "Wir mussten in Q2 einen zweiten Satz Options ziehen, aber das war die richtige Entscheidung, denn es ging extrem eng zu", sagt der Red-Bull-Pilot.
Bestzeit auf den letzten Drücker
Dann 25,8 Sekunden im ersten Sektor, 44,5 im zweiten - und eine halbe Sekunde Vorsprung für den Schlussabschnitt, den er etwas besonnener angehen konnte. "Eine sehr gute Runde", freut sich Vettel. "Q1 und Q2 waren nicht optimal, wir fanden nicht die Balance von heute Morgen. Aber es wurde immer besser. Der Abstand ist überraschend, aber ich fühle mich schon das ganze Wochenende wohl - und die neuen Teile funktionieren auch."
Am Ende ging es Schlag auf Schlag, weil alle noch einen Run auf weichen Reifen drehten. Kurzzeitig lag Pastor Maldonado auf Pole-Position-Kurs, der Williams-Pilot wurde am Ende aber mit 0,389 Sekunden Rückstand Dritter. Vor ihn reihte sich auch noch Lewis Hamilton (+0,324) ein. Für den McLaren-Fahrer eine Überraschung: "Ich hätte damit gerechnet, viel weiter hinten zu stehen. Wir mussten vor dem Qualifying ein bisschen raten, was das Setup angeht. Anscheinend haben wir richtig geraten."
Auch Maldonado, erstmals seit seinem Sieg in Barcelona (übrigens ebenfalls auf spanischem Boden) wieder in der absoluten Weltspitze, freut sich über sein Ergebnis: "Das Auto war seit gestern sehr schnell, aber wir hatten Probleme mit den weichen Reifen. Es fühlte sich damit nicht so gut an wie auf Prime-Reifen. Aber wir haben hart daran gearbeitet, das zu verstehen. Heute Morgen war es noch schwierig, im Qualifying schon besser. Und jetzt sitzen wir hier!"
Grosjean trotz Fehler auf Platz vier
Drei Hundertstelsekunden betrug am Ende sein Puffer auf Romain Grosjean (Lotus), der vor dem Qualifying als Geheimfavorit gehandelt wurde, aber wegen eines Fahrfehlers im zweiten Sektor vier Zehntelsekunden liegen ließ und mit eben diesem Rückstand Vierter wurde. Auf Platz fünf: Teamkollege Kimi Räikkönen (+0,427), schon das ganze Wochenende der langsamere Lotus-Pilot - heute allerdings nur um acht Tausendstelsekunden.
Sechster wurde Nico Rosberg (+0,537), dem viele mehr zugetraut hätten. "Echt dumm gelaufen, da war auf jeden Fall mehr drin", ärgert sich der Mercedes-Pilot, Vierter in Q1 und Zweiter in Q2. "Die erste Runde in Q3 war so-so, und vor der zweiten Runde stand mir Lewis in der letzten Kurve im Weg." Allzu sauer ist er auf seinen Kumpel nicht, ein Einschreiten der FIA-Kommissare wünscht er sich aber sehr wohl: "Ich erwarte, dass man sich das anguckt."
Schumacher mit Fahrfehler out
Immerhin war Rosberg in Q3 noch dabei, ganz im Gegensatz zu seinem Teamkollegen, der als Zwölfter mit Fahrfehler in der letzten Kurve schon in Q2 die Segel streichen musste - 0,067 Sekunden hinter der Top-10-Zeit von Kamui Kobayashi (Sauber). "Im Normalfall stehen wir in den Top 10 - dort, wo auch mein Teamkollege gelandet ist", glaubt Michael Schumacher, der auch für morgen nicht optimistisch ist: "Ich könnte mir vorstellen, dass wir auf der Renndistanz ein paar mehr Schwierigkeiten erwarten dürfen."
Was er besser machen hätte müssen? "Meine Rundenzeit zusammenbekommen", antwortet der Mercedes-Pilot selbstkritisch. "Wenn man sich die Sektorenzeiten ansieht, hätte es locker gereicht. Im ersten Versuch ging ich etwas zu hart in Kurve zwölf hinein. Da musste ich die Runde abbrechen. In der nächsten Runde waren die Reifen leider schon nicht mehr gut genug. Beim zweiten Versuch war ich dann wohl zu vorsichtig. Ich hatte zum Schluss einfach nicht mehr ganz den Rhythmus."
Aber Schumacher war nicht das einzige prominente Opfer des heutigen Tages, sondern auch Fernando Alonso schied in Q2 aus. Vor den entsetzten Augen seiner spanischen Fans und unter ungläubigem Kopfschütteln von Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo scheiterte er um die Winzigkeit von 0,004 Sekunden am Top-10-Cut. "Wir waren nicht schnell genug, hatten aber auch etwas Pech", seufzt Alonso. "Elf Autos lagen innerhalb von zwei Zehntelsekunden - und wir waren Elfter."
Seuchen-Samstag für Webber
Mark Webber (Red Bull) war sogar schon in Q1 ausgeschieden. Der Australier, am Vormittag aufgrund von Bremsproblemen nur vier Runden unterwegs, erlebte einen wahren Seuchen-Samstag: "Wir hatten kein DRS im Qualifying. Es ist komplett ausgefallen", berichtet Webber. "Wenn du 1,3 Sekunden pro Runde verlierst, dann wird es schon ganz schön schwierig, sich weit vorne zu qualifizieren." Insider vermuten, dass die Hydraulik defekt war und auch Schaltprobleme verursacht hat.
Webbers Pech war Heikki Kovalainens Glück: In Abwesenheit von Timo Glock (Marussia), der das Qualifying wegen Magenbeschwerden im Krankenhaus verbrachte, nutzte der Caterham-Pilot die Gunst der Stunde, stieg als 17. in Q2 auf und rang dort auch noch den zweiten Toro Rosso von Daniel Ricciardo nieder - Platz 16! "Ich denke, das war eine echte Leistung", glaubt der Finne. "Das ist nicht wie in Monte Carlo, hier fährt jeder an seinem Maximum."
Force India nicht so stark wie erhofft
Auch Kobayashi, der sich mit einem einzigen Q3-Run als Siebter qualifizierte, aber möglicherweise noch mit einer Strafe rechnen muss, weil er in Q1 Nico Hülkenberg (Force India) im Weg stand. Der schob sich mit seiner letzten Q3-Runde zunächst auf Platz vier, wurde dann aber noch auf Platz acht durchgereicht. Immerhin setzte er den Trend des Wochenendes fort und war um gut zwei Zehntelsekunden schneller als Teamkollege Paul di Resta (10.). Dazwischen: Jenson Button (McLaren/+0,715).
Klarer Favorit für das morgige Rennen ist nun Vettel, aber: "Wir haben dieses Jahr schon zu viel gesehen, um am Samstagnachmittag vorherzusagen, was am Sonntag im Rennen passieren wird", sagt der Polesetter, der neben Hamilton auch Lotus und sogar Ferrari auf der Rechnung hat - und Maldonado sowieso. Der Williams-Pilot rechnet sich gute Chancen aus: "Mit den harten Reifen werden wir nach ein paar Runden eher schneller. Ich glaube, wir werden ein gutes Renntempo haben."