Hamilton lässt McLaren wieder jubeln
In einem spannenden Rennen in Montreal bescherte Lewis Hamilton seinem Rennstall den zweiten Saisonsieg: Für Ron Dennis war das "ein richtiger McLaren-Moment"
(Motorsport-Total.com) - Nachdem sich in dieser Saison schon sechs seiner Kollegen in die Siegerliste der Formel 1 eintragen konnten, hat Lewis Hamilton gestern beim Großen Preis von Kanada in Montreal endlich den aus seiner Sicht längst überfälligen ersten Saisonsieg erzielt. Der Brite, der nun der siebte Sieger im siebten Rennen ist, übernahm damit auch wieder die Führung in der Weltmeisterschaft, die er zu Saisonbeginn nach drei dritten Plätzen schon nach dem Rennen in Schanghai innehatte.
"Das ist ein richtiger McLaren-Moment", schwärmt sein früherer Teamchef Ron Dennis im Gespräch mit 'Sky Sports F1'. "Es war ein großartiges Rennen. Lewis führt nun die WM mit zwei Punkten an, das ist eine große Motivation für ihn. Er war in Valencia immer stark und liebt Silverstone, daher freue ich mich auf die kommenden Rennen."
Auch für den Sportdirektor des Teams war der zweite Sieg nach dem Triumph von Jenson Button beim Saisonauftakt längst überfällig. "Es hat seit Melbourne viel zu lange gedauert. Gestern war es vom Start bis zum Zieleinlauf ein fantastisches Rennen von Lewis", sagt Sam Michael ebenfalls bei 'Sky Sports F1'. Der entscheidende Moment im Rennen fand in Runde 50 statt. Hamilton bog zum zweiten Stopp in die Box ab, während Fernando Alonso und Sebastian Vettel, mit denen er bis dahin um die Spitze kämpfte, mit dem zweiten Reifensatz weiterfuhren.
"Wir haben die Strategie der anderen beobachtet, und spürten, dass sie möglicherweise mit einem Stopp durchfahren konnten. Für uns war das unmöglich, die Reifen haben bei dem Tempo, welches wir gefahren sind, zu stark abgebaut. Wir wussten aber, dass wir genug Zeit haben würden, um sie wieder einzuholen", erklärt Michael. Dennis war sich zu diesem Zeitpunkt recht sicher, wenn auch nicht völlig überzeugt davon, dass Alonso und Vettel das Tempo nicht würden halten können.
Hamilton spielt die Startegie aus
"Wir waren alle ein wenig nervös", gibt der Vorstandsvorsitzende der McLaren-Gruppe zu. "Wir haben uns lange Zeit mit dem Reifenabbau beschäftigt. Wir dachten nicht, dass bei diesem Tempo eine Ein-Stopp-Strategie möglich wäre. Nachdem Vettel und Alonso so lange draußen blieben, wusste ich, dass sie kein gutes Resultat erzielen würden."
So kam es auch. Alonso wurde mit stark abbauenden Reifen für seine Gegner zur leichten Beute, Vettel bog spät zu einem zweiten Stopp ab. Hamiltons Sieg stand damit fest. Dennoch will Sportdirektor Michael die Taktik der Gegner nicht als Fehler bezeichnen. "Wir könnten uns natürlich hinstellen und sagen, dass Red Bull und Ferrari die falsche Strategie gewählt haben, aber bei Lotus und Sauber hat diese Strategie funktioniert. Die sind mit diesen Reifen 44 Runden gefahren. Hätten sie bei Alonso genau so lange gehalten, hätte er uns geschlagen."
Kurzzeitig hing Hamiltons Sieg sogar an einem seidenen Faden. "Nach Lewis zweiten Stopp hatte Fernando Lewis kurzeitig im Griff, da hatte er für eine Runde einen Boxenstopp Vorsprung. Wenn er dann in die Box gekommen wäre, hätte er Lewis vielleicht bis ins Ziel hinter sich halten können", erklärt Michael.
Technische Panne beim Boxenstopp
Heikel wurde es für Hamilton auch beim zweiten Boxenstopp, der wieder einmal etwas länger als geplant dauerte. Ursache dafür war laut Michael ein technisches Problem: "Dort hat beim hinteren rechten Schlagschrauber, der von unserem schnellsten Mann bedient wird, der Umschaltmechanismus nicht richtig funktioniert. Als er ihn angesetzt hat, befand er sich noch im Leerlauf. Das müssen wir modifizieren."
Seinen Mechaniker sprach Michael von jeder Schuld frei. "Das war unser schnellster Mann, er hat in dieser Saison noch nicht einen Fehler gemacht. Durch seine Erfahrung hat er die Situation gut gerettet." Generell habe sich das Team nach einigen verpatzten Boxenstopps in dieser Saison wesentlich gesteigert, sodass die Mannschaft stellenweise schon zu schnell für die Piloten sei. "Die ersten beiden Stopps waren so schnell, dass unsere Fahrer nicht rechtzeitig reagiert haben und wir dadurch Zeit verloren", sagt Michael.
Nachdem Hamilton im Vorjahr oft übermotiviert wirkte und durch viele strittige Situationen auf der Rennstrecke auf sich aufmerksam machte, wirkt er in dieser Saison wesentlich abgeklärter. "Lewis hatte 2011, aus verschiedenen Gründen, die auch in seinem Privatleben lagen, ein schwieriges Jahr", erklärt Dennis, der seinen Schützling seit Jugendtagen kennt. "Er ist immer noch ein junger Kerl. Ich sage immer, das Letzte, was du im Leben lernst, ist zu sterben. Wir alle lernen jeden Tag dazu", nimmt Dennis seinen Fahrer in Schutz.
"Er befand sich in einer schwierigen Phase seines Lebens, aber die hat er nun überwunden. Er konzentriert sich mehr auf die Formel 1 und ist wesentlich entspannter." Das sei für die gesamte Mannschaft das Rezept für den Erfolg. "Und entspannt zu sein, ist auch für das Team wichtig. Einige der Fehler, die wir gemacht haben, kamen zustand, weil der Druck zu groß war. In diesem Rennen war das gesamte Team entspannt."