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Whiting: Mit kühlem Kopf zur richtigen Entscheidung
Charlie Whiting spricht über die schwierige Entscheidungsfindung bei strittigen Rennsituationen und erklärt, warum Nico Rosberg in Bahrain nicht bestraft wurde
(Motorsport-Total.com) - Wann immer es in einem Formel-1-Rennen zu strittigen Situationen kommt, gerät Charlie Whiting ins Blickfeld des Interesses. Zwar obliegt die Entscheidung über die Verhängung von Strafen den drei Rennkommissaren, doch der Rennleiter der Formel 1 ist als höchster Vertreter des Automobilweltverbands FIA in der Regel der Ansprechpartner der Medien und zu allen Regelfragen ein kompetenter Auskunftgeber. Beim Rennen in Bahrain geriet Nico Rosberg ins Visier der Regelhüter. Im Zweikampf mit Fernando Alonso und Lewis Hamilton wehrte sich der Deutsche nach Ansicht vieler Beobachter zu heftig.
Dennoch kamen die Rennkommissare nach einer Untersuchung zu dem Schluss, dass sich Rosberg regelkonform verhalten habe. Für Whiting war dies rückblickend eine einfache Entscheidung. "Nico hat einmal die Spur gewechselt. Entscheidend war, dass er sich zuerst dazu entschlossen hat", erklärt der Brite gegenüber 'The Buxton Blog'. Beim Duell mit Alonso hätten beide Fahrer möglicherweise gleichzeitig die Spur gewechselt, bei Hamilton sei der Fall jedoch klarer gewesen. Auch anschließend habe sich Rosberg jederzeit korrekt verhalten. "Zu dem Zeitpunkt, als zwischen Nicos Auto und dem Streckenrand noch eine Fahrzeugbreite Platz war, befand sich kein Auto neben ihm."
"Daher durfte er die volle Breite der Strecke ausnutzen, um seine Position zu verteidigen, so steht es in den Regeln. Er hat die anderen Fahrer nicht von der Strecke gedrückt", stellt Whiting klar. "Fernando ging vom Gas, aber Lewis hat sich entschlossen durchzuziehen." Dieses Manöver hingegen war für den Rennleiter schon eher diskutabel. "Daher habe ich mir vor allem die Frage gestellt, ob Lewis durch das Verlassen der Strecke einen Vorteil gewonnen hat."
"Nico war hart an der Grenze, Michael knapp darüber"
Manche Beobachter fühlten sich bei den Bildern aus Bahrain an den Vorfall zwischen Michael Schumacher und Rubens Barrichello beim Grand Prix von Ungarn 2010 erinnert. Dort drängte der Deutsche seinen Rivalen auf der Start- und Zielgeraden in Richtung Boxenmauer, was ihm eine Durchfahrtstrafe einbrachte. Whiting erklärt den Unterschied zwischen bein Aktionen: "In diesem Fall war Rubens Auto neben dem von Michael, und er hat Rubens nicht den Platz gelassen, den er ihm hätte lassen müssen. Daher wurde er bestraft."
Bei genauerer Betrachtung sei das Manöver jedoch weniger schlimm gewesen, als es auf den ersten Blick aussah: "Wenn du die Aktion nüchtern analysierst, dann war Michaels Manöver gar nicht so schlimm. Es war kein großer Unterschied zu der Aktion von Nico. Es war nur an der Boxenmauer und sah daher viel schlimmer aus. Nico war hart an der Grenze, Michael knapp darüber."
Beim Zweikampf zwischen Rosberg und Hamilton in Bahrain hat für Whiting auch eine Besonderheit der Strecke eine Rolle gespielt. "Bahrain ist eine Ausnahme, dort sind die Streckenränder aus Asphalt. Auf allen anderen Strecken befindet sich dort Gras. Dann hätte die Geschichte anders ausgesehen, wenn Lewis voll auf dem Gas geblieben wäre. Dann hätte er Grip verloren."
Vorbildfunktion der Formel 1
Problematisch bei der Entscheidungsfindung der Rennkommissare sei laut Whiting auch die Vorbildfunktion der Formel 1: "Durch die weltweite TV-Präsenz sehen es natürlich auch andere Fahrer. Es kam schon vor, dass Rennleiter berichten, dass Nachwuchsfahrer ihnen gegenüber erklären: 'Wenn Michael Schumacher das machen darf, dann darf ich es auch'." Die Schwierigkeit ist zu erklären, warum beispielsweise Nico nicht bestraft wurde."
"Als ich das zum ersten Mal sah, dachte ich: 'Das kann er nicht tun'", gibt Whiting zu. "Aber wenn du die Aktion analysierst, erkennst du, dass er sich zuerst bewegte und Lewis sich dann entschied, neben die Strecke zu fahren. Danach sah es im ersten Moment nicht aus. Deshalb brauchen wir Zeit, um die richtigen Entscheidungen zu treffen." Außerdem sei es wichtig, die Gründe für die Entscheidungen klar zu kommunizieren. "Wenn ein Formel-3-Fahrer so etwas sieht und dann beim nächsten Rennen denkt 'Er ist damit durchgekommen, also ist es erlaubt', dann ist es schwierig für ihn zu verstehen, weshalb es nicht geahndet wurde", so Whiting.